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Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Titel: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
Autoren: Claudia Kemfert
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übernehmen würde, wie es ja zum Beispiel beim Flugzeugbauer EADS auch heute noch üblich ist, um Investitionen in neue Modelle abzusichern. Seit ungefähr einem Jahr aber wird den Unternehmen der Geldhahn abgedreht. Die Folgen kann man sich leicht ausrechnen: Bleibt es bei einer Politik, die derzeit drauf und dran ist, den Solarmarkt aufzugeben und das Feld damit der internationalen Konkurrenz zu überlassen, dann muss man davon ausgehen, dass es langfristig auch für die Anlagenbauer schwierig werden könnte. Denn warum sollten die sich auf Dauer in Deutschland ansiedeln, wenn sie ausschließlich für chinesische Unternehmen produzieren?
    Die nach wie vor lauten Rufe gegen eine scheinbar sinnlose und überflüssige Förderung der Solartechnik erweisen sich also bei genauerem Hinsehen als Gefahr für die Entwicklung eines Wirtschaftszweiges, in dem ein großes Zukunftspotenzial liegt. Auch hier verkehrt sich eine scheinbar markt- und wirtschaftsfreundliche Politik in ihr Gegenteil. Von anfänglichen Schwierigkeiten und Rückschlägen verschreckt, zieht die deutsche Politik den Kopf ein und verzichtet auf die Gewinne, die eine wachsende Branche verspricht.
    Deutschland exportiert noch immer mehr Strom als es Importiert
    Der Einwand, Deutschland importiere Atom- und Kohlestrom aus den Nachbarländern, wurde im Zuge des Atomausstiegs laut, den die Regierung nach dem Reaktorunglück in Japan gegen den Widerstand der Energielobby durchsetzte. Es sei inkonsequent, hieß es, zugunsten der Umwelt auf Atom- und Kohlekraftwerke verzichten zu wollen, um den weniger klimafreundlichen, dafür aber billigen Strom durch die Hintertür wieder einzukaufen. – Ganz davon abgesehen, dass wir uns auf diese Weise von der ausländischen Energieversorgung abhängig machten. Die erste Reaktion von Konzernen wie RWE und Eon auf das Ausstiegsmanöver der Regierung schien diese Argumentation zu unterstreichen: Sie kündigten an, ihre Atomkraftwerke von nun an im Ausland zu bauen und zu betreiben. Inzwischen haben die Unternehmen von solchen Vorhaben jedoch abgelassen. Grund ist, dass sich Neubauprojekte überall auf der Welt höheren Sicherheitsanforderungen gegenübersehen und damit auch höheren Kosten. Darüber hinaus stoßen sie auf einen immer stärker werdenden Widerstand in der Bevölkerung, der die Regierungen dazu bewegt, sich aus der Subventionierung von Atommeilern zurückzuziehen. Dadurch aber sind viele der geplanten Neubauten von Atomkraftwerken nicht mehr finanzierbar.
    Seit im Frühjahr 2011 acht Atomkraftwerke unmittelbar abgeschaltet wurden, hat sich die Bilanz unserer Stromimporte und -exporte zu den Nachbarn in der EU tatsächlich verändert. Zuvor waren die Überkapazitäten der deutschen Stromproduktion so hoch, dass wir immer mehr Strom exportierten als importierten. Doch selbst im Jahr 2011 exportierte Deutschland noch mehr Strom, als es von den Nachbarländern einkaufte, und im Jahr 2012 stieg die exportierte Strommenge weiter an. Der alltägliche innereuropäische Handel unterliegt abhängig von der Jahreszeit unterschiedlichen Schwankungen: In Sommermonaten mit niedrigem Verbrauch und vielen Sonnenstunden produziert Deutschland einen hohen Überschuss, der in Länder mit höherem Verbrauch verkauft werden kann. Aber auch in kalten Wintermonaten exportiert Deutschland Strom beispielsweise nach Frankreich, da man dort im Winter verstärkt mit Strom heizt. Auf diese Weise nutzten die Franzosen in den letzten Jahren bereits unseren grünen Strom. Weder der Atomausstieg noch die Umstellung unserer Stromversorgung auf erneuerbare Energien führen also dazu, dass wir uns nicht mehr selbst versorgen können und dadurch in Abhängigkeit von den Nachbarn geraten – zumindest nicht stärker, als es bisher ohnehin der Fall war: Seit langem entsteht ein europaweiter Energiebinnenmarkt, der einerseits durch zahlreiche Handelsbeziehungen zwischen den Staaten gewachsen und andererseits politisch gewollt ist. Vor mehr als 40 Jahren richtete die Europäische Union dafür das Ressort des EU -Energiekommissars ein. Der erste Amtsträger von 1967 bis 1973 war ein deutscher Sozialdemokrat, und seit 2010 hat mit Günther Oettinger ( CDU ) erneut ein deutscher Politiker das Amt inne. Lange bevor das Konzept der Nachhaltigkeit und Phänomene wie Klimawandel und erneuerbare Energien in unser Bewusstsein traten, koordinierte die EU staatenübergreifend den europäischen Energiemarkt und sorgte hier für reibungslose Abläufe. Im Zuge der
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