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Karibische Affaire

Karibische Affaire

Titel: Karibische Affaire
Autoren: Agatha Christie
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glauben, dass so etwas vorkommt.«
    »Oh, ich schon«, sagte Miss Marple seelenruhig. »So was passiert jeden Tag.«
    »Na, hören Sie – das ist doch Fantasterei!«
    »Warum? Wenn ein Mann ein Rezept findet, das funktioniert, dann hört er nicht auf. Dann macht er weiter.«
    »Sie meinen, wie seinerzeit der ›Badewannenmörder‹?«
    »Ja, so ungefähr.«
    »Mein Doktor hat mir das Foto überlassen, als Kuriosum.«
    Major Palgrave begann in seiner vollgestopften Brieftasche zu stöbern: »Was da alles drin ist – möchte’ wissen, warum ich das Zeug aufbewahre…«
    Miss Marple glaubte den Grund zu wissen. Das war sozusagen die Requisitenkammer des Majors, die Dokumentation seiner Geschichten. Was er eben erzählt hatte, mochte ursprünglich gar nicht so gelautet haben, war nur im Laufe wiederholter Erzählungen zu dieser Form gediehen.
    Der Major stöberte weiter und brummte dazu. »Über diese Geschichte ist längst Gras gewachsen… Sie war eine gut aussehende Frau, man hätte nie geglaubt… Also wo hab’ ich… Ah! Das erinnert mich… Was für Stoßzähne… Das muss ich Ihnen auch noch zeigen…«
    Erhielt inne, zog eine kleine Fotografie heraus und starrte sie an.
    »Wollen Sie das Bild eines Mörders sehen?«
    Schon im Begriffe, ihr das Bild zu reichen, hielt er mitten in der Bewegung an. Dabei erinnerte er mehr als je an einen ausgestopften Frosch, denn er starrte unverwandt über Miss Marples rechte Schulter in die Richtung, aus der das Geräusch sich nähernder Schritte und Stimmen drang.
    »Also, ich will verdammt – ich meine…« Er stopfte alles in die Brieftasche zurück und verwahrte sie in seiner Tasche. Sein Gesicht wurde noch um eine Spur röter, und dann sprach er mit lauter, gekünstelter Stimme: »Wie gesagt, ich hätte Ihnen gerne diese Stoßzähne gezeigt! Der größte Elefant, den ich je geschossen habe – ah, hallo!« Er rief es mit unechter Herzlichkeit. »Sieh da, sieh da, unser Kleeblatt, Flora und Fauna – wie war’s heute mit Ihrem Glück – ha?«
    Miss Marple kannte die vier jetzt herzutretenden Hotelgäste bereits vom Sehen. Es waren zwei Ehepaare, von denen der große Mann mit dem dichten grauen Haarschopf »Greg« gerufen wurde. Sie wusste, dass seine goldblonde Frau Lucky hieß – und dass das andere Ehepaar, der schlanke dunkle Mann und die gut aussehende, wenn auch schon etwas verwitterte Frau, Edward und Evelyn hießen. Sie waren Botaniker, aber auch an Ornithologie interessiert.
    »Überhaupt kein Glück«, sagte Greg. »Zumindest nicht mit dem, was wir eigentlich unternehmen wollten.«
    »Ich weiß nicht, ob Sie Miss Marple kennen? Mr und Mrs Oberst Hillingdon und Greg und Lucky Dyson.«
    Alle begrüßten Miss Marple freundlich, und Lucky sagte lärmend, dass sie sterben werde, falls sie nicht sofort oder womöglich noch schneller was zu trinken bekäme.
    Greg nickte Tim Kendal zu, der in einiger Entfernung mit seiner Frau über den Rechnungsbüchern saß.
    »Hallo, Tim, bringen Sie uns bitte ein paar Drinks!« Er wandte sich an die anderen: »Plantagen-Punsch?«
    Man war einverstanden.
    »Auch für Sie, Miss Marple?«
    Miss Marple dankte. Sie würde lieber frischen Zitronensaft nehmen.
    »Also dann frischen Zitronensaft«, sagte Tim Kendal, »und fünfmal Plantagen-Punsch.«
    »Sie trinken doch auch einen, Tim?«
    »Gern, aber vorher muss ich diese Rechnungen in Ordnung bringen, ich kann Molly nicht alles allein machen lassen. Übrigens, heute Abend haben wir eine neue Tanzkapelle im Haus.«
    »Bravo!«, rief Lucky. Dann zuckte sie zusammen. »Verdammt, ich bin ganz voller Dornen! Autsch! Edward hat mich absichtlich in einen Dornbusch gestoßen!«
    »Wunderschöne rosa Blüten«, sagte Hillingdon.
    »Und wunderschöne lange Dornen dazu! Ein brutaler Sadist bist du, Edward!«
    »Gar nicht wie ich«, sagte Greg grinsend. »Ich bin voll Milch der frommen Denkungsart.«
    Evelyn Hillingdon setzte sich zu Miss Marple und begann auf angenehm leichte Art mit ihr zu plaudern.
    Miss Marple legte ihre Strickerei in den Schoß. Langsam und durch ihr Muskelrheuma behindert, wandte sie den Kopf und blickte über die rechte Schulter. Dort stand der große Bungalow, den der reiche Mr Rafiel bewohnte. Aber nichts regte sich dort.
    Sie gab die passenden Antworten – wirklich, die Leute waren so nett zu ihr! –, aber ihre Augen prüften nachdenklich die Gesichter der beiden Männer.
    Edward Hillingdon schien ein netter Mensch zu sein, ruhig, aber mit sehr viel Charme. Und Greg
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