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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Autoren: László Virág
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Riesenwasserfall. Hurra! Was für ein weißer Schleier.
    Ich überlasse mich voll dem Genuss, und mein Gehirn fängt sofort an kitschige Gedichte zu kreieren. Ich schalte mich jedoch ab, bevor ich total durchdrehe und stehe mit offenem Munde da.
    So bringe ich die erste Bewunderung hinter mich. Und jetzt aber los! Am liebsten gleich mit einem Kopfsprung, rein ins grüne Wasser und hochschwimmen bis zum weißen Wasserschleier, wie die winzigen Schiffe da unten.
    Ouu, die sind gar nicht so klein, stelle ich fest, als ich an der amerikanischen Seite hinuntergehe. Ich steige ein und außer mir noch fünfzig Leute. Wir alle bekommen blaue Regenmäntel in die Hand gedrückt. Das Schiff schleppt sich eine Stunde lang stromaufwärts. Erst passieren wir die American Falls...
    Plötzlich ! Ich schaffe es kaum den Mantel über mich zu stülpen, die anderen haben es gleich zu Anfang getan und schmunzeln jetzt. Das Wasser stürzt von oben und zerfällt in Milliarden Tröpfchen. Der Wind greift hier und da in diesen Perlenschleier und reißt, um das Schiff damit nass zu peitschen, einige Stücke heraus. Ein wunderschönes Spektakel. Manchmal regnet es so sehr, dass ich nichts sehen kann. Diese undefinierbare Nässe ist aber kein Regen, sondern es sind unzählige Wassertropfen, die auf dem Wind reitend hin und her fliegen. Ich schließe die Augen und drehe mein Gesicht gegen die sprudelnde Nässe. Ist das ein Genuss, wie der Niagara mein offenes Haar wäscht! Ich dachte schon: das wäre der Gipfel. Aber ... üh ühm. Die Schönheit des Wasserspiels steigert sich noch oben am Horseshoe Fall, der wirklich so aussieht, als wäre er ein riesiges Hufeisen. Und das Wasser dröhnt halbkreisförmig in die Tiefe. „Zwölfhundert Fuß breit“ sagt ein Mann neben mir zu seinem Sohn.
    De r Dampfer versucht, voll darauf zuzuhalten, aber er schafft es kaum vorwärts, so stark ist die Strömung! Wir sind schon ganz dicht an die Wasserwand herangekommen, sie ist riesig und hoch, wie ein zwanzigstöckiges Hochhaus, neben dem unser Boot samt der Kabine des Kapitäns oben auf dem Dach nur bis ungefähr zum zweiten Stock reicht. Aber wir kämpfen uns immer noch stromaufwärts, bis uns Wassertropfen aus allen Richtungen überfluten. Eine merkwürdige Substanz, farblos aber nicht durchsichtig. Ähnlich wie weiß, aber doch nicht weiß. Ich stehe mit noch zwanzig Leuten vorne auf dem offenen Deck, aber im Nu bleibe ich allein. Die Anderen retten sich unters Dach.
    Die Wassertropfen umarmen mich. Wenn ich meine Augen öffne, füllen sie sich sofort mit Nässe. Es ist trotzdem ein schönes Spiel, denn in dem Wassernebel entdecke ich hier und da Hohlräume, und durch diese Luftwirbel brechen Sonnenstrahlen und zerschellen flugs in winzige Fragmente. Es erscheinen tausend und abertausend phantastisch tanzende Regenbogensplitter und verschwinden im selben Augenblick. Augen auf, Augen zu! Und ich merke erst jetzt, dass das Schiff sich gedreht hat, und wir schon zurück fahren. Langsam gleiten wir an dem kanadischen Ufer entlang. Vor der Rainbow Bridge noch eine scharfe Rechtskurve und wir legen an der amerikanischen Seite an.
    Das Wetter ist herrlich! Die Sonne wärmt ganz stark, und es lockt mich auf den Pfad, der mit Holztreppen verstärkt, dicht an den "American Falls" seitwärts den Hang entlang führt. Ich werde schon wieder patschnass, aber gerade das ist das Schöne dabei. Die unweit von mir herunterbrausende Wassermenge und die, mit weißen Spitzen verzierte grüne Tiefe des Flusses bewegen meine Phantasie. Ich verspüre Lust, einen Schrei voller Freude herauszustoßen, wie: hauu..! oder wauu, yehu, aber meine Kehle protestiert und bleibt still. Ich bleibe reglos und lausche der Musik des Wassers.
    Ich muss ziemlich lange so herumgestanden haben, denn ich ertappte mich, dass meine Gedanken schon wieder Abenteuern zutreiben. ... ich sitze in einem Gummiboot und treibe Richtung Wasserfall, erreiche die Kante und beginne zu fallen. Aber das Boot überschlägt sich und ich fliege aus dem Boot heraus. Im letzten Augenblick gelingt es mir gerade noch, mit einem halbwegs ordentlichen Kopfsprung in die gichtigen Wirbel einzutauchen. Verdammt! Ich wollte aber mit dem Boot heruntergleiten. Deshalb beginne ich von vorne, und passe auf, dass es diesmal gelingt.
    Ich habe es wieder- und wieder versucht, aber es hat nie so geklappt, wie ich es mir gewünscht hatte. Meine Phantasie scheint verklemmt zu sein. Ich fliege immer beim Runterfallen aus’m Boot. Bin
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