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Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Titel: Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)
Autoren: Kirstin Warschau
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meine Freundin hier braucht einen Arzt.«
    Keine Reaktion.
    Island wechselte den Tonfall.
    »Wir beide sind Polizistinnen, und es wird sowieso nicht mehr lange dauern, bis man uns hier findet. Die Kollegen sind bereits verständigt, und dann ist der Spaß für euch vorbei. Du kannst jetzt noch rauskommen aus der Sache, wenn du uns gehen lässt.«
    Die junge Frau schüttelte den Kopf. Auf ihrem nackten Oberarm prangte das schwarze Tattoo mit dem Porträt des grimmig dreinblickenden, bärtigen Mannes, umrahmt von einer geflügelten Engelsfigur auf einer Wolke, die ein koggenähnliches Schiff in den Händen hielt. Vasco Da Gama.
    »Was war das eigentlich für eine Story mit eurem Schutzheiligen?«, versuchte es Island noch einmal mit der Kumpelmasche. »Interessiert mich echt.«
    Die junge Frau sah sie misstrauisch an.
    Sie musste es irgendwie hinbekommen, sie zum Reden zu bringen und abzulenken. Sie musste irgendetwas tun, damit Marthe einen Fehler machte und sie abhauen konnten. Wenn sie bloß nicht so unbeweglich wäre und so voller grässlicher, lähmender Furcht. Und wenn Henna nicht in so einem erbärmlichen Zustand gewesen wäre. Ja, wenn. Aber Henna saß nur da und hielt sich stöhnend den Magen. Ihr Atem roch nach Aceton, ein Geruch wie Nagellackentferner.
    »Mir ist so schlecht«, wimmerte sie.
    »Warum Vasco Da Gama?«, wandte sich Island laut an das Mädchen. Und weil sie keine Antwort erhielt, redete sie einfach weiter. »Ich kann mir vorstellen, warum. Damals, zur Zeit der großen Entdecker, da gab es noch richtige weiße Flecken auf den Landkarten der Welt, stimmt’s? Ihr wolltet einfach auch mal so was machen wie die großen Entdecker damals. Etwas, was noch kein anderer Mensch vor euch getan hat. Eine große, bedeutende Expedition.«
    Marthe blinzelte mit den Augenlidern.
    »So wie Vasco da Gama, nicht wahr?«
    Die junge Frau bewegte einmal den Mund, als ob sie einen Kaugummi kaute.
    »Ich weiß, warum ihr das tut«, versuchte Island jetzt zu provozieren. »Vielleicht, weil ihr zu einer Gesellschaftsschicht gehört, die schon in jungen Jahren fast alles gemacht hat. Die tollsten Reisen, die exotischsten Länder, die abgefahrensten Sportarten, die Topevents. Da wird einem schon mal langweilig, und es muss was Neues her.«
    »Was reden Sie denn da für einen Scheiß?«, platzte das Mädchen heraus. »Wir müssen das tun. Wir machen es für die Tiere in den Meeren, die das Giftzeug fressen, für die Fischer, in deren Netzen zufällig Minen landen, die dann an Bord ihrer Schiffe explodieren. Mag sein, dass die Jungs es außerdem interessant finden, weil es Kriegssachen sind. Richtige Munition eben. Es ist schon eine Herausforderung, die Dinger zu finden und hochzuholen. Aber wir können das eben. Es ist vielleicht gefährlich, aber das ist ja gerade cool.«
    »Ach, tatsächlich? Das kann ich nicht glauben. Was passiert denn, wenn euch die Bomben und Grananten aus eurem tollen Hightech-U-Boot rausfallen? Und was ist, wenn so eine Fliegerbombe zufällig in einer der Schleusenkammern detoniert, in der ihr gerade herumdümpelt?« Island spuckte verächtlich aus. Ihre Entrüstung und ihre Abscheu waren echt. »Ist das dann auch noch toll?«
    Marthe machte nervöse Bewegungen mit der Waffe. Gleich würde sie einen Fehler begehen, irgendetwas Unüberlegtes tun. Wenn Island nur nicht so träge wäre und so langsam.
    »Habt ihr Jon Theissen getötet, weil er euch auf die Schliche gekommen ist? Hat er herausgefunden, was ihr da treibt?«
    Eiskaltes Schweigen.
    »Er war an der Holtenauer Schleuse, das wissen wir. Er wurde dort beobachtet. Sicher hat er auch gesehen, wie ihr durch die Schleuse bei Strohbrück getaucht seid.«
    Die junge Frau schüttelte den Kopf, sah aber irritiert aus.
    »Und Cord Petersen? Der hat doch auch davon gewusst. Er hat euch so wunderschön die Arme tätowiert. Und dann hat er angefangen, euch zu erpressen, oder? Habt ihr ihn deshalb beseitigt?«
    Wieder ertönte ein Motorengeräusch. Diesmal schien es näher zu kommen.
    »Ist diese sogenannte Expedition es wert, zwei Morde zu begehen?«
    Verdammt noch mal, dachte Island, wann kommt endlich Verstärkung? Oder war es Paul-Walter, der zurückgekehrt war?
    Der Motor verstummte.
    »Wasser«, wimmerte Henna Franzen. »Durst.«
    Ein paar Minuten später erschienen am anderen Ende der Halle zwei Personen. Die eine trug einen Helm, sodass man ihr Gesicht nicht erkennen konnte, die andere hatte lange dunkle Haare und eine mit weißer Gaze
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