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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition)
Autoren: Sarah Alderson
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schalähnlichen Streifen zu, der an einem Haken gehangen hatte, vermutlich eine Priesterstola. Alex hielt mir das Messer vor die Augen – auf der blutigen Spitze lag eine winzige Metallkugel.
    »Ist es das?«
    »Ja.« Er ließ die Kugel auf den Steinboden fallen und zermalmte sie mit dem Absatz. Dann wickelte er die Stola um den Arm und verknotete sie über der kleinen Wunde.
    »Gut – gehen wir«, sagte er.
    Wir liefen weiter – unter Steinbögen hindurch und durch leere Räume, bis wir durch eine massive Holztür aus der Kathedrale traten. Die Sonne ging bereits unter. Dächer und Giebel warfen lange, dunkle Schatten über den Vorplatz.
    Wir hielten uns im Schatten und warteten. Alex drückte mich gegen eine Wand und schob sich schützend vor mich. Nach etwa einer Minute beugte er sich zu mir herab. »Sie kommen«, flüsterte er.
    Ich spähte unter seinem Arm hindurch. Die sechs Männer kamen aus der Kathedrale gerannt, wie Spinnen aus einem Nest. Vor dem Eingang blieben sie stehen und blickten sich auf dem Platz um, während die Touristen verängstigt vor ihnen zurückwichen. Der Mann mit dem Gerät starrte auf den kleinen Monitor und schüttelte den Kopf.
    Schließlich gaben sie auf und gingen zu einem schwarzen Van, der am anderen Ende des Platzes aufgetaucht war. Etwa eine Minute lang blieb der Wagen mit laufendem Motor stehen, dann fädelte er sich in den dichten Verkehr ein und verschwand.
    »Wohin jetzt?«, fragte ich. Plötzlich verspürte ich den starken Drang, mich hinzulegen und die Augen zu schließen.
    »Zurück zum Hotel. Wir müssen die Tasche holen, da ist unser ganzes Geld drin.«
    Streng genommen war es nicht unser Geld, sondern der Rest der Summe, die wir in Kalifornien erhalten hatten, als wir Jacks Auto verhökerten. Aber das war alles, was wir hatten, und wir würden jeden Cent davon brauchen, um aus dieser Stadt heraus- und irgendwo hinzukommen, wo uns die Einheit nicht mehr aufspüren konnte.
    »Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist? Bestimmt suchen sie dort nach uns!«
    Alex schüttelte den Kopf. »Sie nehmen an, dass wir genau das denken und nicht so blöd sein werden, uns in die Nähe des Hotels zurückzuwagen. Im Moment ist es dort für uns vielleicht sogar am sichersten.«
    Ich seufzte. »Okay. Also holen wir erst mal die Tasche. Und was dann? Suchen wir uns irgendwo ein Plätzchen zum Schlafen?«
    »Keine Zeit. Wir müssen heute Abend noch was anderes erledigen.«
    Seine Miene war grimmig. Was immer wir noch zu erledigen hatten – ein romantisches Dinner bei Kerzenlicht und sanfter Musik war es garantiert nicht.

2
    Zurück im Hotel holten wir die Tasche aus ihrem Versteck und brachen die Tür zu einem leeren Gästezimmer im obersten Stock auf, von dem aus wir die Straße überblicken konnten. Ich lag auf dem Bett, während Alex den Inhalt der Tasche neben mir ausbreitete.
    Wir hatten noch ungefähr fünfzigtausend Dollar, drei Pistolen und mehrere Munitionsmagazine, unsere Pässe und ein paar frische Kleider. Dann packte er alles wieder ein, steckte aber ein Bündel Dollarscheine in seine Geldbörse. Die Wunde an seinem Arm hatten wir mit einer Binde und Heftpflastern versorgt. Ich strich sanft über den Verband und Alex verharrte mitten in der Bewegung, schob seufzend die Tasche zur Seite und legte sich neben mich. Ich kuschelte mich eng an ihn.
    »Wie fühlst du dich?«
    Ich gab keine Antwort. Wie ich mich fühlte? Ich versuchte, mein Herz zu befragen, als sei es ein eigenständiges Wesen mit sichtbaren Blessuren, aber so funktionierte das natürlich nicht. Bei jeder Frage kapselte es sich ein wie eine störrische Auster. Ich schob meine Gedanken beiseite und überließ mich dem wohligen Gefühl, Alex warm und lebendig neben mir zu spüren.
    »Er wird es schaffen, Lila.«
    Jack. Er meinte Jack.
    »Hey – nicht weinen!«
    Ich hatte nicht gemerkt, dass mir Tränen über die Wangen rollten und auf seine Brust tropften. Ich wollte sie zurückdrängen, aber sie flossen einfach weiter.
    »Wir haben ihn im Stich gelassen, Alex.«
    Alex schlang einen Arm um mich. Er schob meinen Kopf hoch, sodass er mir direkt in die Augen schauen konnte.
    »Wir hatten keine andere Wahl, Lila.«
    Hatten wir wirklich keine andere Wahl gehabt?
    »Wenn wir versucht hätten, ihm zu helfen, hätten sie auch auf uns geschossen. Darüber haben wir doch schon oft gesprochen. Jack hätte genau dasselbe getan. Er hätte nichts anderes im Sinn gehabt, als dich in Sicherheit zu bringen.«
    Tief im
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