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Kampf der Gefuehle

Titel: Kampf der Gefuehle
Autoren: Jennifer Blake
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ist es.«
    Was kümmerte es ihn denn, wie die Sache arrangiert wurde? Sie hatte das Recht, ihren guten Ruf zu schützen, und ihm war durchaus bewusst, dass er in seiner gegenwärtigen Rolle gesellschaftlich nicht akzeptabel war. Gleichwohl stieg Ärger in ihm auf.
    Er hatte nicht immer außerhalb der Gesellschaft gestanden. Als jüngerer Sohn eines Marquis, der nach seinem Bruder Anspruch auf den Titel hatte, hatte er sich einst in der obersten Londoner Gesellschaftsschicht bewegt. Sein Status war fraglos akzeptiert worden, er selbst überall willkommen gewesen. Einzig und allein seine Neigung, in gewissen Momenten auf schickliches Benehmen zu verzichten, sowie die Gerüchte über seine Vergangenheit hinderten ihn daran, Zugang zu den erlesenen Kreisen um die junge Königin und ihren Prinzgemahl aus dem Hause Sachsen-Coburg zu finden. Sein gesellschaftlicher Abstieg war seine eigene Entscheidung gewesen, eine Entscheidung, die er an dem Tag getroffen hatte, an dem er Englands grüne Ufer verließ. Das machte sein Exil freilich nicht weniger bitter.
    »Wer ist dieser Mann, den Sie derart hassen, um solche Risiken auf sich zu nehmen?«, fragte er mit tonloser Stimme. »Was hat er Ihnen angetan?«
    »Das ist meine Angelegenheit.« Sie reckte das Kinn in die Höhe, so dass das Gaslicht ihr Haar aufschimmern ließ und ihre Wangenknochen hervorhob.
    »Trotzdem könnte es nützlich sein zu wissen, ob er ein ungeschickter Tölpel oder ein renommierter Fechter ist. Im ersten Fall hätten Sie eine gewisse Aussicht auf Erfolg. Gegen einen renommierten Fechter anzutreten wäre Selbstmord.«
    »Ich brauche Unterricht, um für das Treffen vorbereitet zu sein. Die Konsequenzen brauchen Sie nicht zu interessieren.«
    Ihm fielen zahlreiche Dinge ein, in denen er sie bei privaten abendlichen Zusammenkünften gern unterrichtet hätte, Dinge, die alle nichts mit Stichwaffen zu tun hatten. Die Heftigkeit dieser impulsiven Reaktion beunruhigte ihn. Er neigte eigentlich nicht zu wilden Fantasien. Ein Mann, der seine Fantasie nicht zu zügeln vermochte, stellte auf dem Duellplatz eine Gefahr für sich selbst dar.
    »Da irren Sie sich«, antwortete er. »Ich muss an den
    Ruf meines Fechtstudios denken. Und ich lehne es ab, für den Tod eines Unschuldigen verantwortlich zu sein.«
    Sie öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, schloss ihn jedoch wieder und presste die Lippen zusammen. Ihre Hände umklammerten ihren Fächer derart fest, dass die bemalte Seide von den Elfenbeinstäben abriss. Nachdem sie tief Luft geholt hatte, wobei sich die sanften Kurven ihrer Brüste ein Stück aus ihrem seidigen Gefängnis hoben, betrachtete sie den Schaden, den sie angerichtet hatte, und strich mit zitterndem Finger den Riss glatt. »Verstehe. Sie wollen mir also nicht helfen.«
    »Ich bedaure zutiefst ..<<, begann er.
    »Vielleicht können Sie mir dann jemanden empfehlen, der entgegenkommender ist.«
    Gavin zögerte. Er konnte ein Dutzend Fechtmeister nennen, wenn auch nur ein oder zwei, die so vertrauenswürdig waren, dass sie die Dame unterrichten würden, ohne die Situation auszunutzen. Die maitre d'armes der Passage de la Bourse waren auf ihre Weise zwar durchaus ehrenhaft, aber keine Heiligen.
    »Wenn ich's recht bedenke, brauchen Sie sich die Mühe gar nicht zu machen«, fuhr sie fort, das Kinn in die Höhe reckend. »Monsieur Nowgorodtschew wird nur zu gern bereit sein, mich zu instruieren. Ich war der Ansicht, dass Sie im Vergleich zu seinen auf einer Militärakademie erworbenen Fechtkünsten vielleicht über andere Fertigkeiten, über mehr Finesse verfugen, aber dann wird das, was er mir vermitteln kann, eben ausreichen müssen.« Mit raschelndem Gewand wandte sie sich von ihm ab und schickte sich an davonzugehen.
    »Warten Sie«, stieß er mit einem Widerstreben, das seine Stimme rau klingen ließ, hervor.
    Sie hielt inne und drehte sich langsam mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihm zurück. Ihre Augen waren so dunkel wie der Himmel bei einem winterlichen Unwetter. Gleichzeitig sprühten sie jedoch vor Leben, und Hoffnung schien in ihnen aufzuschimmern. »Monsieur? «
    Es war Wahnsinn, sich darauf einzulassen. Zweifellos würde er es später bereuen. Der Grund für sein Verhalten war nur zum Teil darauf zurückzuführen, dass er sich über den Russen geärgert hatte oder vielmehr bezweifelte, dass sie bei ihm oder einem anderen Fechtmeister sicher war. Tatsache war, dass er sich langweilte. Er brauche Anregung, ein neues Interesse, ein neues
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