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Katakomben (van den Berg)

Katakomben (van den Berg)

Titel: Katakomben (van den Berg)
Autoren: Mark Prayon
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dass der Royal Sporting
Club Anderlecht einst eine echte Größe im europäischen Fußball gewesen war. Schon
lange war der Klub nur noch in der belgischen Jupiler League topp.

 
 
    Hugo
war pünktlich. Sie trafen sich immer auf derselben Bank an dem kleinen See
gegenüber dem Café Belga. Der andere nannte sich Jorge - sie sprachen spanisch.
Der Mann war von imposanter Statur und überaus muskulös, was selbst sein weit
geschnittener beiger Pullover nicht versteckte. Das dunkle lockige Haar hatte
der Riese mit Gel nach hinten gekämmt. Der Spanier schaute düster drein, seine
Augen sahen unheimlich aus. Erst als ihm Hugo das Papier mit den Namen reichte,
lächelte er.

 
    Eine
Frau in einem schmierigen, abgewetzten Kittel öffnete dem Beamten die Tür. Sie
wirkte wie fünfzig und war auffallend fett. „Ihr seid Bullen, nicht wahr? Ihr
hättet ruhig mal anrufen können, anstatt einfach so aufzukreuzen“, zischte die
Alte resolut. Van den Berg war kurz davor, zu einem verbalen Konter anzusetzen,
hielt es aber für besser, die Atmosphäre nicht gleich aufzuheizen. „Madame
Bouvier, richtig? Dürfen wir reinkommen?“ fragte er mit aufgesetzter
Höflichkeit. Die Frau führte die Polizisten wortlos ins Wohnzimmer. Dem
Kommissar fiel auf, dass die braunen lockigen Haare der Frau ziemlich fettig
waren und unangenehm rochen. Auf dem rustikalen Eichentisch stand eine beige
Plastikkanne, die einige Risse hatte, mit Kaffee. Die Frau stellte ein paar
Kunststoffbecher in der gleichen Farbe dazu. „Bedient euch!“ Der Kommissar verzichtete
und bedachte das Angebot mit einem angedeuteten Nicken. „Wir haben ein totes
Mädchen gefunden.“ Die Frau setzte sich auf einen der speckigen Sessel, während
sie die Polizisten irritiert anschaute. „Ist das Ihre Tochter?“ Das Foto zeigte
das tote Mädchen vor der Kathedrale. Die Frau starrte auf das Bild, ihre Lippen
begannen zu zittern. Erst nach einigen Sekunden nickte sie zaghaft. „Das ist
sie!“, stammelte die Frau kaum hörbar. „Es tut mir sehr leid“, meinte van den
Berg. Ihm wurde jedes Mal schlecht, wenn er diese Floskel benutzte. Die
Polizisten gingen zum Fenster – die Frau sollte einen Moment für sich allein
haben. Van den Berg war klar, dass das Überbringen von Todesnachrichten nicht
zu seinen Stärken zählte. Er musste sich zusammenreißen, um bei der Befragung
nicht allzu schroff rüber zu kommen. „Ist ihr Mann zu Hause?“, fragte er ruhig.
„Er ist was einkaufen. Er kommt sicher bald.“ Während die Metzgerin antwortete,
wich sie van den Bergs Blick aus – ihre Augen waren auf ein Hirschgeweih
gerichtet, das ihr gegenüber von der Wand herabhing. „Ihre Tochter ist seit
fünf Jahren verschwunden gewesen. Wir müssen das leider noch einmal in allen
Einzelheiten durchkauen“. „Was bringt das jetzt noch? Das habe ich doch schon
tausend Mal erzählt“, murmelte die Frau, so als sprach sie mit sich selbst.
„Wir suchen den Mörder ihrer Tochter. Möchten sie, dass der Typ da draußen noch
mehr Mädchen umbringt?“, entfuhr es van den Berg. Im gleichen Moment tat ihm
sein gereizter Tonfall schon leid. „Ich habe ihr am Abend noch ein Stück
Blutwurst rauf gebracht. Es muss kurz nach sieben gewesen sein. Wir hatten
gerade den Laden zugemacht.“ Van den Berg wunderte sich über die präzisen
Angaben der Frau zu Alltäglichkeiten, die so lange zurücklagen. „Und weiter?“
„Was soll ich ihnen erzählen? Wir haben nicht viel miteinander gesprochen.“
    „Ist
sie öfters nachts weggeblieben?“ „Fragen sie besser, wann die mal zu Hause war.
Morgens ist sie immer zurück gewesen und hat gearbeitet“, erklärte die Frau mit
tonloser Stimme.
      „Catherine wäre jetzt 20, richtig?“ „Ja. Sie
hat schon immer gemacht, was sie wollte. Ist mir auch egal gewesen. Solange sie
nur im Laden mit angepackt hat.“ „Wohin ist sie gegangen, nachts?“ „Woher soll
ich das wissen? Meinen sie, darüber hat sie gesprochen?“ In diesem Moment
glaubte van den Berg eine Reaktion bemerkt zu haben, ein ganz leichtes Zucken
der Mundwinkel, eine kaum merkliche Unsicherheit. „Haben sie ein Foto von ihr?“
Die Frau nahm einen vergoldeten Bilderrahmen aus der Vitrine. „Wir haben es vor
fünf Jahren aufgenommen, kurz bevor sie verschwunden ist. Das Geschäft ist
damals 100 Jahre alt geworden“, sagte die Frau, die endlich anfing zu weinen. Einige
Minuten hatte sie es geschafft, ihre Gefühle in Schach zu halten – jetzt
schienen alle Dämme zu
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