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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire
Autoren: Agatha Christie
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er.
    »Ein bisschen. Heute Abend spür’ ich meine Füße.«
    »Wird es dir nicht zu viel? Ich weiß schon, es ist Schwerarbeit.« Er sah sie besorgt an.
    Sie lachte. »Ach Tim, lass dich nicht auslachen! Mir gefällt es hier. Es ist herrlich, genau das, was ich mir erträumt habe.«
    »Ja, ja, alles sehr schön – wenn wir Gäste wären. Aber den Laden selbst aufzuziehen, das macht Arbeit!«
    »Nun, umsonst ist der Tod, sonst gar nichts, oder?«
    Tim Kendal runzelte die Stirn: »Glaubst du, dass es klappt? Dass es ein Erfolg wird? Dass wir alles richtig machen?«
    »Aber natürlich!«
    »Und du glaubst nicht, dass die Leute sagen: ›Damals, als die Sandersons noch da waren, war es doch was anderes‹?«
    »Das wird immer jemand sagen. Die Leute eben, die am Alten hängen! Aber ich bin sicher, dass wir es besser machen. Wir bieten individuelle Betreuung. Du gehst den alten Katzen um den Bart, es sieht aus, als machtest du den sitzen gebliebenen Fünfzigerinnen den Hof, na, und ich liebäugle mit den älteren Herren und gebe ihnen das Gefühl, dass sie ganz wüste Draufgänger sind – oder ich spiele die süße kleine Tochter, wie sie die Sentimentalen unter ihnen gern gehabt hätten. So ist doch alles bestens eingeteilt!«
    Tims Sorgenfalten verschwanden.
    »Wenn nur du sicher bist! Ich habe Angst. Schließlich haben wir alles riskiert, um aus dem hier ein Geschäft zu machen. Sogar meine Stellung hab’ ich aufgegeben…«
    »Und recht daran getan!«, warf Molly rasch ein. »Die war ja geisttötend.«
    Er lachte und küsste sie auf die Nase.
    »Lass dir von mir gesagt sein, dass wir’s geschafft haben!«, wiederholte sie. »Wozu immer diese Bedenken?«
    »Mein Gott, ich bin eben so! Immer glaube ich, dass etwas schiefgehen könnte.«
    »Aber was denn?«
    »Ach, ich weiß nicht. Vielleicht ertrinkt mal einer?«
    »Von denen bestimmt keiner! Der Strand hier ist so sicher wie eine Badewanne. Und überdies haben wir ja den großen Schweden, der immer aufpasst.«
    »Ja, ich weiß, dass ich töricht bin«, sagte Tim Kendal. Aber dann fragte er doch: »Übrigens – du träumst doch hoffentlich nicht mehr so schlimme Sachen, nicht wahr?«
    »Das war alles Unsinn«, sagte Molly. Sie lachte.

3
     
    W ie gewöhnlich nahm Miss Marple ihr Frühstück im Bett ein: Tee, ein weiches Ei und eine Scheibe Melone. Das Obst hier, dachte sie, war eher enttäuschend. Nichts als Melonen. Sie hatte Appetit auf einen guten Apfel, aber Äpfel schien man hier nicht zu kennen. Nachdem sie eine Woche hier verbracht hatte, fragte Miss Marple nicht mehr nach dem Wetter. Es war stets das gleiche: schön, ohne jede interessante Abwechslung. »Wie prächtig wetterwendisch ist ein Tag in England«, murmelte sie und wusste im Moment nicht – war das ein Zitat, oder hatte sie soeben selbst diesen Satz geprägt? Ja, es gab hier auch Orkane, wenn sie recht gehört hatte. Aber Orkane, das war ja kein Wetter mehr in des Wortes eigentlichem Sinn, das gehörte schon zu den Elementarereignissen. Was aber waren diese kurzen heftigen Regenfälle, die nach fünf Minuten plötzlich aufhörten? Alles triefte dann vor Nässe – und war nach weiteren fünf Minuten wieder staubtrocken.
    Das schwarze Antillenmädchen wünschte lächelnd einen guten Morgen, während sie das Tablett auf Miss Marples Knien abstellte. Prachtvoll, diese weißen Zähne! Wie gemacht, um damit zu lächeln. Alle diese Mädchen waren so nett – schade nur, dass sie nicht heiraten mochten! Kanonikus Prescott sorgte sich deswegen, fand aber einen gewissen Trost in der Tatsache, dass trotzdem genügend getauft wurde.
    Während Miss Marple ihr Frühstück einnahm, legte sie ihre Tageseinteilung fest. Schwer war das ja nicht. Zuerst kam das Aufstehen, nicht zu rasch, denn es war heiß, und ihre Finger waren nicht mehr so geschmeidig wie ehedem. Dann, nach einem Viertelstündchen Verschnaufen, würde sie ihr Strickzeug nehmen und sich auf den Weg zum Hotel machen. Dabei konnte sie überlegen, ob sie von der Terrasse aus den Blick aufs Meer genießen oder am Badestrand den Badenden und den Kindern zusehen wollte. Meist entschied sie sich für den Strand. Später, nach dem Mittagsschläfchen, konnte sie vielleicht eine Spazierfahrt machen, aber das war nicht so wichtig. Eben ein weiterer Tag wie alle anderen hier, sagte sie sich. Aber es sollte anders kommen.
    Im Begriff, ihr Tagesprogramm auszuführen, war Miss Marple eben auf dem Weg zum Hotel, als sie Molly Kendal traf. Diesmal lächelte
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