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Kapitalismus Forever

Kapitalismus Forever

Titel: Kapitalismus Forever
Autoren: W Pohrt
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toter Mensch, und ein freier Mensch.« Der genaue Wortlaut dürfte ein anderer sein, fast fünfzig Jahre sind eine lange Zeit.
    Schaut man sich heute Algerien an, so muss man zu dem Schluss kommen: Das Land hätte ruhig auch französische Kolonie bleiben können. Die vielen Menschen, die in der algerischen Revolution umgekommen sind, hätten vermutlich länger gelebt. Es ist doch so egal, welche Clique das Land ausbeutet und die Öl-Milliarden in die eigene Tasche steckt. Schwacher Trost, dass man sagen könnte: Es war für den Fortschritt. Welchen eigentlich?
    Der Fortschritt besteht darin, dass einer sozial berechtigten Rebellion das völkische oder nationalistische oder religiöse Motiv abhanden gekommen ist. Und ohne diese miesen, ekelhaften Motive scheint sie nicht zu funktionieren. Genau wie hier, wo eine Belegschaft zum Hottentottenstamm mutiert und die Proletarier sich plötzlich »Opelaner« nennen, um Stimmung gegen General Motors zu machen.
    Der Opelaner – mir gefällt der Name, so treffend – ist für Gysi das, was für Marx der Proletarier gewesen war. Was ist der Unterschied?
    Der Proletarier will das Kapital weltweit enteignen und verjagen.
    Der Opelaner will, ganz im Gegenteil, dass das Kapital im Stammesgebiet der Opelaner bleibt oder dorthin kommt, je mehr, desto besser.
    Der Proletarier kämpft um höhere Löhne. Seine Waffe im Arbeitskampf ist die Arbeitsverweigerung, der Streik.
    Der Opelaner kämpft um seinen Arbeitsplatz. Seine Waffen im Kampf sind Lohnverzicht und unbezahlte Mehrarbeit.
    Der Proletarier sagt zum Kapital: Verschwinde!
    Der Opelaner sagt zum Kapital, dabei vor Demut auf dem Bauche kriechend: »Bitte, geh nicht fort! Bleib hier bei mir! Ich tu auch alles was du willst.«
    Aber das Kapital hört nicht auf das Geflenne. Und das ist der Punkt, wo man seine Sympathie für den Kapitalismus entdecken kann. Er praktiziert den Internationalismus, von dem die Sozialisten immer nur in ihren Sonntagsreden geschwafelt haben.

Globalisierung ist, wenn aus Kolonialvölkern Konkurrenten werden
    Natürlich sehen die Globalisierungskritiker das ganz anders, weil sie nicht wissen, wovon sie reden. Die Globalisierung fing vor 400 Jahren an und erreichte ihren ersten Höhepunkt mit dem Imperialismus Ende des 19. Jahrhunderts. Globalisierungskritiker gab es damals nicht. Globalisierungskritiker gibt es erst, seit aus Kolonialvölkern konkurrierende Nationen wurden, extrem erfolgreiche und überlegene Konkurrenten, die sogenannten Schwellenländer.
    Das soziale Elend dort wird hier gerne in den grellsten Farben gemalt, und ein beliebtes Schreckbild ist es, den Beschäftigten in Deutschland ein Lohnniveau wie in China zu prophezeien, wenn die Globalisierung hemmungslos weiterwüten dürfe. Tatsache ist aber, dass VW und andere Hersteller einen großen Teil ihrer Produktion in China verkaufen, woraus man schließen muss, dass immer mehr Chinesen sich ein Auto leisten können, und also der Wohlstand auch dort für die entsprechenden Klassen und Schichten kein Fremdwort ist.
    Es ist bezeichnend für die Verlogenheit eines Marxismus, der nicht mehr an sich selbst glaubt und doch nach außen so tut, dass die Linken hier im Verein mit allen bodenständigen Kräften sich gegen diese Entwicklung stemmen, die einheitliche Lebensverhältnisse auf der ganzen Welt herbeiführt. Marx hatte noch genau darin, also in der Schaffung einheitlicher Produktions- und Lebensverhältnisse auf der ganzen Welt, die damals freilich viel kleiner war, die Voraussetzung für eine sozialistische Weltrevolution gesehen.
    Also wenn man schon so tut, wie wenn man noch Marxist oder Sozialist oder so was wäre, dann sollte man doch wenigstens so konsequent sein und so ehrlich, jene Dumpinglöhne zu begrüßen, die hier das Einkommensniveau auf eine Höhe mit dem chinesischen bringen, weil diese Dumpinglöhne die Voraussetzung dafür wären, dass nicht nur in einem Land, sondern auf der ganzen Welt die Arbeiterklasse sich gegen die Herrschaft des Kapitals erhebt.
    Aber nichts davon. Auch Gremliza klammert sich an die Hoffnung, das europäische Ausland werde gegen die Absicht des deutschen Kapitals, »ein Europa der Dumpinglöhne« durchzusetzen, rebellieren mit Streiks etc. Also Besitzstandswahrung im Altenheim. Das mag ja ganz nett sein, aber eine revolutionäre Perspektive ist es mit Sicherheit nicht.
    Die Mühle dreht sich eben weiter. Die einen steigen ab, die anderen steigen auf, wie im Paternoster. Jahrhundertelang hat Europa
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