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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre
Autoren: Imogen Parker
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warst, und wenn
ich es mir jetzt überlege, Ginger hat gesagt, er wäre auch weg... Und deine
Reaktion, als du von ihrem Töchterchen gehört hast. Kein Wunder, daß dich das
so mitgenommen hat...«
    Der letzte Satz war eine nüchterne
Aussage, und nicht dazu bestimmt, ihre Schuldgefühle zu vertiefen.
    »Na ja«, sagte er, als er die
Neuigkeit vollständig verdaut hatte. »Ich nehme an, er hat einfach viel mehr
Haare als ich.«
    Sie schrie auf vor unterdrücktem
Lachen und Schmerz.
    »Es ist mir nie in den Sinn gekommen,
euch miteinander zu vergleichen, körperlich... in keinerlei Beziehung«, sagte
sie wahrheitsgemäß und sagte sich, wie seltsam das war. Wieso hatte sie das
nicht getan? Sie beschloß, daß der Grund darin lag, daß sie nie wirklich
geglaubt hatte, wählen zu müssen. Es war, als wäre Neil Teil eines anderen
Lebens gewesen, vollkommen separat. Sie versuchte, es zu erklären. »Du weißt
ja, wie ich mein Leben in verschiedene Bereiche aufteile — Arbeit, Zuhause,
sogar Freunde — nichts überschreitet die Grenzen, die ich abstecke. Du bist
auch so. Du sprichst nie mit mir über deine Arbeit«, schweifte sie ab und zwang
sich dann, auf das eigentliche Thema zurückzukommen. »Na ja, mir kommt es fast
vor, als hätte ich das mit ihm auch getan — als hätte ich die Affäre am anderen
Ende der Stadt in einer Kiste aufbewahrt, wo sie niemandem schaden konnte...«
    »Und Paris?« fragte er sofort.
    »Der Grund für Paris war ein Lied, ein
lächerliches, romantisches Lied. >These Foolish Things<, Bryan Ferry. Das
war >unser Lied<«, sagte sie, und als sie aufblickte, bemerkte sie, daß
er keine Ahnung hatte, wovon sie sprach. Während sie ihre Teenagerzeit mit Pop
verträumt hatten, hatte Stephen auf dem Klavier Mozart geübt.
    »>Unser Lied    »Wie zum Beispiel diese Arie aus Cosi
fan tutte. Immer wenn ich die höre, erinnere ich mich daran, wie ich zum
ersten Mal mit dir nach Hause gegangen bin«, erklärte sie und spürte, wie sie
rot wurde.
    » Soave sia il vento ?«
    »Ja, siehst du, du weißt genau, was
ich meine«, sagte sie.
    »Oh ja«, sagte er und lächelte sie an.
»Ich weiß, was das heißt! >Unser Lied<, was?«
    Er wirkte erfreut darüber, etwas Neues
gelernt zu haben, und in dem Moment wußte sie, daß sie es schaffen würden.
    Alison warf die restlichen Klamotten
in den Oxfam-Müllbeutel und zog die Kordel zu. Dann kritzelte sie das Wort
»Kleidung« auf ein Klebeetikett und drückte es auf die glänzende, schwarze
Oberfläche, die nach verbranntem Gummi roch. Kleidungsstücke erledigt. Nippes
erledigt. Jetzt nur noch die Schallplatten. Sie beschriftete ein weiteres
Etikett mit »LPs/Oxfam« und klebte es an den Karton, den sie gerade geleert
hatte. Dann öffnete sie den Schrank und holte ihre Platten heraus.
    Bridge over Troubled Water wurde als erstes aussortiert. Sie
fragte sich, wer Paul Simon so wenig leiden konnte, daß er ihm eingeredet
hatte, diese Frisur und dieser Oberlippenbart sähen toll aus. Als nächstes war Goodbye
Yellow Brick Road dran. Sie mußte sie einfach noch einmal auf den
Plattenteller legen und mitsingen, bevor sie sich davon trennte. Sie hatte nie
auch nur den Hauch einer Ahnung gehabt, was der Text bedeutete, aber er hatte
damals tiefsinnig geklungen, und jetzt, als sie ihn in voller Lautstärke
mitbrüllte, kam er ihr wunderbar entspannend vor. Das Rote und Blaue Album der Beatles, Hotel California, The Dark Side of the Moon. Das war keine Schallplattensammlung,
dachte sie, sondern eher ein Katalog mit Klischees aus den Siebzigern. Sie alle
wanderten in die Kiste. Sie wurde schneller, fast leichtsinnig bei ihrer
Säuberungsaktion. Sie hatte gerade den Entschluß gefaßt, alle Platten
rauszuwerfen, als es klingelte.
    Sie erblickte sich selbst im
Flurspiegel, als sie zur Tür ging. Sie sah sauber aus, bis sie sich eine
Haarsträhne aus dem Gesicht strich und einen dunklen Schmutzfleck hinterließ.
Nervös wischte sie sich mit dem Handrücken über die Stirn, lächelte und riß die
Tür auf.
    Er trug ein verblichenes Jeanshemd und
sah so braun und erholt aus, daß sie ihn erst nach dem Bruchteil einer Sekunde
wiedererkannte. Er hatte Anouskas Buggy wie einen Puffer vor sich.
    »Ich dachte nicht, daß du da bist«,
sagte Neil. Sie hatte lange gebraucht, bis sie die Tür öffnete.
    »Ich war im Wintergarten«, sagte sie.
»Es kommen gleich ein paar Leute, um sich das Haus anzusehen.«
    »Ach so, dann gehe ich wieder. Wir
sind nur grad
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