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Frauen lügen

Frauen lügen

Titel: Frauen lügen
Autoren: Eva Ehley
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Montag, 15 . August, 2.30  Uhr,
Hotel
Friesenperle
, Rantum
    Ein gewaltiger Donnerschlag kracht durch die Sylter Sommernacht. Der starke Regen, der seit Stunden fällt, kann die Lautstärke kaum dämpfen. Blauschwarze Wolken türmen sich am Horizont und geben ihn nur für die grellen Blitze frei, die einander jetzt im Sekundenabstand folgen und fast zeitgleich mit dem Donnern den Himmel zerteilen. Das Zentrum des Gewitters muss sich direkt über Rantum befinden.
    Albert Dornfeldt, der Geschäftsführer des kleinen aber sehr feinen Hotels
Friesenperle
, fährt aus dem Schlaf. Nur selten übernachtet er in der
Friesenperle
, aber am Wochenende hat die Tochter eines Wirtschaftsmagnaten hier ihre Hochzeit gefeiert, die letzten Gäste sind erst am vergangenen Abend abgereist, und das frischgetraute Paar wird auch die Flitterwochen hier verbringen. Während der Hochzeitsfeierlichkeiten war der Geschäftsführer Tag und Nacht anwesend, um sicherzustellen, dass alles glattlief. Doch ab morgen wird er wieder in sein Apartment nach Morsum übersiedeln.
    Ab morgen? Albert Dornfeldt sieht auf die Uhr und stellt fest, dass es bereits halb drei in der Nacht ist. Wieder geht ein Donner nieder, und ein Blitz zuckt über den Himmel. Zum Glück sind die Blitzableiter auf den Reetdächern des Hotelkomplexes ordnungsgemäß installiert. Obwohl also kein Grund zur Sorge besteht, ist Dornfeldt unruhig. Der Geschäftsführer der
Friesenperle
ist generell ein ängstlicher Mensch, auch wenn er seit Jahren ein smartes und selbstsicheres Auftreten kultiviert. Aus kleinen Verhältnissen kommend, hat Dornfeldt sich nach dem Besuch einer Hotelfachschule hochgearbeitet. Er ist stolz darauf, seit drei Jahren die Rantumer Luxusherberge zu leiten, zumal er mit seinen 28  Jahren sicher einer der jüngsten Hotelmanager Deutschlands ist.
    Da seine Nachtruhe sowieso dahin ist, steht er auf und tritt ans Fenster.
    Draußen scheint die Welt unterzugehen. Ein scharfer Wind lässt die Fahnenmasten klirren und peitscht die Gräser auf der Dünenkette, die sich direkt hinter dem Hotel erstreckt und bis an den Nordseestrand reicht. Das Brüllen des Meeres ist deutlich zu hören, und Dornfeldt kann sich die Zustände am Strand sehr gut vorstellen. Die Strandkorbwärter werden morgen alle Hände voll zu tun haben, um die vollgelaufenen und beschädigten Körbe zu bergen.
    Als ein besonders heftiger Knall ertönt, fährt Albert Dornfeldt zusammen. Gleichzeitig scheint ein gleißend heller Blitz direkt vor seinem Fenster einzuschlagen. Noch Sekunden später fühlt sich Dornfeldt, als sei er erblindet, und nur langsam gewöhnen sich seine Augen wieder an das Dunkel der Nacht. Doch hat sich in der Zwischenzeit die Beleuchtung geändert? Oder ist es immer noch die Nachwirkung des Blitzes, die diesen rötlichen Schimmer am linken Rand seines Gesichtsfeldes verursacht?
    Dornfeldt öffnet das Fenster, wobei er darauf achtet, beide Flügel mit kräftigem Griff festzuhalten, damit der Sturm sie ihm nicht aus den Händen reißen kann. Dann beugt er sich weit hinaus.
    Was er erblickt, lässt seinen Atem stocken. Der flache Anbau mit dem Speisesaal, der sich links vom Hauptgebäude befindet, steht in Flammen. Blaugelb schlagen sie aus den Fenstern, deren Scheiben eine nach der anderen mit schrillem Ton platzen. Schon lecken die ersten Flammen an dem weit vorstehenden Reet des Daches.
    Albert Dornfeldt lässt die Fensterflügel los, reißt sein Handy vom Nachttisch und gibt hektisch die Nummer der Feuerwehr ein.

Montag, 15 . August, 2.36  Uhr,
Rantumer Hauptstraße
    Schnell muss es gehen, das ist die Hauptsache. Raus aus dem Ort und rauf auf die Landstraße. Bei diesem Wetter ist hier niemand außer mir – und das ist auch besser so. Nichts zu sehen vorn und nichts zu sehen an den Seiten. Nur Wasser, das wie aus Eimern gegossen herabfällt, eine einzige Mauer aus Nassem direkt vor der Windschutzscheibe. Die Scheinwerfer geben Licht für höchstens fünf Meter, danach beginnt die Finsternis, klatschnass, düster, leer. Hoffentlich leer, denn wenn jetzt jemand auf der Straße stehen geblieben ist, weil die Sicht so miserabel ist, dann rausche ich drauf, obwohl ich nur dreißig fahre. Mehr ist nicht drin, auch wenn ich natürlich sehr unter Zeitdruck stehe, denn ich habe noch einiges vor. Schließlich gilt es, eine Spur zu legen, die nicht so ohne weiteres gefunden werden soll. Doch später, wenn die Zeit reif dafür sein wird, sollen der Polizei die Augen aufgehen. Dann
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