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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph
Autoren: Andreas Brandhorst
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installieren und programmieren, als es normalen Menschen möglich gewesen wäre. Gelegentlich hatte Eklund den Eindruck gewonnen, dass sie sogar wie Maschinen dachten. Ihre Welt mochte ihnen alles bieten, was sie sich wünschten, aber für den Jungen war es eine kalte Welt, ohne Emotionen, ohne Träume, ohne Phantasie. Eine Welt, in der selbst ein Lächeln keinen Platz hatte. Eine sterile Welt, in der das Leben allein den Gesetzen von Logik und Zweckmäßigkeit folgte.
    Kerberos war das genaue Gegenteil von Maximilius – hier gab es jede Menge Platz für Träume, auch wenn die meisten von ihnen illusionär und gefährlich waren, geschaffen von den zahlreichen Drogen des Planeten. Aber darum ging es Eklund nicht. Ihm ging es um eine Wärme, die er hier zum ersten Mal in seinem Leben spürte, tief im Innern, eine Wärme, die das Gefühl in ihm schuf, von einer liebevollen Mutter umarmt zu werden. Ja, so war es, und auch anders, auf eine Weise anders, für die der Junge keine Worte fand. Etwas hieß ihn hier willkommen. Etwas sagte ihm: Hier bist du zu Hause. Bleib.
    Die Gebäude aus Synthomasse blieben hinter Eklund zurück, und er erreichte das Ufer. Dort verharrte er, rang nach Atem und bemerkte mehrere Jungen – einige Jahre jünger als er und nur mit Badehosen bekleidet –, die von hohen Felsen auf kleinere sprangen, zwischen ihnen kletterten und dabei versuchten, sich gegenseitig an Tollkühnheit und Geschick zu überbieten. Sie warfen ihm neugierige Blicke zu, aber er achtete nicht auf sie, nahm auf einem Steinblock Platz, wandte das Gesicht der Brise zu und genoss die vom Wind gebrachte Kühle.
    Während die anderen Jungen in der Nähe ihre Akrobatik fortsetzten, sah Eklund übers Meer und genoss das herrliche, wie berauschende Gefühl der Freiheit. Er war entkommen! Ein neues Leben lag vor ihm.
    Doch dann, tief in ihm, regten sich Zweifel, und mit einer Rationalität, auf die Miliana und Primor vielleicht stolz gewesen wären, fragte er sich, ob er richtig gehandelt hatte. Dies war eine fremde Welt, die er erst seit wenigen Monaten kannte; wie sollte er hier ganz allein zurechtkommen, ohne Familie, ohne jemanden, der sich um ihn kümmerte?
    Er drehte den Kopf, sah zurück zum schwarzen Berg des Kantaki-Schiffes beim Raumhafen und begriff: Er war geflohen, aber die endgültige Entscheidung stand noch aus, musste hier und jetzt getroffen werden. Noch konnte er zurückkehren…
    … in die Kuppelstädte von Maximilius, in Zimmer und Korridore aus Synthomasse und Stahlkeramik, in kaltes, künstliches Licht, in eine Welt mit klaren Regeln, die Sicherheit gewährten, aber keine Geborgenheit. Und wieder erlebte er es, das Gefühl, auf Kerberos willkommen zu sein, der Eindruck von mütterlicher Wärme. Aber war es richtig, allein aufgrund eines solchen Eindrucks das Leben aufzugeben, das er bisher geführt hatte? Und wie würden seine Adoptiveltern reagieren, wenn sie merkten, dass er weggelaufen war? Würden sie traurig sein? Konnten sie überhaupt traurig sein?
    Während Eklund dasaß, dem Rauschen der Wellen lauschte und mit seinem schlechten Gewissen rang, ertönte neben ihm ein erschrockener Schrei, und aus dem Augenwinkel sah er, wie einer der Jungen fiel. Sofort sprang er auf und eilte zum Unglücksort, ebenso wie die anderen Jungen.
    Der Gestürzte kniete zwischen zwei Felsen im seichten Wasser und hielt sich den rechten Arm mit dem aufgeschlagenen, blutigen Ellenbogen.
    »Du hättest besser aufpassen sollen, Bruni«, sagte einer der Jungen.
    »Tut es weh?«, fragte ein anderer mitfühlend.
    Der Gefallene nickte mit schmerzerfüllter Miene.
    Eklund trat näher. »Lass mal sehen«, sagte er und kam sich in der Schar kleinerer Jungen fast wie ein Erwachsener vor. Er trat an den Verletzten heran, berührte ihn am Arm und…
    Das Gefühl der Wärme wurde stärker, und mit dem geistigen Auge sah er ein Tor, ein altes Portal, das sich vor ihm öffnete. Er versuchte, das Bild festzuhalten, aber es entglitt seinen mentalen Händen und verschwand.
    »He!«, rief einer der Jungen. »Er ist wieder gesund!«
    Eklund blinzelte. Es konnten nicht mehr als einige wenige Sekunden vergangen sein, doch der Arm des Gestürzten hatte sich verändert – nichts deutete mehr auf eine Verletzung hin.
    Bruni bewegte den Arm, erstaunt und froh. »Ist wieder alles in Ordnung. Tut nicht mehr weh.«
    »Bist du ein Heiler?«, fragte einer der anderen Jungen.
    »Nein«, antwortete Eklund verwirrt. »Nein, ich…«
    »Vielleicht
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