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Kehraus fuer eine Leiche

Kehraus fuer eine Leiche

Titel: Kehraus fuer eine Leiche
Autoren: Martina Kempff
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damit den Selbstheilungsprozess in Gang setze, oder wie? Du hast vergessen, ihm zu sagen, dass ich mit dem lieben Herrgott nichts zu schaffen habe und nicht einmal getauft bin.«
    »Das ist ihm egal. Er heilt sogar Protestanten.«
    »Gesetzt den Fall, diese Telefonbrandsorge funktioniert«, sage ich unwillig, »was bin ich ihm dann schuldig? Der wird doch seine Dienste nicht umsonst anbieten.«
    »Natürlich tut er das. Es wäre nicht richtig, gesundzubeten für dran zu verdienen.«
    Klar, denke ich, das wäre ungesetzlich.
    »Dann würde er zur Strafe Kopfschmerzen kriegen«, fährt Gudrun fort. »Wenn er dir eine Warze wegbetet, gibt er dir sogar Geld dafür. Mensch, was haben wir für ein Glück, dass er noch zu Hause war!«
    »Wo heilt er denn sonst noch?«
    »Auf Klos zum Beispiel«, antwortet Gudrun. Sie drückt auf einen Knopf der teuren Kaffeemaschine. Es gurgelt.
    »Er ist Klempner.«
    Gas, Wasser …
    »Scheiße!«, entfährt es mir. »Warum hast du das nicht gleich gesagt! Dann hätten wir ihn lieber darum bitten sollen, meine Rohre auszuwechseln.« Ich halte die gesunde Hand hin, um den Kaffee in Empfang zu nehmen. Den brauche ich jetzt dringend. Aber mit zwei Stück Zucker macht Gudrun ihn für mich ungenießbar.
    »Du weißt doch, dass ich keinen Zucker nehme!«
    »David schon«, bemerkt Gudrun und rührt um. Angesichts meiner Behinderung hat sie dann doch das Herz, mir einen korrekt gefüllten großen Becher hinzustellen, bevor sie wieder zu ihrem Liebsten entschwebt.
    Ich bin sehr froh, am Eröffnungstag zu so früher Stunde in der Einkehr zu sein. Mit einer Hand kann ich die letzten Vorbereitungen nämlich nur sehr langsam treffen.
    Es gibt viel zu tun. Damit wir uns am ersten Abend alle den Gästen persönlicher widmen können, wird ausnahmsweise kein Menü serviert. Stattdessen gibt es ein kalt-warmes Buffet.
    Es erweist sich mir als unmöglich, einhändig die Mini-Paprikaschoten zu enthäuten und auszuhöhlen, also versuche ich mich an der Eier-Sardellen-Knoblauch-Füllung, die aber auch nur zweihändig zu bewerkstelligen ist.
    »Gut, dass du mich geweckt hast«, sage ich zu Linus, als ich erfolgreich die dazugehörige Orangen-Koriander-Holunderblütensirup-Vinaigrette anrühre. Ich werfe meinem Hund ein Wurstende zu. Moment mal! Wenn er mir die Bettdecke nicht geklaut hätte, wäre ich nicht kurz vor dem Donnerschlag in die Küche gegangen und könnte jetzt ungehindert basteln …
    »Her mit der Wurst!«, schnauze ich ihn an.
    Er schleckt sich das Maul.
    Gegen Mittag fallen Hein, Jupp und Marcel gleichzeitig bei uns ein. Ich sitze mit erhobener rechter Hand am Küchenfenster und kommandiere Gudrun und David herum.
    Beide schälen, füllen, hacken, schnipseln, filetieren, entkernen, rühren, blanchieren, schneiden zu, schrecken ab und klappern, dass es eine Lust ist, zuzusehen. Nur das Würzen übernehme ich selber.
    Noch vor zwei Jahren war Gudrun über meine unkonventionellen Häppchen entsetzt, und jetzt beobachte ich, wie sie voller Wollust Ingwerwurzel schabt, Hühnerteile unbekümmert mit Ahornsirup glaciert, Backpflaumen geschickt mit hauchdünnen geräucherten Entenbrustscheibchen umwickelt und gänzlich unangeekelt Lebensmittel zueinander führt, die nach ihrem früheren Ausschließlichkeitsdenken nur in festgelegten Partnerschaften auftreten durften, wenn sie sie denn überhaupt kannte.
    Ich hüte mich, ihre Wandlung wohlwollend zu kommentieren. Damit würde ich sie nur zu jenem Satz herausfordern, mit dem sie bisher nahezu jeden meiner kulinarischen Einfälle niedergemacht hat: »Aber der Eifeler isst so was nicht.«
    Der will Jägerschnitzel, meint sie.
    Das wird er auch bei mir bestellen können. Und sich hoffentlich freuen, wenn kein Schweinefleisch mit in Mehlschwitze weichender Panierpappe serviert wird. Sondern ein hauchdünn geklopftes Hirschschnitzel mit Walnusskruste, in das Pfifferlinge mit Sauerkirschen eingerollt werden.
    David stellt sich bei der Küchenarbeit überraschend gewandt an, hinterfragt keine meiner Anweisungen und erledigt mit geschwinder Akkuratesse, was ihm aufgetragen wird. Er arbeitet sehr sauber.
    Gern würde ich mehr über ihn in Erfahrung bringen. Zum Beispiel, welchen Beruf er erlernt hat. Auf Fragen nach seiner Tätigkeit in Texas kommt nämlich immer nur eine Antwort auf Englisch: »A little bit of this and a little bit of that.« Frei übersetzt: alles Mögliche. Den ungelernten Arbeiter kann ich ihm nicht abnehmen.
    »Er ist eben Künstler«, wehrt
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