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Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Titel: Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)
Autoren: Kirstin Warschau
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nur zeigen, wie zerbrechlich ihre Sicherheit ist. Überwachung nützt gar nichts. Und wir müssen das wissen, denn wir wurden überwacht, seit wir auf der Welt sind.«
    Die Verbindung brach ab.

49
    A uf einmal und ohne Vorwarnung lief die elegante Dame auf ihren Pumps los, immer weiter in die Halle hinein. Island konnte kaum Schritt halten, so schnell stakste die Frau über Steine, Schotter und verkrüppelte Baumsetzlinge. Sie erreichte den Haufen mit der Munition, blieb davor stehen und starrte auf die rostigen Behältnisse.
    »Frau Rubi-Tüx«, begann Island, »kommen Sie, wir fahren rüber zu den Schleusen nach Holtenau. Vielleicht bekommen wir noch einmal Kontakt zu Ihrem Sohn. Es ist wichtig, dass Sie mit ihm reden. Wir werden Spezialkräfte einsetzen. Noch ist nichts Schlimmes passiert.«
    Die Gutsherrin schien sie mit ihren Worten nicht erreicht zu haben.
    »Das alles sollen die Kinder hergebracht haben?«
    »Davon müssen wir ausgehen.«
    Abwesend und in sich versunken stand Stefanie Rubi-Tüx da. In diesem Moment tat sie Island fast leid.
    »Ich bin eine schlechte Mutter«, flüsterte sie. »Ich habe alles falsch gemacht.«
    Island wählte die Nummer von Jan Dutzen. Sie hörte, wie er sich meldete, sprach aber weiter mit Frau Tüx. Mit Jan Dutzen hatte sie einen Zeugen. Sie trat näher an die reglose Frau heran und legte ihr die eine Hand auf den Oberarm.
    »Haben Sie wirklich Ihren Geliebten ermordet?«
    »Ja.« Die Frau nickte. Sie sah völlig erschöpft aus.
    »Sie haben Jon Theissen erstochen?«
    Stefanie Rubi-Tüx hatte das Kinn auf die Brust gelegt und atmete schwer. »Was soll ich noch sagen?«, stieß sie gepresst hervor. »Es ist ja doch alles auf den Filmen. Und alle scheinen es zu wissen. Mein Sohn, seine Freunde, wahrscheinlich sogar mein Mann.«
    »Frau Rubi-Tüx, wenn das so ist, dann muss ich Sie festnehmen. Ihnen wird vorgeworfen, Ihren Geliebten Jon Theissen am 4.Juli am Flemhuder See erstochen zu haben. Außerdem besteht der dringende Verdacht, dass Sie Ihren Angestellten Cord Petersen erstochen haben, weil er von Ihrer Gewalttat gegen Herrn Theissen wusste und versucht hat, Sie deswegen zu erpressen. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass alles, was Sie jetzt sagen, gegen Sie verwendet werden kann.«
    Stefanie Rubi-Tüx blickte auf. Fast sah es aus, als sei ihr in diesem Moment eine schwere Last von den schmalen Schultern genommen worden. Als habe sie sich nach diesen erlösenden Worten geradezu gesehnt.
    »Wenn Sie einverstanden sind, würde ich Ihnen gern trotzdem noch ein paar Fragen stellen«, sagte Island.
    Die Frau nickte.
    »Warum bloß haben Sie geglaubt, sie könnten Ihren Geliebten hierher nach Kreihorst einladen, ohne dass jemand etwas bemerkt?«
    Stefanie Rubi-Tüx schnaubte bitter. »Sie kennen meinen Mann nicht. Theo arbeitet immer. Er kümmert sich um seine Firmen, um seine Geschäfte, seine Angestellten und Arbeiter. Und wenn er auf Kreihorst ist, dann kümmert er sich noch zusätzlich um sein Ökoobst. In der Familie aber, also bei den Menschen, die ihm eigentlich am nächsten stehen sollten, da ist mein Mann mit Blindheit geschlagen. Er beachtet uns nicht – weder mich noch seinen Sohn. Ich habe die Erfahrung machen müssen, dass ich für meinen Mann völlig unsichtbar bin. Ich existiere, aber er sieht mich nicht. Seit Jahren schon blickt er über mich hinweg, durch mich hindurch. Dass ich eine Affäre mit einem Feriengast auf seinem Hof haben könnte, wäre für ihn ganz und gar undenkbar gewesen. Das hätte er mir niemals zugetraut. Deshalb war es eigentlich eine ganz sichere und unauffällige Sache, Jon zu Besuch zu haben.«
    »Aber was ist dann passiert? Warum ist es so schiefgegangen?«
    »Das war Lissys Schuld«, sagte die Frau, und Island sah, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten.
    »Lissy?«
    »Ich konnte ja nicht ahnen, dass er sich in diese Göre verlieben würde.« Stefanie Rubi-Tüx drehte eine Haarlocke um ihren Zeigefinger und lachte verzweifelt. »Ich konnte dabei zusehen. Von da an habe ich Höllenqualen gelitten.«
    »Was ist eigentlich in jener Nacht passiert? Wollen Sie darüber sprechen?«
    Frau Rubi-Tüx holte tief Luft. Dann begann sie wieder zu reden. Es war fast so, als führte sie ein langes, monotones Selbstgespräch.
    »Jon sagte: ›Lass uns heute Nacht tauchen gehen. Wir fahren raus an den See und sehen uns die Wollhandkrabben an.‹ Eine riesige Population hat sich im See eingenistet. Sie gehörten ursprünglich nicht hierher, sondern
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