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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire
Autoren: Agatha Christie
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war groß, geräuschvoll und gut gelaunt. Er und Lucky schienen Kanadier oder Amerikaner zu sein.
    Dann blickte sie auf Major Palgrave, der sich noch immer in gemachter Bonhomie gefiel.
    Recht interessant…

2
     
    D iesen Abend ging es im Golden Palm Hotel sehr fröhlich zu.
    Von ihrem kleinen Ecktisch aus nahm Miss Marple interessiert an allem Anteil. Der Speisesaal, nach drei Seiten offen, war erfüllt von der warmen, duftenden Luft Westindiens, die kleinen Tischlampen verbreiteten dezent gefärbtes Licht, und die Mehrzahl der Damen war im Abendkleid: braun gebrannte Schultern und Arme kontrastierten mit hellen Baumwolldessins. Miss Marple selbst trug graue Spitze. Zwar war sie von Joan, der Frau ihres Neffen, auf die reizendste Art genötigt worden, einen »kleinen Scheck« anzunehmen, denn es würde hier draußen eher heiß sein, und sie besitze doch keine sehr dünnen Kleider und so.
    Jane Marple hatte den Scheck mit Dank angenommen. Zu ihrer Zeit hatten die Alten noch die Jungen unterstützt. Dennoch brachte sie es nicht übers Herz, etwas wirklich Dünnes zu kaufen. In ihrem Alter fühlte sie sich auch bei heißester Witterung nur angenehm erwärmt, und überdies herrschte auf St. Honoré eine wirklich tropische Hitze. So trug also Miss Marple heute nach bestem englischen Provinzdamenherkommen graue Spitze.
    Nicht, dass sie der einzige ältere Gast gewesen wäre. Es gab Vertreter aller Altersstufen in dem Raum. Da waren alternde Geldleute mit ihren jungen Frauen in dritter oder vierter Ehe, da gab es Paare mittleren Alters aus dem Norden Englands, und da war eine fröhliche Familie aus Caracas samt ihren Kindern. Lateinamerika war gut vertreten, wie die spanisch oder portugiesisch geführten Unterhaltungen bewiesen. Den soliden englischen Hintergrund lieferten zwei geistliche Herren, ein Arzt und ein pensionierter Richter. Sogar eine chinesische Familie war da. Die Bedienung im Speisesaal oblag hauptsächlich den großen farbigen Mädchen in stolzer Haltung und frischem Weiß, aber es gab einen erfahrenen italienischen Ober, einen französischen Weinkellner, und über alles wachte Tim Kendal, der da und dort stehen blieb, um mit den Gästen ein paar freundliche Worte zu wechseln. Seine Frau unterstützte ihn nach Kräften. Gut aussehend und stets guter Laune, passte sie ihr Verhalten dem der verschiedenen Gäste an, lachte und flirtete mit den älteren Herren und machte den jüngeren Damen Komplimente wegen ihrer Kleider.
    Bei Miss Marples Tisch blieb sie nicht stehen.
    »Netten alten Damen ist ein Mann weitaus lieber«, pflegte sie zu sagen.
    Tim Kendal trat herzu und beugte sich über Miss Marple. »Keinen besonderen Wunsch?«, fragte er. »Sie brauchen es mir nur zu sagen, ich lasse alles speziell für Sie zubereiten! Diese halbtropische Hotelkost entspricht doch sicher nicht ganz Ihrem heimischen Geschmack.«
    Lächelnd meinte Miss Marple, auch um dieses Vergnügens willen sei sie herübergekommen.
    »Nun, das hört man gern. Aber falls es doch etwas gibt.«
    »Was meinen Sie denn?«
    »Nun – « meinte Tim Kendal zweifelnd, »vielleicht einen Brotpudding?«
    Aber Miss Marple beteuerte lächelnd, sie könne im Augenblick recht gut ohne diese Speise auskommen. Dann begann sie mit sichtlichem Behagen ihr Fruchteis auszulöffeln.
    Die Kapelle begann zu spielen. Sie gehörte zu den Hauptattraktionen der Insel. In Wahrheit hätte Miss Marple sehr gut ohne sie leben können. Für sie war das schrecklicher Lärm, sonst nichts. Aber da dieser Lärm allen anderen unleugbar gefiel, war auch Miss Marple gewillt, daran Gefallen zu finden. Schließlich konnte sie von Tim Kendal wirklich nicht verlangen, er solle von irgendwoher die gedämpften Klänge des Donauwalzers beschwören – obwohl Walzertanzen so graziös war! Heutzutage tanzten die Leute ja recht sonderbar. Das tobte mit verzerrten Gesichtern herum – nun ja, Jugend will sich eben austoben… Ihre Gedanken stockten: Wer von diesen Leuten war denn eigentlich jung? Ein Ort wie dieser war zu weit weg und für die Jugend viel zu teuer! Dieses frohe, sorgenlose Leben war den Dreißigern, den Vierzigern und den älteren Herren vorbehalten, die sich ihren jungen Frauen anzupassen suchten. Schade drum!
    Dabei sehnte Miss Marple sich nach jungen Leuten! Natürlich, es gab Mrs Kendal. Sie war nicht älter als zwei- oder dreiundzwanzig und schien sich blendend zu unterhalten – aber das tat sie von Berufs wegen!
    An einem der Nachbartische saßen Kanonikus
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