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Katakomben (van den Berg)

Katakomben (van den Berg)

Titel: Katakomben (van den Berg)
Autoren: Mark Prayon
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brechen.
    „Macht
es ihnen etwas aus, uns Catherines Zimmer zu zeigen?“ Die Frau reagierte erst
nach einer gefühlten Ewigkeit, dann blickten ihre verheulten Augen zum Kommissar.
„Was wollen sie da sehen? Es ist ein einziger Saustall, das kann ich ihnen
sagen. Aber wie sie wollen!“ Ihre Stimme hatte sich verändert – sie klang jetzt
geradezu energisch. Zu dritt stiegen sie die morsche Holztreppe in den zweiten
Stock des Hauses, das insgesamt einen maroden Eindruck machte. Die Frau hatte
nicht übertrieben. Das Zimmer sah alles andere als einladend aus. Auf dem Sofa
lagen abgetragene Jeans und Pullover, auf dem Fußboden waren zerrissene Jugendzeitschriften
verstreut. Der Tisch war aus Kunststoff und verdreckt, im Zimmer lag ein
fauliger Geruch, obwohl die Fenster auf Kippe standen.
    Van
den Berg wunderte sich darüber, dass die Mutter in den Jahren nicht auf die
Idee gekommen war, das Chaos aufzuräumen. Der Kommissar blickte auf den
Schreibtisch, der so gar nicht zum Rest der schäbigen Einrichtung passte. Er
war aus Teakholz gefertigt und wirkte als einziges Möbelstück im Raum
hochwertig. „Hübscher Tisch“, nuschelte der Kommissar. „Ich weiß nicht, woher
sie den hat. Irgendwann stand er hier.“ Die Frau strich sich mit dem
Zeigefinger über die Nase. Van den Berg blickte in den Kunststoffspiegel an der
hinteren Wand und kontrollierte den Sitz seiner Haare – er stellte fest, dass
sie noch immer ein wenig abstanden. „Guck mal hier“, rief Deflandre
triumphierend, „ein paar Stadtpläne, da ist einiges eingezeichnet. Scheinen Nachtclubs
zu sein.“ „Können wir die mitnehmen?“ Die Frau ignorierte die Frage zuerst,
dann machte sie eine Handbewegung, die Zustimmung signalisieren sollte. Van den
Berg hörte, wie unten die Haustür ins Schloss fiel. Er schaute hellwach zu
seinem Partner. Pascal Bouvier war nach Hause gekommen. Der Mann sah so aus,
wie so viele Metzger, die der Kommissar kennengelernt hatte – kräftig und grob.
Der Fleischer entlarvte die Besucher gleich als Polizisten. „Habt ihr meine
Tochter endlich gefunden?“, fragte er unwirsch. Van den Berg blickte seinen
Gegenüber prüfend an. „Wir haben ein totes Mädchen gefunden und nehmen an, dass
es sich um ihre Tochter handelt.“ Der Metzger ließ sich wie ein nasser Sack auf
das alte, fleckige Wohnzimmersofa fallen.
    Der
massige Mann weinte hemmungslos, als er das Foto seiner Tochter betrachtete.
„Herr Bouvier, ich verstehe, wie ihnen zumute ist. Wir müssen sie allerdings
bitten, mit uns zu kommen. Wir müssen Klarheit haben, ob das Mädchen
tatsächlich Ihre Tochter ist.“ Der Metzger hörte abrupt auf zu weinen – jetzt
schwieg er.
    Deflandre
wandte sich noch einmal an die Frau, die geistesabwesend auf dem Sofa saß. „Wir
hätten gerne noch die Adresse von Catherines Zahnarzt, nur zur Sicherheit.“ Der
Blick der Frau war jetzt teilnahmslos, sie verzichtete auf Nachfragen. Die
Polizisten sollten einfach nur verschwinden. Die Metzgerin hatte eine Abneigung
gegen die Staatsmacht. In diesem Moment wollte sie erst recht keine Schnüffler
um sich herum haben. Die Frau kritzelte eilig etwas auf ein Stück Papier und
reichte es dem jungen Polizisten. Deflandre packte noch eine Haarbürste aus dem
Kinderzimmer in den Plastikbeutel.
    „Bingo!“,
flüsterte Deflandre seinem Partner ins Ohr, während der Metzger hinten ins Auto
stieg.
    Wenn
van den Berg Opfer identifizieren ließ, wurden normalerweise zunächst
zahntechnische Untersuchungen angestellt. Sie hatten gegenüber DNA-Analysen den
Vorteil, kostengünstig zu sein. Van den Berg schätzte vor allem, dass er die
Ergebnisse deutlich schneller in die Hände bekam. Aber in diesem Fall bekamen
sie auch so schnell Gewissheit. Den Zahnarzt würden sie nicht brauchen.

 
    Pascal
Bouvier nickte kurz, als er das Gesicht des Mädchens betrachtete. Weinend stürzte
sich der Dicke auf das tote Mädchen und legte seine fleischigen Arme um sie. Im
gleichen Moment packten ihn die beiden Polizisten an der Jacke und zogen ihn zurück.
Sie mussten all ihre Kräfte mobilisieren, um den bulligen Mann stemmen zu
können. „Das geht nicht“, rief van den Berg streng. „Herr Bouvier, ihre Tochter
hat hier ein sogenanntes Brandmal. Ich nehme an, dass Catherine das vor ihrem
Verschwinden noch nicht hatte“, sagte der Kommissar. „Der Fleischer verzog
angewidert die Mundwinkel, als er die Stelle betrachtete. „Nein!“ Der Fleischer
verlor die Kontrolle. „Das Zeichen enthält eine
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