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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Autoren: László Virág
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schon ganz erschöpft von den vielen Versuchen ... Ich komme langsam wieder zu mir und stehe völlig nass da. Der Wind hat meine Spinnereien mit dicken Wassertropfen belohnt.
    Derweil aber kamen Schatten über mich, und ich friere wie ein gerupftes Huhn in der Kühltruhe. Gag, gag, – schnell weg von hier, zurück zur Brücke und hoch an das sonnige Ufer, bevor ich zu einer Gans werde ... die Haut dazu habe ich schon.
    Ich sitze im Park auf einer sonnigen Bank, esse die Reste vom gestrigen Abendbrot und beobachte die hin und her watschelnden Leute. Touristengruppen und Familien eilen von einem Punkt zum anderen. Fotoapparate sirren, die Gesichter lächeln. Eine Familie, Papa, Mama und zwei Töchter, bleiben am American Fall stehen. Die größere Tochter ist so um die zehn Jahre alt und klammert sich am Geländer fest. Sie betrachtet das Spektakel da unten mit offenem Munde. Die anderen tun dasselbe, aber Papa schießt ein paar Bilder und will weitergehen.
    „Nun komm schon Lucy, bleib nicht so lange steh‘n, wir woll‘n doch Mittagessen.“ Lucy hat rote Hosen an. Sie zeigt nach unten: „Schau doch Papa, wie schön das ist!“ „Schon gut Liebling. Du kannst dir zu Hause alles schön in Ruhe anschauen, weißt du, wenn die Bilder fertig sind, da wirst du’s sehn: Der American Fall ist genau zu deinen Füßen. Auf dem anderen Bild seid Ihr alle drei drauf, und die Rainbow Bridge ist genau hinter euch. Aber jetzt beeilen wir uns! Wir müssen noch ein Hotel suchen.“ Klikk klakk, er macht noch ein Foto. „Nun komm schon Liebling, das ist das Überraschungsfoto!“
    Lucy geht endlich los, und sie sind zufrieden, alle vier. Nur ich, ich bin unzufrieden. Weil ich es nicht verstehe, dass man nicht hier an Ort und Stelle genießen soll, wie der Wasserfall unter meinen Füßen seinen schweren Schleier in die grüne Tiefe zieht. Ich verstehe es nicht, dass man alles erst zu Hause anschauen soll, wenn die Bilder schön im Album kleben. Ja, und dann völlig begeistert sein, dass die Bilder richtig schön geworden sind. „Ja, ja schau mal das an! Das bin Ich! Und hinter mir der Niagara! Und das da, unter meinem Fuß ist der Hufeisen Wasserfall. Einhundertachtzig Fuß tief! Ist es nicht schön Kinder!? Und hier! Hier zeige ich auf den Fernsehturm. Und das da drüben ist Kanada.“
    Aber, ich versteh das nicht ...
    Ich bin bloß ein nasses Grünhorn ... mit rotem Rucksack. Die Sonne lacht über mich und wärmt mich trocken.
    Ich mache mich noch mal daran, alles von oben zu betrachten. Zwischen den beiden großen F ällen liegen kleine Inseln zerstreut. Der American Fall umfließt von rechts die Goat Insel, und stürzt sich seitwärts ins Flussbett. Die Sturzkante schneidet bizarre Zacken ins Wasser. Die Insel reicht an einer Stelle bis zum Beginn des Abgrundes. Sie ist natürlich asphaltiert und ordentlich mit Geländer versehen worden. Das habe ich schon aus dem Turm, der an der Brücke als Aussichtspunkt dient, gesehen. Eine Menge Wasser! Aber das ist noch nicht alles. Oben, am “Hufeisen“, habe ich erst Mühe meinen Mund nicht offen stehen zu lassen. Ich schaue stromaufwärts, wo das rasende Wasser riesige Steine peitscht und weiter auf den halbrunden Abgrund zueilt. Es holt einen kräftigen Schwung und die grüne Menge zerfällt in Milliarden weiße Teilchen.
    Da steht eine japanische Reisegruppe neben mir, und sie bewundern ebenfalls mit Erstaunen, wie die Wassertropfen mit ihren Kamikazesprüngen in die Tiefe eilen. Unten vereinigen sie sich wieder und setzen ihren Weg in dem neuen Flussbett fort. Mein Mund ist offen, aber auch meine Phantasie: Diese Japaner sind hier, wie der Wasserfall: Fließen und fließen jahrhunderte lang vor sich hin, und auf einmal hopp, machen sie einen Sprung in die Technik. Fange uns, wer kann! Und sie haben Recht gehabt. So stehen sie jetzt hier, jeder von ihnen mit zwei-drei Fotoapparaten und einem Schlips geschmückt. Klick-klick, Klick-klack. Es wird alles verewigt.
    Aus meinem Gesichtspunkt sind sie übertechnisiert . Aber, was weiß ich davon, was diese Kumpel aus dem alten Flussbett ihrer Geschichte mitgebracht haben? Anscheinend nur ihr höfliches Lächeln. Aber mich können sie nicht so einfach reinlegen. Ich ahne den kleinen Samurai, der in ihren Herzen sitzt und über mich lacht. Weil ich dieses Spiel viel zu eingeengt nur aus der eigenen Wahrnehmung betrachte. Hehehe ... und er kitzelt mit seinem Schwert meine Phantasie.
    Aber es ist nicht nur meine Phantasie, die in mir
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