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Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Karpfen, Glees und Gift im Bauch

Titel: Karpfen, Glees und Gift im Bauch
Autoren: Werner Rosenzweig
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und Modernität in keinster Weise nach und sah neben den eigentlichen Verkaufsräumen, eine separate Bäckerei mit integriertem Café, eine Metzgerei, einen Käseladen, sowie ein Fischgeschäft vor.
    Draußen, etwas abseits von den Parkplätzen, wurden gerade achtzig feste Sitzplätze errichtet. Gleich daneben ein Abenteuerspielplatz für die Kinder. In der warmen Jahreszeit ein idealer Treffpunkt für Hausfrauen, um bei einem Pläuschchen Kaffee und Kuchen zu genießen. Die Lagerhalle und der Supermarkt waren durch einen breiten, überdachten Gang miteinander verbunden, in dem sich nun die Gabelstapler tummelten, um die Verkaufsregale rechtzeitig zur Eröffnung mit den leckeren Sonderangeboten zu füllen.
    Oben, auf dem stumpfen Satteldach des Supermarktgebäudes, montierten Handwerker gerade eine riesige Leuchtreklame, die in der Nacht den grünen Schriftzug »Immer Frisch« weithin sichtbar machen sollte. Hinter der mächtigen Lagerhalle legten drei Gärtner eine gewaltige Menge an Rollrasen aus. Ihre Kollegen hatten sich auf dem gesamten Grundstück verteilt und pflanzten Büsche, Stauden und Bäume. Alles sollte zur Einweihungsfeier perfekt sein. Noch war es nicht soweit. Aber bald. Am 20. August sollte der Supermarkt seine Pforten öffnen. Zwei Wochen später, am 3. September, war eine bombastische Einweihungsfeier geplant. Es sollte ein richtiges Dorffest werden. Jeder der am Bauobjekt Beteiligten war hochgradig zufrieden: die Baufirmen, die Gemeindeverwaltung, der Investor und schließlich auch der Pächter der neuen Immobilie, die neue und bisher unbekannte Lebensmittelkette »Immer Frisch«. Diese wollte, so ging die Runde hinter vorgehaltener Hand, den Branchen-Platzhirschen das Fürchten lehren. Die Zeichen waren auf Expansion gestellt. »Qualität muss nicht viel kosten«, warb der neue Lebensmittel-Frischemarkt. Den Röttenbachern konnte dies nur recht sein. Sie hatten nichts gegen gute Qualität und günstige Preise.
    Johann Geldmacher, der Geschäftsführer der benachbarten FORMA-Filiale, musste bei diesen Gerüchten nur milde lächeln. Wer war schon »Immer Frisch«? Niemand! Ein Nobody in der Branche! Wie sollte ein Nobody, wie »Immer Frisch«, den Marktführern das Fürchten lehren? Welche Einkaufsmacht hatte das neue Unternehmen denn? Vernachlässigbar! Geradezu lächerlich! Er freute sich heute schon auf den Tag, an dem der großspurige Konkurrent nebenan die Tore wieder schließen musste. Wegen Insolvenz. Wie lange sollte er ihnen geben? Ein halbes Jahr? Bei dem Geschäftsführer eher nur vier Monate. Danach hieß es schnell sein. Die neue Immobilie würde bestimmt für einen Apfel und ein Ei aus der Konkursmasse zu haben sein. Der FORMA-Filialleiter erinnerte sich seines einstigen Mitarbeiters, Toni Wellein, und lächelte in sich hinein. Ein Versager vor dem Herrn!
    Noch ahnte Johann Geldmacher nicht, wie eng sein Schicksal mit dem kriminellen Engagement des neuen Wettbewerbers verknüpft sein sollte. Hätte er nur die geringste Ahnung gehabt, ihm wäre das Fürchten gekommen.

Toni Wellein

    Toni Wellein, der designierte Geschäftsführer des neuen Supermarktes, war Gesprächsthema Nummer eins unter den alteingesessenen Röttenbachern. Er war kein unbeschriebenes Blatt. Die Röttenbacher erinnerten sich gut an ihn. Ein richtiger Halodri! Ein Tunichtgut! Zweifel kamen auf, ob er der neuen Aufgabe gewachsen sein würde. Ob er der Richtige sei. Wie kam der bloß an den Job? Und dann war da noch dieser kleine, schlitzäugige, schwarze Teufel! Seine Freundin. Die passte schon gar nicht nach Röttenbach. Man würde schon sehen.
    Der kleine Toni wurde vor sechsundvierzig Jahren in der Ringstraße geboren. Kindergarten, vier Jahre Volksschule, dann mathematisch-naturwissenschaft-liches Gymnasium in Höchstadt an der Aisch. Je älter der kleine, dunkelhaarige und stupsnasige Bub wurde, desto aggressiver und fauler wurde er. Das lag vorrangig an seinem Elternhaus. Nun, »Elternhaus« war vielleicht nicht der richtige Begriff, denn Anton, so sein richtiger Name, kam als uneheliches Kind auf die Welt. Seine Mutter, die Roswitha Wellein, hatte niemals kund getan, wer den kleinen Toni gezeugt hatte. Wie in einem kleinen Dorf üblich, entstanden schnell Gerüchte.
    »Der had a Noosn wie unser frieherer Bfarrer, a richdige Himmlfahrdsnoosn«, behauptete einst der längst verstorbene, alte Apotheker.
    »Naa, die Augn schaua aus, wie die vom ehemalichn Schuldiregder, genauso verschloogn und hinderlisdich«,
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