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Katakomben (van den Berg)

Katakomben (van den Berg)

Titel: Katakomben (van den Berg)
Autoren: Mark Prayon
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Berg matt und ausgelaugt. Er erschrak,
als er in den Spiegel schaute und in ein fahles, ausgemergeltes Gesicht
blickte. In den Boulevardmedien und den Fernsehanstalten wurde er gefeiert.
Eine Zeitung verpasste ihm den Spitznamen „Superhirn“, ausgerechnet jenes
Blatt, das ihn noch vor wenigen Tagen als Totalversager abgestempelt hatte. Van
den Berg lachte über die Schlagzeilen, Einladungen zu Exklusivinterviews lehnte
er dankend ab. Er hatte keine Lust auf schleimige Schulterklopfer und schon gar
nicht auf Journalisten. Die heftigsten Wochen seines Lebens lagen hinter ihm,
er fragte sich, ob er sowas noch einmal durchstehen würde. Er glaubte, dass es
keinen Fall mehr geben konnte, der ihm so sehr an die Nieren ging.
    Am
nächsten Morgen nahmen Nicole und van den Berg Abschied. Die Mädchen gackerten
und flachsten, während sie ihre Koffer packten, am Abend gingen ihre Flieger in
den Osten. Van den Berg kam sich vor wie in einem Hühnerstall. Der Kommissar
nahm Irina in die Arme und blickte ihr ernst in die Augen. „Ich danke dir dafür,
wie mutig du uns geholfen hast. Ich muss dich um Verzeihung bitten, ich habe
dich in große Gefahr gebracht. Ich hätte das nicht tun dürfen.“ Die Russin
lachte und machte lässig eine wegwerfende Handbewegung. „Hauptsache, wir haben
die Bastarde fertiggemacht.“ „Dass Hugo und Fontaine nichts mehr anstellen
können, ist die beste Therapie für die Mädchen“, erklärte Nicole dem Kommissar
beim Verlassen des Mädchenheims.
    Es
war an der Zeit, Hugo einen Besuch abzustatten. Als sich die Zellentüre
öffnete, bemerkten die beiden Polizisten gleich, dass der Killer nicht mehr der
alte war. Zusammengekauert saß jener Mann, der die Fäden bei der grässlichsten
Mordserie in der belgischen Geschichte gezogen hatte, auf seiner kargen
Pritsche. Er schien durch den Kommissar hindurchzuschauen. Hugos Augen wirkten
glasig, seine Haut fahl. Die beiden setzten sich auf die schmalen Stühle.
„Hugo, wir möchten mit ihnen reden“, begann der Kommissar. „Natürlich müssen sie
nicht mit uns sprechen, aber wenn sie es tun, könnten wir ihnen hier zu ein
paar Annehmlichkeiten verhelfen.“ Hugo schaute auf. „Ich will einen Fernseher“,
sagte er mit einer Stimme, die seltsam tonlos klang. „Das lässt sich sicher
machen“, antwortete van den Berg knapp. „Ich will gleich zu Sache kommen. Es interessiert
mich nicht, warum sie das alles gemacht haben. Dazu wird sie der Staatsanwalt
befragen. Aber verraten sie mir doch, wie sie meinen Kollegen in die Sache rein
gezogen haben.“ Hugo setzte ein schiefes Grinsen auf. „Das war nicht schwer.
Deflandre ist so geldgeil. Er war der perfekte Spitzel, im Grunde der Einzige,
der infrage kam. Oder hätten sie es auch gemacht, für richtig viel Kohle?“ „Was
haben sie ihm gezahlt?“ „Insgesamt eine Viertelmillion.“ Der Kommissar schaute
zu Nicole, die ihre Mundwinkel nach oben zog. „Dafür hat er ihnen unsere Pläne
verraten.“ „Exakt!“ „Warum ist er wieder ausgestiegen?“ „Er hat sich
überschätzt, er konnte den Hals nicht vollkriegen. Er wollte immer mehr Geld,
und er wollte Bedingungen stellen.“ „Was für Bedingungen?“ „Er wollte uns nur
noch helfen, wenn wir die Mädchen freilassen.“ „Was sie nicht tun wollten …“
Hugo schaute die beiden verächtlich an. „Das war nicht der Sinn des Spiels.“
„Sie wissen nicht zufällig, wo sich Eric jetzt aufhält?“ „Machen sie Witze?
Warum sollte er mir das verraten?“ Van den Berg atmete tief durch. Jetzt wandte
sich die Psychologin an den Killer. „Was ist mit Bouvier?“ Hugo lächelte. „Er
hat uns geholfen, er war so nett, uns seine Tochter zu überlassen.“ Van den
Berg konnte in Nicoles Augen lesen, welche Abscheu sie für den Killer empfand.
„Doch wohl nicht freiwillig“, erwiderte sie. „Bouvier ist so schwanzgesteuert,
dass wir ihn nicht groß überreden mussten. Er hat von uns bekommen, was er
wollte.“ „Junge Mädchen.“ Hugo grinste vielsagend. „Was ist mit Bouviers Frau?“
„Sie hat die Klappe gehalten, der Metzger hatte sie im Griff.“ Van den Berg gab
der Psychologin ein Zeichen, Schluss zu machen. Als der Wärter die Zellentüre
öffnete, drehte sich der Kommissar noch einmal um. „Interessiert es sie, was
aus Fontaine geworden ist?“ Hugo riss seine Augen auf, jetzt schien er hellwach
zu sein. „Er ist tot und dazu platt wie eine Flunder“, sagte van Berg
ungerührt, während er den Killer aufmerksam musterte.
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