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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk
Autoren: Hans Dominik
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Flüssigkeit. »Heptan ist vorhanden. Tja – dann kann’s doch nur noch am Katalysator liegen. Haben Sie den richtig eingefüllt?«
    Dr. Wendt schlug sich vor die Stirn. »Herrgott! Ich Kamel! Ich ...«
    »Bemühen Sie den zoologischen Garten nicht, Rudi! Was ist denn?«
    »Ich hab’ ja den Katalysator vergessen. Schappmann sollte ihn holen. Weiß der Teufel, wo der steckt! Da hab’ ich in Gedanken einfach das reine Heptan genommen.«
    »Na also, Rudi!« Mit einer unzweideutigen Handbewegung nach der Stirn ging sie zu ihrem Tisch zurück.
    »Verflucht noch mal!« brummte Dr. Wendt vor sich hin. »Das hätte ‘ne schöne Blamage gegeben, wenn ich damit zu Fortuyn ... Na endlich, Schappmann! Haben Sie das Zeug?«
    Ohne ein Wort zu verlieren, stellte der Laboratoriumsdiener ein Fläschchen mit blaugrünem Inhalt vor Dr. Wendt hin und ging zu Tillys Tisch. Er sprach halblaut mit ihr. Die anderen – die jungen Dachse, wie Schappmann sie bei sich titulierte – brauchten nicht zu hören, was er ihr mitzuteilen hatte.
    »Fräulein Doktor! Der Mann, der mein Nachfolger werden möchte – Sie wissen, der schon ein halbes Jahr in der Packerei gearbeitet hat –, ist wieder da.«
    »Wär’ es nicht besser, Sie wenden sich an Herrn Doktor Fortuyn persönlich?«
    Schappmann wiegte mit einem halb verlegenen, halb verschmitzten Grinsen den Kopf. »Wenn Sie ja sagen, Fräulein Doktor, sagt Herr Doktor Fortuyn auch ja. Guter Fürspruch kann nie schaden. Liebes Fräulein Gerland, wenn ich Sie bitten dürfte ... aber Sie können ihn sich ja erst noch mal ansehn!« Er öffnete die Tür und trat mit ihr hinaus.
    Prüfend blieb ihr Auge an dem Gesicht des Mannes hängen. Sie hatte ihn schon mehrmals flüchtig gesehen. Er wohnte bei Schappmann im Hinterhaus des Gebäudes, in dem sie mit ihrer Mutter Wohnung genommen hatte. Auch der nähere Eindruck war nicht schlecht. Doch schien er viel älter, als Schappmann gesagt. Sein Schicksal mochte wohl nicht immer leicht gewesen sein. Das hagere, von Falten durchzogene Gesicht, von einem dichten, leicht ergrauten Vollbart umgeben, sprach von manchem Schweren, das er durchgemacht.
    »Ja, Herr ...? Wie war doch Ihr Name?«
    »Wittebold, Fräulein Doktor.«
    »Ah, richtig! Nun – Ihre Zeugnisse sind ja wohl in Ordnung? Die Auskunft, die man über Sie eingeholt hat – ich sagte Ihnen ja schon, daß wir dazu verpflichtet sind –, ist befriedigend ausgefallen. Dazu die Fürsprache unseres Freundes Schappmann ...«
    »Er wohnt schon ein halbes Jahr bei uns, Fräulein Doktor. Meine Luise hat mehr als einmal gesagt: ›Ein so solider Mieter, ‘nen besseren können wir nicht kriegen.‹ Also, von mir aus ...«
    Tilly lachte. »Na, da Sie nichts dagegen haben, Schappmann, will ich mal gleich bei Herrn Doktor Fortuyn nachfragen, wie weit die Sache ist.«
    »Oh, das wäre sehr liebenswürdig, Fräulein Doktor!«
    Dr. Fortuyn saß an seinem Tisch, als sie eintrat. Ein Schreibblock, mit Formeln und Ziffern bedeckt, lag vor ihm. Es waren jene schwierigen analytischen Untersuchungen über die Eigenschwingungen von Atomgruppen, auf denen Fortuyn eine neue Theorie der Kautschukdarstellung begründet hatte.
    Jetzt ließ er den Bleistift sinken. Ein freundliches Lächeln glitt über das schmale, scharfprofilierte Gesicht. Wie um sich aus den Gefilden der mathematischen Spekulation in die Wirklichkeit zurückzufinden, strich er sich über die Stirn und das leicht angegraute Haar. »Was bringen Sie mir, Fräulein Gerland? Entsprechen die Ergebnisse mit B 680 der Prognose?«
    »Ich bin mit der Versuchsreihe noch nicht durch. Die ersten Versuche scheinen die Theorie zu bestätigen. Aber, Verzeihung – im Augenblick komm’ ich aus einem anderen Grund.« Tilly legte Wittebolds Papiere vor sich hin und begann, Dr. Fortuyn den Fall vorzutragen.
    Noch während sie sprach, hatte der seinen Kopf schon wieder halb über seine Zahlen und Formeln geneigt. »Ist gut!« sagte er, ohne aufzublicken. »Wenn über seine Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen, nehmen wir ihn. Wie heißt er? Wittebold? Also, bereiten Sie alles vor und lassen Sie die nötigen Formulare ausschreiben!«
    »Danke schön, Herr Fortuyn. Ich werde das weitere besorgen.« —
    »Alles in Ordnung, Herr Wittebold! Sie müssen nun noch allerhand lernen. Die vielen fremden Namen werden Ihnen im Anfang Schwierigkeiten machen. Aber Herr Schappmann bleibt ja noch einige Zeit und kann Sie mit Ihrer Tätigkeit bekannt machen.«
    »Ich weiß nicht, Fräulein
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