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Kein Tod wie der andere

Kein Tod wie der andere

Titel: Kein Tod wie der andere
Autoren: Carsten Ness
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John-Altmüller sich eine Weile ausgeheult hatte, hatte er die Chance gesehen, mit Hilfe seines Charmes und vorgetäuschter Hilfsbereitschaft an die junge Witwe heranzukommen. Doch schon im ersten Augenblick hatte sie ihn entlarvt; erkannt als jemanden, der an der Viren-Geschichte beteiligt war. Er hatte es sofort gespürt. Er hatte die verstreut umherliegenden Blätter aufgehoben und neben Bonitzer und Reno auch seinen Namen darauf gefunden.
    Dardenne hatte, nachdem er endlich angefangen hatte zu reden, ruhig, sachlich und ohne große Pausen gesprochen. An diesem Punkt jedoch schien er seinen Gedanken nachzugehen. Erst das wiederholte Nachfragen der Kommissare konnte ihn wieder in das Verhör zurückholen. Doch nun ließen die folgenden Aussagen jegliche Klarheit vermissen. Dardenne wollte oder konnte sich nicht mehr daran erinnern, warum er Suzanne Altmüller getötet hatte. Hatte sie ihn für den Tod ihrer Tochter verantwortlich gemacht, vielleicht auch für den Tod des Mannes? Hatte sie den Diebstahl der wissenschaftlichen Daten erwähnt, Dardennes Kompetenzen angezweifelt? Hatte sie ruhig gesprochen, sich in Rage geredet oder war gar aggressiv geworden wie bei Bonitzer? Dardenne gab vor, es nicht mehr zu wissen. Nur noch, dass er sich irgendwann im Wasser über dem Körper von Suzanne Altmüller wiedergefunden hatte, der sich nicht mehr rührte.
    Dardenne bestätigte im weiteren Verlauf des Verhörs, dass er diese Ausraster häufiger bekam, vor allem wenn jemand ihn in seiner Ehre als Wissenschaftler persönlich angriff. Er schob es auf die väterlichen Gene, die ihn regelrecht dazu zwingen würden. Warum das aber auch bei Suzanne Altmüller eingetreten war, konnte er nicht erklären. Er widersprach aber auch nicht, als Ducard ihn fragte, ob die Angst über sein Karriereende als Wissenschaftler der Grund gewesen war.
    Als die Kommissare ihn dazu befragten, ob er auch bei Nanette Bonitzer in Panik geraten sei und warum er sie nicht wieder befreit hatte, als er zu sich gekommen war, schwieg Dardenne zunächst. Erst als die Polizisten die Todesängste der jungen Frau und die Qualen während der einsetzenden Dehydrierung schilderten, brach er schließlich doch noch ein.
    Er beteuerte, Suzanne Altmüller im Affekt ertränkt, ihren Tod nicht geplant zu haben. Auch einen Mord an Nanette Bonitzer habe er nicht geplant. Er habe nur sichergehen wollen, dass sie ihm nicht gefährlich werden konnte. Auf die Anschuldigung, er hätte die junge Frau ganz bewusst sterben lassen, lediglich aus der Hoffnung heraus, dass ihm mit ihrem Tod nichts nachgewiesen werden könnte, reagierte er nicht mehr. Es schien, als ob er den Gedanken, am Ende doch zum kaltblütigen Mörder mutiert zu sein, selbst nicht fassen konnte.
    Diesen zweiten Mord hatte die Soko Sauer mit all den zusätzlich eingesetzten Polizeikräften in letzter Minute verhindern können. Der Täter hatte gestanden, und die Beweislage würde nun ausreichen, ihn zu verurteilen. Trotzdem lag Buhle noch bis in die frühen Morgenstunden flach ausgestreckt in seinem Bett, ohne einschlafen zu können. Immer wenn er seine Augen schloss, verfolgte ihn der vor Angst erstarrte Blick der gepeinigten Nanette Bonitzer.

52
    Trier; Samstag, 25.   Juni
    Für die meisten an der Suche nach Nanette Bonitzer beteiligten Polizisten aus dem Großherzogtum war es eine Erlösung gewesen, dass diese in der Nacht vor dem luxemburgischen Nationalfeiertag erfolgreich abgeschlossen wurde. Sie hatten nun zu Hause bleiben, ausschlafen können, um anschließend mit der Familie oder Freunden ein wenig feiern zu gehen und die traditionelle Militärparade auf der Avenue de la Liberté zu besuchen. Ein Blick auf die dort anwesende großherzogliche Familie war unter den Luxemburgern immer noch begehrt.
    Für Ducard und seine Mitarbeiter hingegen war dieser Donnerstag ein ganz normaler Arbeitstag gewesen. Die deutschen Kollegen in der Soko hatte er dann zum Schluss des Tages überrascht, als er sie zum großen Feuerwerk auf der Pont Adolphe eingeladen hatte. Paul Gerhardts hatte Ducard sofort in einer für ihn völlig untypischen, fast überschwänglichen Art zugesagt, sodass Buhle, Reuter, Steffen und Huth-Balzer gar nicht mehr hatten ablehnen können. Erst später hatte Buhle begriffen, dass sie so einen Affront vermieden und die Gunst des luxemburgischen Kommissars dauerhaft erworben hatten. Die Farbenpracht des gut fünfzehnminütigen Schauspiels hatte sie darüber hinaus wirklich begeistert.
    Der Freitag
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