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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition)
Autoren: Sarah Alderson
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und zog mich mit sich. Mit dem Rücken zur Wand schoben wir uns so leise wie möglich die Fluchttreppe hinauf. Die Verfolger kamen schnell voran; das Geräusch vieler Schritte auf Beton echote dröhnend von den Wänden des schmalen Treppenhauses.
    Mein Atem ging stoßweise. Ich presste mich an die Wand und wartete bei jedem Schritt darauf, dass sich der wahnsinnige Schmerz in meinen Kopf bohren würde. Ich wusste, was mich erwartete. Er würde mich in die Knie zwingen. Alex’ Griff an meinem Arm wurde stärker, als rechnete er ebenfalls damit und sei bereit, mich jede Sekunde aufzufangen.
    Bis die Männer den vierten Stock erreichten und durch den Notausgang in den Flur stürmten, durch den wir gerade geflohen waren, hatten wir es zum Dachgeschoss geschafft. Während unten die Tür krachend aufflog und gegen die Wand prallte, öffnete Alex die Tür zum Dach. Das Geräusch wurde vom Befehlsgebrüll und Getrampel unter uns übertönt.
    Ich trat auf das Flachdach des Hotels hinaus. In der Ferne war die Kuppel der Kathedrale zu sehen; einen Fluchtweg nach unten zur Straße konnte ich nirgends entdecken. Wir saßen in der Falle – auf einem ungeschützten Betonplatz von der Größe eines Basketballfelds.
    »Wohin jetzt?«, fragte ich.
    Alex rannte zum Rand des Dachs, ging in die Knie und spähte vorsichtig hinab. Sofort zuckte er zurück und duckte sich hinter die niedrige Brüstung. Anscheinend hatte die Einheit Leute an den Hotelausgängen positioniert. Wir saßen wie Mäuse in einem Loch, das von einer hungrigen Katze bewacht wurde. In Alex’ Gesicht las ich blanke Panik. Mir drehte sich vor Angst fast der Magen um.
    Ich wirbelte zur Tür herum. Die Schritte kamen näher, zu uns herauf. Stimmen hallten durch das Treppenhaus, Männer brüllten sich Befehle zu. Sie wussten, dass wir hier oben waren. Verdammt. Was jetzt? Was jetzt?
    Ich starrte die Tür an, konzentrierte meine ganze Gedankenkraft darauf und sie schlug krachend zu. Ein paar Meter entfernt entdeckte ich ein Stück Holz, ließ es mir direkt in die Hände fliegen und rammte es unter den Türgriff. Vielleicht brachte uns das ein paar Sekunden Vorsprung.
    »Lila!«
    Alex stand auf der anderen Seite des Dachs. Ich eilte zu ihm hinüber und spähte über die Kante. An dieser Seite des Hotels führte eine schmale Gasse vorbei; sie war mit überquellenden Mülltonnen vollgestellt, aber völlig menschenleer und schien nicht überwacht zu werden. Nur befanden wir uns eben sechs Stockwerke darüber und ich sah keine Möglichkeit hinunterzukommen. Ich warf Alex einen fragenden Blick zu. Aber er schaute gar nicht nach unten, sondern zum gegenüberliegenden Dach.
    »Wir müssen springen.«
    »Du machst wohl Witze?«
    Es war sein voller Ernst. Wir fuhren gleichzeitig herum, als schwere, metallene Schläge über das Dach hallten. Das Stück Holz unter dem Türgriff bog sich schon. Auf der anderen Seite des Notausgangs drängelte sich bestimmt eine halbe Armee. Wir hatten vielleicht zehn Sekunden, dann würde ich den Folterknechten meiner Mutter Auge in Auge gegenüberstehen.
    Ich ging ein paar Schritte zurück, holte Anlauf und rannte los. Mit aller Kraft schnellte ich mich von der Kante, die Beine strampelten im luftleeren Raum, dann spürte ich auch schon das andere Dach unter den Füßen. Ich stolperte, rollte mich ab und blieb erschöpft auf dem Rücken liegen. Als ich aufblickte, sah ich, wie Alex mich von der anderen Dachkante aus ungläubig betrachtete. Gleich darauf folgte er meinem Beispiel. Für ihn war es ein Katzensprung. Leichtfüßig landete er neben mir und ging in die Hocke.
    Er schüttelte nur verwundert den Kopf über mich, dann zog er mich mit einem Ruck auf die Füße. Wir rannten zu einem Durchgang am anderen Ende des Dachs. Kaum waren wir hindurch, hörten wir auch schon ein metallisches Krachen. Offenbar hatten unsere Verfolger die Tür aus den Angeln gebrochen. Schwere Stiefel trampelten über das Hoteldach, während sie zur Dachkante liefen, hinabschauten und nach unserem Fluchtweg suchten.
    »Warum schießen sie nicht?«, flüsterte ich. Ich meinte nicht Bleikugeln. Ich meinte die spezielle Waffe, die sie nur gegen Leute wie mich einsetzten – gegen Menschen, die über besondere, ungewöhnliche mentale Fähigkeiten verfügten, die Telepathen oder, wie ich, Telekinetiker waren. Ein Schuss aus dieser Spezialwaffe würde dafür sorgen, dass mir fast der Kopf explodierte, ein furchtbarer, alles durchdringender Schmerz, schlimmer als ein wild
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