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Cash Out (German Edition)

Cash Out (German Edition)

Titel: Cash Out (German Edition)
Autoren: Greg Bardsley
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2008
    Rod Stone denkt über die Sache nach und verzieht das Gesicht.
    «Dieser Typ wird sich also an deinen Hoden zu schaffen machen?»
    Ich starre in Rods graue Augen und senke dann den Blick runter zu den Stoppeln auf seinem kantigen Kinn. Verkneife mir ein Lächeln, da ich weiß, von ihm kommt ganz sicher keins. Er schaut mich an, als würde ich gerade genüsslich eine Heuschrecke mampfen, und blinzelt. Reckt das Kinn. «Der Mann wird dich auch da unten einschäumen müssen, richtig?»
    Ich winke ab und sehe weg.
    «Er wird dich rasieren.»
    Ich nicke, denn da ist was Wahres dran.
    «Seine Hände, so weich und sanft» – er schüttelt sich in gespielter Abscheu – «während sie dir warme Seifenlauge über die Eier träufeln.»
    Wir sehen uns an.
    «Deine Beine sind für ihn weit gespreizt.»
    Wieder muss ich wegsehen, kann keine weitere Minute mehr ein ernstes Gesicht behalten. Dann nehme ich mein Pint-Glas und hebe es zum Prost.
    Es ist Mittag an einem Dienstag, und ich sitze in einer dunklen Lounge. Kommenden Freitag habe ich 1 , 1  Millionen Dollar auf meinem Konto. Dann werde ich sein wie ein Vogel ohne Käfig, bereit, mit meiner Familie fortzufliegen, bereit, ein neues Leben zu beginnen. Ich muss nichts anderes tun, als drei weitere Tage durchhalten. Ach ja, und tapfer eine Vasektomie überstehen.
    «Auf meine Eier», sage ich.
    Rod Stone blinzelt und reckt wieder das Kinn, wendet seinen Blick ab. «Dieser Doc wird dir die Installation rausreißen, als wär’s …»
    «Okay, es reicht!»
     
    Fünfzig Minuten später liege ich da, habe den Rücken durchgedrückt, die Fäuste geballt und beiße die Zähne zusammen.
    «Und wo steht die FlowBid-Aktie jetzt? Zwo-zehn?»
    Der Arzt hat meine Beine in Bügel gelegt. Aus meinem Gemächt hängt eine chirurgische Klemme.
    «Ich hätte kaufen sollen, als sie bei zehn lag.»
    Ich nicke und stoße ächzend hervor: «Zehn.»
    «Ich mach jede Wette, Sie sind bei einem niedrigen Preis eingestiegen, stimmt’s? Wann war’s noch mal? Sie haben sie 2005 bekommen, richtig?»
    Ich verziehe das Gesicht. «Ja, 2005 .»
    «Halten Sie noch ein bisschen länger durch, und Sie stehen für den Rest Ihres Lebens ziemlich gut da.»
    Ich bekomme die Zähne kaum auseinander. «Ziemlich gut, ja.»
    Gott, was würde meine Frau dafür geben, mich so zu sehen. Nachdem sie zwei Neun-Pfünder zur Welt gebracht hat und über Jahrzehnte Frauenarztbesuche über sich ergehen lassen musste, hat sie die Aussicht auf den Sterilisations-Tag mehr als nur ein bisschen erheitert – die Vorstellung, dass ich endlich mal derjenige sein würde, der die Beine hochlegen muss, entblößt und ausgeliefert, dass ich derjenige sein würde, durch dessen Unterleib sich Welle um Welle pochender Schmerzen ausbreitet. Natürlich glaube ich nicht, dass auch nur eine ihrer Geburtshelferinnen so grob war wie mein Supermacho-Urologe. Die Sache ist nämlich die, dass Typen nicht gerade zart und sanft miteinander umgehen – nicht mal bei einer Vasektomie. Als der Doc vor der OP mein Skrotum wusch, fühlte sich das an, als würde er einen Kochtopf schrubben.
    Und wie ich da so auf dem Tisch liege, erwischt mich urplötzlich und mit voller Wucht die ganze Tragweite meiner Entscheidung. Das Statement, das ich mit dieser OP mache, mit dieser glasklaren Ansage, dass ich keine weiteren Kinder mehr zeugen will. Es erwischt mich jetzt wie eine ganze Tonne unerwarteter emotionaler Backsteine, und ich werde zu zwei der erstaunlichsten Augenblicke meines Lebens zurückkatapultiert.
    Vor sechs Jahren.
    Und vor drei Jahren.

Vor sechs Jahren
    Ich bin frischgebackener Papa. Achtundvierzig Stunden nach Harrys Geburt bin ich immer noch völlig überwältigt vor lauter Glück. Als meine Frau und mein Sohn schlafen, kann ich gar nicht mehr aufhören zu heulen. Meine neue Familie ist wie ein sicherer Hafen, mein Sohn Harry ist da, und mein Leben wird nie mehr so sein wie zuvor. Es ist Liebe auf den ersten Blick, und es ist die wunderbarste Sache auf der ganzen Welt. Womit habe ich das alles nur verdient?
    Manchmal haut’s mich immer noch von den Socken, wenn ich daran denke, dass seitdem sechs Jahre vergangen sind. Wenn ich Harry in die Schule fahre, sehe ich zu, wie er vom Auto zu seinen Kumpels hinüberrennt, strahlt und Witzchen macht, absolut eigenständig da drüben auf dem Schulhof, wie er schon so reif und angepasst seinen eigenen Weg geht, und dann denke ich an alles zurück: an all die vielen Male, die ich neben seiner Wiege
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