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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre
Autoren: Imogen Parker
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vorbeigekommen.«
    »Nein, geht nicht«, sagte sie. »Komm
rein. Es ist okay. Es ist niemand hier«, fügte sie hinzu.
    Er hatte nicht vorgehabt
vorbeizuschauen, oder vielleicht doch, und er machte sich nur etwas vor. Lia
hatte ihm erzählt, daß sie nach Amerika gingen. Sie wußte es von Justine. Das
ist schade, hatte sie gesagt, denn Ben und Anouska kommen so gut miteinander
aus, wenn wir Alison auch nicht mehr oft gesehen haben, nachdem sie wieder zu
arbeiten angefangen hat.
    Er hatte sich nicht bewußt
entschieden, an dem großen Einfamilienhaus vorbeizugehen, aber es lag auf dem
Weg zu Kew Gardens, und er hatte gesehen, daß das Auto nicht da war, und irgend
etwas hatte ihn den Gartenweg hinaufgetrieben. Er hatte nicht einmal das Risiko
in Betracht gezogen, daß ihr Mann vielleicht zu Hause war.
    »Wir haben gehört, daß ihr wegzieht.«
Er folgte ihr durch Wohnzimmer und Küche in den Wintergarten. »Schönes Haus«,
bemerkte er.
    »Ich sortiere gerade ein paar Sachen
aus«, sagte sie zu ihm, um das allgemeine Chaos zu erklären.
    Sie suchte den Raum nach Gegenständen
ab, die er vielleicht wiedererkennen würde, doch dann erinnerte sie sich
erleichtert, daß sie die Brut-Flasche weggeworfen hatte.
    »Bist du wirklich zum ersten Mal
hier?« fragte sie ihn formelhaft und antwortete für ihn: »Ich glaube ja.« Dann
deutete sie auf die Chaiselongue.
    Er setzte sich und zog den Buggy neben
sich. Anouska schlief.
    »Wie geht es ihr inzwischen?« fragte
Alison und beugte sich vor, um sie richtig anzusehen. »Sie sieht gut aus. Du
auch.«
    »Wir haben Urlaub gemacht«, sagte er
zu ihr.
    »Aha. Irgendwo, wo es schön ist?«
    »Portugal.«
    »Herrlich.«
    Sie verstummten, weil sie beide keine
Lust mehr auf gestelzten Small Talk hatten.
    Sie sah irgendwie anders aus. Es lag
daran, daß sie kein Make-up trug, stellte er fest. Sie sah jünger aus, weniger
einschüchternd, wenn ihre Lippen blaßbräunlich-rosa waren und nicht knallrot.
Weicher, weniger selbstbewußt, mehr wie damals, als sie sich kennengelernt
hatten.
    »Ich wollte nicht, daß du weggehst,
ohne daß wir uns verabschiedet haben«, sagte er.
    Er sagte nicht ausdrücklich »noch mal«
dazu, aber sie wußten beide, daß es so gemeint war.
    »Nein«, antwortete sie. »Ich bin froh,
daß du gekommen bist.«
    Wieder schwiegen sie.
    Dann sagten sie gleichzeitig: »Es tut
mir leid...« Und sie lachten verlegen.
    »Du zuerst«, sagte sie und setzte sich
auf den Boden. Sie mußte die verstreuten Schallplatten wegschieben, um sich
Platz zu schaffen.
    Er seufzte. Dann sagte er: »Es tut mir
leid, daß ich in der Nacht damals am Telephon so wütend auf dich war. Ich
brauchte jemanden, dem ich die Schuld geben konnte, aber du konntest nichts
dafür.«
    »Das ist schon okay«, sagte sie und wartete.
Dann merkte sie, daß er sonst nichts zu sagen hatte.
    »Hast du es Lia erzählt?« fragte sie
ihn nervös.
    »Ich habe ihr erzählt, daß ich eine
Affäre hatte. Aber nicht, mit wem. Sie hat nicht danach gefragt«, fügte er
schnell hinzu, damit sie nicht dachte, er sei in ihrem Interesse diskret
gewesen. »Und Stephen?«
    »Er weiß es. Ich habe es ihm nicht
gesagt, er hat es sich gedacht. Er ist sehr einfühlsam...« Sie verstummte.
    Neil sah entsetzt aus. »Na, dann bin
ich aber froh, daß ihr wegzieht«, sagte er mit einem verkrampften, kleinen
Lächeln. »Nach Amerika?«
    »New York. Stephen hat dort einen Job
bekommen...«, sagte sie.
    Sie hätte ihm am liebsten gesagt, daß
Stephen nicht war wie andere Männer. Er fühlte sich durch ihn nicht bedroht.
Aber sie hielt sich zurück. Sie hatten noch nie über ihre Partner gesprochen.
Jetzt war nicht der Zeitpunkt, damit anzufangen.
    »Was willst du dort anstellen?« fragte
Neil sie.
    »Ich möchte ein wenig Zeit mit Ben
verbringen. Seit seiner Geburt habe ich das nicht so richtig getan, und er
wächst so schnell... Ich weiß nicht, ich würde gern ein bißchen schreiben,
journalistisch oder vielleicht ein Buch...«
    »Ein Buch?« wiederholte er.
    »Ich weiß nicht...« Sie ertappte sich
dabei, wie sie wieder in das gewohnte Verhaltensmuster verfiel. Sie verkniff
sich, Dinge zu sagen, die er angeberisch finden könnte. Sie wäre dankbar für
jede Ablenkung von Neils kühler, mißbilligender Beurteilung ihres Zuhauses,
ihrer Ehe und ihrer Zukunftspläne gewesen.
    »Du bist dran.« Neil erinnerte sie
daran, daß sie Entschuldigungen ausgetauscht hatten.
    »Ja«, antwortete sie unsicher.
    Sie hatte Herzrasen, während
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