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Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Titel: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
Autoren: Claudia Kemfert
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keineswegs billiger, wie häufig behauptet wird. Denn die Lohnnebenkosten spielen bei der Produktion von Solarzellen nur eine geringe Rolle: Die Aufwendung für Material sind der eigentliche Kostenfaktor, und sie sind überall gleich hoch. Daher muss man im Gegenteil sagen: Chinesische Unternehmen sind gegenüber den deutschen eher noch im Nachteil, da sie die für die Produktion von Solarzellen notwendige Technologie importieren müssen – und zwar von uns. Ihre Anlagen kommen fast ausschließlich von deutschen Firmen, wie etwa den Anlagenbauern RENA ,Schmid oderCentrotherm. Anders als hierzulande hat man sich in China jedoch dazu entschlossen, die Solarbranche durch Kreditgarantien und zinsgünstige Kredite finanziell zu fördern, und so können sich die Hersteller dort auf die Veränderungen des Marktes neu einstellen, während die deutsche Politik heimische Unternehmen am langen Arm verhungern lässt. Dabei ist eines so offenkundig, dass man über so viel Kurzsichtigkeit nur den Kopf schütteln kann: Der Markt für Solartechnologie wächst. Die Branche steht noch am Anfang ihrer Möglichkeiten, und zwar sowohl in Bezug auf den Stand ihrer technologischen Entwicklung als auch in Bezug auf die Erschließung weltweiter Märkte. Angesichts dieser Situation ist es kaum nachvollziehbar, wieso die Bundesregierung versucht, den Ausbau von Solaranlagen zu deckeln, indem sie festschreibt, nur so viele Anlagen zu fördern, bis eine bestimmte Gesamtleistung erreicht ist. Und dies ausgerechnet in dem Moment, in dem die Technik immer billiger wird und den Verbraucher dadurch immer weniger belastet. Wenn sich Großkonzerne wie RWE plötzlich umentscheiden und auf Solarenergie setzen, erhöht sich die Nachfrage schlagartig. Sollte es jedoch in Zukunft keine deutschen Hersteller von Solarzellen mehr geben, dann kommen solche Wachstumsschübe des Marktes bald nur noch chinesischen Unternehmen zugute. – Es verhält sich also genau umgekehrt: Unsere Solarförderung fließt keineswegs nach China, wenn aber Konzerne und Kleinanbieter auf Solarstrom umrüsten, profitieren von diesen privatwirtschaftlichen Investitionen bald tatsächlich nur noch die Chinesen.
    Um ein deutliches Signal auch an die deutsche Politik zu senden, haben wir in der Jury für den Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ( DBU ) im Jahr 2012 zwei führende Solarunternehmen ausgezeichnet. Bei der Preisverleihung des höchstdotierten europäischen Umweltpreises zeigte sich Bundesumweltminister Altmaier jedoch wenig einsichtig: Er sieht zwar die Herausforderungen der Branche, will sich aber nicht für sie einsetzen, da man, wie er in Anspielung auf einen Artikel des Spiegel sagte, ihm bereits den Vorwurf mache, er lasse sich von den Solarherstellern über den Tisch ziehen. Dabei geht es hier keinesfalls um unverhältnismäßige Subventionen, sondern schlicht und einfach darum, einer Zukunftsbranche eine Chance zu geben und sie nicht abzuwürgen.
    Noch sind deutsche Anlagenbauer weltweit gut im Geschäft. Auch die modernste Technologie wird immer noch hier entwickelt, in Forschungseinrichtungen wie zum Beispiel dem Fraunhofer-Institut ISE in Freiburg. Zum gegebenen Zeitpunkt wäre es noch möglich und sinnvoll, für deutsche Solarhersteller ein Investitionsklima zu schaffen, das es ihnen ermöglicht, mit den chinesischen Unternehmen mitzuhalten. Zugleich haben deutsche Unternehmen im Moment noch gute Chancen, sich mit technologischen Neuerungen von anderen Anbietern abzusetzen. Auch darauf verweist Eicke Weber in dem oben erwähnten Interview mit der Wirtschaftswoche : »Q-Cells ist nach wie vor ein Juwel der Hochtechnologie. Das Unternehmen ist bereit, im Sommer die sogenannte Qantum-Technologie an den Markt zu bringen, die an meinem Institut mitentwickelt worden ist.« Bei der sogenannten CPV -Technologie (Concentrated Photovoltaics) ist inzwischen ein weiterer Durchbruch gelungen, indem der Wirkungsgrad von Solarzellen erheblich gesteigert werden konnte. »Zugleich lässt sich der Zelltyp billiger herstellen. Die Markteinführung dieser Technologie bedeutet eine kleine Revolution«, wie Weber weiter ausführt. Er ergänzt, dass Deutschland mit solchen Fortschritten technisch noch vorn läge, doch inzwischen fehlen allen Unternehmern hierzulande die Mittel, damit in den Wettbewerb einzusteigen. Dabei wäre ihnen bereits geholfen, wenn die Politik die Bürgschaft für die Fertigung von neuester Technologie bis zu ihrer globalen Wettbewerbsfähigkeit
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