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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition)
Autoren: Sarah Alderson
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gewordener Schwarm Hornissen im Gehirn.
    »Sie haben nur einen Schuss pro Minute«, flüsterte Alex zurück, »und den sparen sie sich auf, bis sie dich klar im Visier haben.«
    Ein einziger Schuss. Aber der reichte vollkommen, um mich außer Gefecht zu setzen. Einen zweiten würde es nicht brauchen.
    »Komm, schnell«, drängte Alex.
    Wir schlichen weiter, immer noch außer Sichtweite der Verfolger. Dieses Dach stieß fast an das des Nachbarhauses, nur ein schmaler Überhang trennte die Gebäude. Wir sprangen auf den Vorsprung, kletterten um einen Müllberg herum und schon befanden wir uns auf dem nächsten Dach. Auch hier gab es einen Notausgang, aber er war von innen verschlossen. Frustriert hämmerte Alex mit der Faust dagegen und fluchte.
    »Hierher!«, schrie eine tiefe Stimme hinter uns.
    Ich schaute zurück. Auf dem Hoteldach nahmen gerade vier der Männer Anlauf, um über die Lücke auf das nächste Dach zu springen.
    »Lila, kriegst du die Tür auf?«
    Hilfe! Wir standen vor einer soliden Brandschutztür aus Metall, völlig glatt, ohne einen Türgriff. Normalerweise brauchte ich irgendetwas, auf das ich mich konzentrieren konnte, um einen Gegenstand durch Gedankenkraft zu bewegen. Hier war nichts.Also versuchte ich, mir den Türgriff auf der anderen Seite vorzustellen.
    Nichts geschah.
    »Geht’s nicht ein bisschen schneller?«
    »Ich versuch’s ja!«, zischte ich.
    »Streng dich an!«, stieß Alex durch zusammengebissene Zähne hervor. Er stand mit dem Rücken flach an der Wand und hielt die Pistole mit beiden Händen. Ich presste die Augen zu und versuchte noch einmal, mir den Türgriff vorzustellen. Wie er sich anfühlen würde, wenn ich ihn niederdrückte …
    Die Tür sprang mit einem harten Knacken auf. Stolz grinste ich Alex an und er grinste zurück. Ich zog die Tür hinter uns zu und wir rannten durch ein düsteres, muffig riechendes Treppenhaus hinunter. Unten an der Eingangstür hielten wir kurz an, um wieder zu Atem zu kommen, dann nickte ich Alex zu. Er schob die Tür mit dem Fuß einen Spalt auf und spähte hinaus.
    »Okay, alles klar. Ich zuerst. Halte dich dicht an die Hausmauern. Wir gehen nach links. Bück dich, aber lauf, so schnell du kannst.«
    Die Gasse war eher eine Art Durchgang, höchstens zwei Meter breit. Ich warf einen Blick nach oben. Über uns zog sich ein Sims an den Häusern entlang, der uns vielleicht fünfzehn Zentimeter Sichtschutz bot. Ein Stein fiel vom Dach und wirbelte direkt vor meinen Füßen eine kleine Staubfontäne auf.
    »Pass auf!«, rief Alex und ich begriff, dass es kein Stein, sondern eine Kugel gewesen war. Die Männer der Einheit standen oben auf dem Dach und feuerten auf uns herab. Alex drückte mich mit dem Arm gegen die Wand, was völlig unnötig war, denn ich hatte nicht vor, im Kugelhagel herumzuhüpfen.
    »Das sind keine echten Kugeln, sondern Gummigeschosse«, sagte er. »Sie wollen uns nicht umbringen, sie wollen uns lebend haben.«
    War das als Beruhigung gedacht?
    Dann hörten wir Rufe; sie kamen hinter der nächsten Ecke hervor.
    Sie versuchten uns einzukesseln.
    Ich blickte über Alex’ Schulter und entdeckte einen großen Müllcontainer, der am Ende der Gasse stand. Ich stellte mir vor, ihn über den unebenen Straßenbelag zu schieben, und spürte, wie er sich in Bewegung setzte. Konzentriert ließ ich ihn drehen, bis er quer stand. Als er fast an die Mauer gegenüber stieß, rammte ich ihn zwischen beiden Wänden fest. Nun bildete der schwere Eisencontainer eine Barrikade zwischen uns und unseren Verfolgern. Kugeln prallten mit dumpfem Geräusch gegen das Eisen und jaulten als Querschläger durch die Gasse.
    »Lauf!«, schrie ich und packte Alex’ Hand. Wir drückten uns so eng wie möglich an die Mauern. Rings um uns schlugen Kugeln ein und ließen Dreck und Kiesel aufspritzen.
    Wir bogen um eine Ecke und kamen in eine Gasse, die etwas breiter war als die vorige. Nach etwa dreißig Metern blieb Alex vor einer schlichten Holztür stehen, nahm Anlauf und warf sich mit voller Wucht dagegen. Krachend splitterte sie aus den Angeln. Atemlos stolperte ich durch die Tür – und riss den Mund überrascht auf: Zwei halbnackte Männer standen, Badetücher um die Hüften, vor einer Reihe alter, verbeulter Metallspinde. Mitten im Raum befand sich eine lange Holzbank; offenbar war das hier ein Umkleideraum. Unter der Decke wallte Dampf, aber ich achtete kaum darauf. Alex wartete bereits an einer weiteren Tür und brüllte mir zu, mich zu beeilen.
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