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Kein Entrinnen

Titel: Kein Entrinnen
Autoren: Romain Sardou
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Insekt. Er wartete. Ohne sich aus der Deckung der Bäume hervorzuwagen.
    Das Erste, was ihn aufhorchen ließ, waren die Schläge einer Hacke. Zu seiner Linken. Ganz in der Nähe des ersten Pfeilers. Er bewegte sich in diese Richtung und stieß wieder auf Stuart Sheridan.
    Eine Verwechslung war unmöglich. Seine Silhouette war zu charakteristisch. Der Koloss hielt eine Spitzhacke in den Händen und bearbeitete damit den Boden in etwa fünfzehn Meter Entfernung von der Pfeilerbasis. Der schwarze Sack lag neben ihm.
    Franklin blickte wieder auf seinen tragbaren Monitor: Auch der Oldtimer war Richtung 393 unterwegs! Er näherte sich ihnen.
    »Großer Gott, was hat das zu bedeuten?«
    Franklin zog mit klopfendem Herzen seine Sig Sauer hervor. Er griff nach seinem Mobiltelefon und wählte die Nummer von Patricia Melanchthon. Er sprach sehr leise auf sie ihn.
    »Seien Sie still, hören Sie mir zu.«
    Er schilderte mit knappen Worten die ganze Aktion.
    Sie antwortete: »Tun Sie nichts, das Sie später bereuen könnten, Frank! Die Sache kann total außer Kontrolle geraten. Sehr schnell.«
    »Aber das hier ist unsere einzige Möglichkeit, ihn zu erwischen. Unternehmen Sie etwas! Schaffen Sie Verstärkung her!«
    Er beendete das Gespräch und schaltete sein Telefon aus.
    Er beschloss, näher zu kommen und die Ecke des Pfeilers als Sichtschutz zu benutzen.
    Ohne etwas zu bemerken hatte Sheridan schließlich sein Loch ausgehoben und zündete eine Lampe an. Jäh erhellte das grelle Licht die Nacht. Franklin erstarrte. Der Polizist überprüfte die Größe des Körpers im Sack. Gebeugt, mit der Lampe zwischen den Zähnen, zog er den Leichnam mit beiden Händen heran.
    Sheridan kniete vornüber gebeugt mit der Lampe im Mund und stützte sich mit den Handflächen auf, er befand sich in einer Position der Schwäche. Franklin zögerte nicht, und er sollte sich sein Leben lang fragen, warum. Mit auf den Cop gerichteter Waffe kam er hinter dem Pfeiler hervor.
    »Sheridan!«, schrie er.
    Was nur hatte ihn zu dieser Wahnsinnstat getrieben? Die Neugier? Ein plötzliches Gefühl der Überlegenheit über Boz’ Komplizen? Viel Stolz jedenfalls. Er hatte noch nie auf einen Menschen geschossen. Das Ganze machte keinen Sinn. Sheridan ahnte das zweifellos.
    Der Cop sprang auf die Füße und ließ dabei seine Lampe fallen. Der Lichtstrahl traf den Boden, und die zwei Männer wurden wieder ausschließlich vom Mondlicht beschienen.
    Dieser kurze Moment, in dem Franklins Auge zwischen mehreren Blickfeldern schwankte, genügte Sheridan, um seine Glock.45 zu ziehen.
    »Sie schrecken wirklich vor nichts zurück, Franklin«, stieß er aus.
    Und dann schoss er. Die Kugel verfehlte die linke Schulter des Professors. Dieser warf sich mit einer schnellen Drehung hinter den Pfeiler. Es gibt Momente, in denen einem brutal bewusst wird, was für einen Unsinn man gerade gemacht hat - bei Franklin stellte sich diese Erkenntnis auf der Stelle ein.
    Er wusste, dass er Sheridan nicht gewachsen war. Der Colonel würde kurzen Prozess mit ihm machen und ihn ein für alle Mal hier begraben. Vorhang zu, Professor.
    Es gab nur eine Lösung: in den Wald und dessen schützendes Halbdunkel fliehen.
    Was er tat.
    Doch dann zerriss das Geräusch einer zweiten Kugel die Nacht. Und dieses Mal war es ein Schuss von der Seite, der ihn oberhalb der Hüfte traf. Die Gewalt des Aufpralls katapultierte ihn in seinem Lauf wie ein Stück Tuch nach vorn, bis hinter die ersten Sträucher am Waldrand.
    Während Frank flog, hatte er den Kopf zur Seite gedreht und Lieutenant Amos Garcia erkannt. Mit der Waffe im Anschlag. Der zweite Schütze.
    Franklin rollte sich unter die Bäume. Er blutete. Er stöhnte. Er litt. Aber er hatte seine Waffe nicht losgelassen.
    Er richtete sich wieder auf und hörte deutlich, wie die beiden Männer sich unterhielten und näher kamen. Trotz seiner Schmerzen humpelte er mühsam zu einer dunkleren Stelle, bevor er in voller Länge auf den Rücken fiel. Sheridan und Garcia hatten gerade den Wald betreten.
    Franklin lag unter einem Dach aus hohen Farnen. Nicht dass er sich dort in Sicherheit fühlte, doch seine Verfolger würden ihn nur finden, wenn sie genau über ihn stolperten. Bis dahin war die Nacht auf seiner Seite.
    Franklin lag zitternd und durchfroren da, überzeugt, seine letzte Stunde habe geschlagen, und sah in Gedanken noch einmal, beinahe in der richtigen Reihenfolge den Ablauf der Ereignisse vor sich: seine außergewöhnliche Berufung nach
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