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Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Titel: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)
Autoren: Claudia Kemfert
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gemeinschaftliche Energieprojekte zu investieren.
    Während die Energiewende sich ihren Weg bahnt, tobt in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ein Kampf um Strom , der sich zunehmend von der Sache selbst entfernt hat. Der Streit in der Energiewirtschaft um Pfründe, um Besitzstände, Macht und Monopole wird politisch noch erschwert durch eine Auseinandersetzung um Zuständigkeiten: Es geht nicht mehr nur um »Wind auf See« versus »Wind an Land«, um die kleine Photovoltaikanlage auf dem Dach gegen Großprojekte wie Desertec, um riesige Stromtrassen von Nord nach Süd gegen kleine lokale Verteilernetze, sondern es geht auch um Nord gegen Süd, Niedersachsen gegen Bayern oder Baden-Württemberg. Und selbst auf Bundesebene setzt sich dieses wirre Durcheinander fort, denn die Verantwortung für die Energiewende liegt nicht allein beim Umweltminister, sondern fällt in Teilen auch in das Ressort des Wirtschaftsministers. Darüber hinaus beschäftigen sich nahezu alle Ministerien in irgendeiner Weise mit der Energiewende. Der Kampf um Strom ist auch ein Kampf um Information: Es geht um die Deutungshoheit in Bezug auf das, was als Nächstes passieren muss. Angesichts der nach gut drei Jahren offenkundig gewordenen Uneinigkeit, die zwischen den Koalitionsparteien herrscht, hat dies dazu geführt, dass ihr erster Umweltminister, der klare Ziele für die Energiewende verfolgte, im Laufe der Regierungsperiode durch einen Politiker ersetzt wurde, der sich in der Sache selbst weniger eindeutig positioniert. Nur wenn man weder für noch gegen etwas ist, kann man, wie Umweltminister Altmaier, seine Aufgabe darin sehen, alle Seiten gleichermaßen zufriedenzustellen. Die gegenwärtige Regierung tut nichts, um die Mythen der Energiewende als solche zu entlarven. In diesem Zusammenhang verwundert es auch nicht, dass ein Porträt im Magazin Der Spiegel kaum Inhaltliches über die Energiewende zu berichten weiß, dafür aber umfassend über Altmaiers Essgewohnheiten informiert.
    Die Energiewende stellt einen gewaltigen Umbau dar. Es gilt, in vielen Einzelbereichen unterschiedlichste Stränge und lose Fäden zusammenzuhalten, zusammenzuführen oder zu einem Ende zu bringen. Unternehmenslenker, die einen Konzern grundsätzlich neu ausrichten wollen, kennen diesen Prozess, der ein wohlüberlegtes und hervorragend geführtes Change-Management erfordert. Auch der Unternehmenslenker muss die vorgegebenen Ziele gegen viele Widerstände inner- und außerhalb der Firma durchsetzen. Der mit der Energiewende eingeläutete Wandel ist im Unternehmen Deutschland längst im Gange. Doch es fehlt auf höchster Führungsebene an einer verantwortlichen Instanz, die sich dieser Aufgabe in vollem Umfang bewusst ist – und sie zentral in den Händen eines oder weniger Entscheider hält, die den Prozess organisieren. Es ist zu hoffen, dass nach der Bundestagswahl eine Politik möglich wird, die in Bezug auf die Energieversorgung zu einem klaren Konzept zurückfindet, und dass sich Politiker finden, die den Mut aufbringen, ein solches Konzept gegen den Widerstand von Lobbyisten aller Couleur durchzusetzen. Nur so kann verhindert werden, dass die Schlacht um eine kluge Umsetzung der Energiewende verloren geht.
    Die Frage, ob wir eine grüne Energieversorgung haben werden, ist längst entschieden. Jetzt geht es darum, wie diese konkret aussehen wird und wie schnell wir uns von fossilen Energieträgern, insbesondere den so umweltschädlichen Kohlekraftwerken verabschieden wollen. Und schließlich: wer daran gewinnt, und wer verliert. Deutschland hat sich eine einmalige Chance erarbeitet, der Welt für die globale Umstellung auf ein nachhaltiges, erneuerbares Energiesystem die erforderlichen Technologien anzubieten. Beim derzeitigen Stand der Dinge haben wir das großartige Potenzial, zu beweisen, dass die Energiewende in einem Industrieland nicht nur möglich ist, sondern dabei noch wirtschaftliche Vorteile bringt – allerdings nur, wenn uns in Zukunft ein besonnenes, gut koordiniertes Management des Energieumbaus gelingt.
    Während ich am Schreibtisch über den Korrekturfahnen dieses Buches sitze, verkündet die deutsche Bahn (am 29. November 2012), sie wolle ab dem 01. April nächsten Jahres alle Bahncard-Kunden kohlendioxidfrei transportieren – zu 100 Prozent. Dabei sollen jährlich 700.000 Tonnen CO 2 eingespart werden, indem die Bahn große Mengen grünen Strom einkauft und in das konzerneigene Netz einspeist. Beispiele für praktikable Lösungen gibt
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