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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph
Autoren: Andreas Brandhorst
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installieren und starten konnte. Das ließ sich zwar bewerkstelligen, in einem gewissen Rahmen. Aber das Grundprogramm musste bereits in der ersten Zelle enthalten sein, als ein integraler Bestandteil der Formationsmatrix und somit der Struktur des Wesens.
    Rubens Lorgard seufzte, atmete tief durch, trat zum Display und setzte sich mit dem Raumhafen in Verbindung. Das Bild einer jungen Frau erschien vor ihm. Sie erkannte ihn sofort. »Sie wünschen, Direktor?«
    »Eine Transverbindung mit Lukert Turannen, Globaldirektor von New Human Design und Koordinator des Konsortiums. Er müsste sich auf Rodriguez im Panthon-System befinden. Wenn Sie ihn dort nicht erreichen, versuchen Sie es auf Tintiran im Mirlur-System.« Vielleicht hat er sich schon in Valdorians Villa einquartiert, dachte er. »Es könnte ein wenig dauern, Direktor.«
    Lorgard nickte. »Oberste Priorität. Ich warte.«

2 Fenster in die Vergangenheit
     
Kerberos
14. Januar 340 SN
     
    Als Eklund durch die breiten Fenster des Raumhafenterminals den schwarzen Giganten des Kantaki-Schiffes sah, das seine Adoptiveltern und ihn fortbringen sollte, reifte die prickelnde Unruhe in ihm zu einer Entscheidung.
    Der Dreizehnjährige entschuldigte sich mit dem Hinweis, auf die Toilette zu müssen, aber bevor er sie erreichte, trat er in einen Seitengang und verließ das Terminal durch einen Nebenausgang. Zuerst ging er langsam, im Schatten des wie ein Berg aufragenden schwarzen Schiffes, überrascht und erfreut von seinem Mut. Aus irgendeinem Grund rechnete er damit, dass die Leute, denen er begegnete, mit dem Finger auf ihn zeigen und »Hier ist er! Hier ist er!« rufen würden, aber nichts dergleichen geschah. Es heulten auch keine Alarmsirenen; die Welt blieb unbeeindruckt von Eklunds Flucht. Doch die kindliche Phantasie gaukelte ihm Dutzende von Augen vor, die ihn beobachteten. Und so ging er immer schneller, bis er schließlich lief, in der schwülen Hitze des Nachmittags und durch die Stadt, die im Delta des Flusses Acheron wuchs, sich immer weiter an den Ufern des breiten Stroms und auf den vielen Inseln ausdehnte. Er lief, so schnell er konnte, trotz der Hitze, die ihm den Schweiß aus den Poren trieb, doch den Erinnerungsstimmen konnte er nicht entkommen.
    Wir sind mit der Installation der Netzwerke fertig, hatte Miliana gesagt. Da s bedeutet, wir können Kerberos früher als geplant verlassen.
    Levitatorwagen surrten über Eklund hinweg, und einige Sekunden lang fürchtete er, dass seine Eltern bereits die Sekuritos verständigt hatten und nach ihm suchen ließen.
    Eine Welt voller Irrationalität, hatte Primor hinzugefügt. Ich kehre ihr gern den Rücken.
    Eklund lief und lief, über Stege und kleine Brücken, die Inseln im breiten Delta miteinander verbanden.
    Du kommst mit uns. Wir sind deine Eltern. Wir bestimmen für dich.
    »Aber ihr seid nicht meine richtigen Eltern«, stieß Eklund hervor und rannte durch Verkehrskorridore, in denen um diese Zeit nur wenig Verkehr herrschte. Weiter vorn, hinter mehreren Gebäuden aus Synthomasse, erstreckte sich ein Uferbereich, und er hörte bereits die Wellen des Riffmeers, die dort an Felsen klatschten.
    Noch immer hielt ihn niemand fest; noch immer hatte man keine energetische Fessel nach ihm geworfen. Die Welt blieb gleichgültig.
    Zurück nach Maximilius, der Heimat von Miliana und Primor? Die Vorstellung entsetzte Eklund, nachdem er Kerberos kennen gelernt hatte. Er war ebenso auf Maximilius geboren wie seine Adoptiveltern, aber im Gegensatz zu ihnen zählte er nicht zu den Neuen Menschen. Er fragte sich noch immer, warum sie ihn überhaupt nach dem Tod seiner leiblichen Eltern adoptiert hatten. Angesichts ihrer emotionalen Kälte kamen Anteilnahme oder Sympathie kaum in Frage. Er vermutete, dass sie bestrebt gewesen waren, durch ihn den Mangel an eigenen Gefühlen zu kompensieren. Eine sehr irrationale Entscheidung von Personen, die Rationalität zu einem Lebensprinzip gemacht hatten. Vielleicht waren sie auch der Meinung gewesen, Verantwortung übernehmen zu müssen.
    Während er lief – nicht mehr ganz so schnell, weil er außer Atem zu geraten drohte, die leichte Kleidung schweißnass –, huschten Erinnerungsbilder an seinem inneren Auge vorbei und zeigten ihm die Welt, die sie vor einem guten Jahr verlassen hatten. Miliana und Primor waren Datenservo-Experten, spezialisiert auf Netzwerke. Auf eine Weise, die Eklund nicht verstand, konnten sie sich mit Datenservi verbinden und sie weitaus effizienter
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