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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk
Autoren: Hans Dominik
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»Achtung! Einschalten!« rief Dr. Fortuyn.
    Im gleichen Augenblick drückte Dr. Wendt den Schalthebel herab. Fortuyn und seine Assistenten traten näher an die Strom-und Spannungsmesser, während man das tiefe Summen der Atomstromturbine vernahm. 15 Millionen ... 18 Millionen ... bei 20 Millionen, wo der rote Strich leuchtete, blieb der Zeiger des Spannungsmessers vibrierend stehen. 20 Millionen Volt in höchster Stärke lieferte das Mitteleuropäische Atomwerk.
    Da – ein fürchterlicher Knall – ein gewaltiger Blitz schlug aus dem Endverschluß des Riesenkabels. Taumelnd stürzte Dr. Wendt.
    Fast lähmend war die Stille danach – um so beängstigender wirkte der starke Qualm, der vom Vorplatz durch die geöffneten Fenster in die Halle zog.
    »Da haben wir die Schweinerei wieder!« Dr. Fortuyn fuhr sich mit beiden Händen in die Haare. »Nur gut, Kollege Wendt, daß die automatische Sicherung ausgelöst wurde. Möchte nicht wissen, was sonst passiert wäre ...«
    Die Herren traten ins Freie. In diesem Moment erschallte eine Stimme im Werklautsprecher: »Dr. Fortuyn, bitte zum Telefon für Generaldirektor Kampendonk!« ...
    »Dr. Wendt, sehen Sie mal nach, was unser Atomstrom wieder angerichtet hat. Ich komme gleich ...« wandte sich Fortuyn an seinen Assistenten und betrat dann die Telefonkabine.
    »Hier Fortuyn. Herr Generaldirektor?«
    »Was war da los, mein Lieber?«
    »Wieder das gleiche. Wie bei den ersten Versuchen. Die Isolation ist zu schwach, Herr Generaldirektor.«
    »Ich komme gleich rüber. Will mir den Schaden einmal selbst besehen.«
    Wenige Minuten später standen Generaldirektor Kampendonk, Dr. Fortuyn und verschiedene Assistenten neben der gewaltigen Durchschlagsstelle. Meterweit war die mannsstarke Kautschukisolation von der Energie der Atomelektrizität durchschlagen und verkohlt. Noch immer lag der penetrante Geruch von verbranntem Gummi in der Luft.
    »Da haben wir nun alle Probleme der Nutzbarmachung von Atomenergie gelöst und können dieses Geschenk der Natur einfach nicht verwenden – weil sich die gewaltigen Elektrizitätsmengen nicht bändigen lassen. Es ist zum Verzweifeln!« Kampendonk blickte versonnen auf das freiliegende schenkelstarke Kupferkabel.
    »Dr. Fortuyn, es hilft nichts, wenn wir die Welt und uns mit dem Atomstrom beglücken wollen, müssen wir einen neuen Isolationsstoff schaffen. Sie sehen es selbst. Auch der NeoKautschuk reicht noch nicht aus.«
    »Wenn wir nun die Isolationsschicht noch mehr verstärken«, wandte Dr. Wendt ein.
    »Das ist unmöglich«, erklärte Fortuyn. »Wir können doch nicht meterstarke Kabel verwenden. Nein, Herr Generaldirektor Kampendonk hat schon recht. Wenn der neue Atomstrom der Weltwirtschaft nützen soll, muß er gefahrlos für die Umwelt fließen, ohne daß man den wirtschaftlichen Gewinn für eine maßlose Isolation verwendet. Wir müssen eine völlig neue Kautschuksynthese entwickeln. Das ist der einzige Weg, um eines Tages unseren Atomstrom nutzen zu können!«

Zwei Jahre später.
    »United Chemical.«
    In Riesenlettern leuchtete das Wort an der Frontseite des City-Building in London. Und tatsächlich waren sämtliche Räume des gigantischen Baues nur von Büros des großen englischen Chemiekonzerns besetzt. Die Buchstaben glänzten noch in frischen Farben. Der Zusammenschluß der beiden größten Gesellschaften, der Scotland Chemical und der Central Chemical, war erst vor einem knappen halben Jahr erfolgt. Der Mann, der das Unmögliche möglich gemacht hatte, die beiden Konzerne, die sich jahrelang bis aufs Blut bekämpft hatten, zu einer Gesellschaft zusammenzuzwingen, war Sir Steve Hopkins.
    In einem kleinen Raum im elften Stock saßen Sir Hopkins und sein Mitarbeiter Bronker mit einem Dritten zusammen. Schweigen herrschte in dem Zimmer. Hopkins blickte beharrlich auf die gegenüberliegende Wand, als ob die bizarren Linien der Seidentapete sein ganzes Interesse gefangennähmen; nur daß die schmalen Lippen über dem massiven Kinn sich immer schärfer zusammenpreßten, verriet, daß er angestrengt nachdachte.
    Elias Bronker, sein Partner – sein Gegenpart ungefähr in allen anderen Dingen bis auf einen gleich gut entwickelten Geschäftssinn –, überflog mit nervösem Bleistift eine Zahlenaufstellung. Wie an einem Magneten hingen die Blicke des Dritten an dem Stift. Je mehr dieser sich der Schlußsumme näherte, desto unruhiger wurden seine Augen; immer tiefer sank er in sich zusammen, duckte sich, wie vor einem
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