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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern
Autoren: M Gibert
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Vorgesetzten von der CD.
    »Ich sehe allerdings keine Verbindung von Roll oder Blochin zu Anna Hohmann. Die Frau ist schon seit Monaten nicht mehr an der Arbeit gewesen, und dass Goldberg ausgerechnet ihr die CD zugespielt hatte, nach der sie fieberhaft gesucht haben, wusste von den beiden vermutlich auch keiner. Also gibt es keine Querverbindung. Oder ich übersehe sie einfach.«
    Brandt hob den Kopf und sah ihn skeptisch an.
    »Ist mit dir wirklich alles in Ordnung?«
    »Ja, Ludger, alles in Ordnung. Ich befrage jetzt mal die Nachbarn, ob es eine Frau Roll oder eine Freundin gibt. Vielleicht ist er ja auch Mitglied in irgendeinem Golfklub oder so. Danach fahre ich zum Präsidium.«

33
    Roll war nicht verheiratet, hatte keine Freundin und lebte sehr zurückgezogen. Mehr war aus den Nachbarn des IHK-Geschäftsführers nicht herauszubekommen gewesen. Lenz stand vor dem Opel, den Hain und er benutzt hatten, und fragte sich, ob sein junger Kollege, der wahrscheinlich in diesen Minuten für die Operation vorbereitet wurde, den Autoschlüssel in seine Hose gesteckt hatte. Oder ob er ihn in der Jacke, die blutverschmiert im Haus lag, finden würde. Langsam und nachdenklich trottete er zurück, fand das blutige, total zerfledderte und aufgeschnittene Kleidungsstück und tastete es vorsichtig nach dem Autoschlüssel ab. In der rechten Außentasche wurde er fündig. Zusammen mit Hains Notizbuch kramte er ihn hervor. Ohne groß darüber nachzudenken, blätterte der Hauptkommissar in dem kleinen Merkheft, das Hain für seine Eintragungen benutzte. Vieles war für ihn wegen der undeutlichen Schrift seines Kollegen unleserlich, auf den letzten Seiten allerdings, wo Hain sich Notizen zum Fall Goldberg und zum Mord an Patzke gemacht hatte, stutze er. ›Hanne Frommert. Hat vielleicht was mit Roll!‹, hatte Hain eingetragen.
    »Hanne, Anne, Anna«, murmelte Lenz aufgeregt, schob das Buch in seine Jacke und rannte hinaus.
     
    Es war nicht viel Verkehr auf den Straßen, sodass Lenz auch ohne den Einsatz von Blaulicht und Sirene gut durch die Stadt kam. Als er am Metro-Markt vorbeifuhr, sah er rechts den Baum, gegen den Frommerts BMW geprallt war. Fünf Minuten später bog er in jene Straße ein, wo Frommerts Lebenstraum aus Beton und Glas die anderen Häuser zu Kleinimmobilien degradierte. Der Kommissar parkte hinter einem Minivan, schaltete den Motor ab und ließ die Szenerie auf sich wirken. Wenn Blochin mit seinen letzten Worten wirklich Hanne Frommert gemeint hatte, dann war nicht auszuschließen, dass Roll sich in ihrem Haus aufhielt.
    Es wäre vernünftiger, eine Horde Kollegen zu rufen, um das ganze Areal weiträumig abzuriegeln und das Arschloch auszuräuchern, dachte er kopfschüttelnd, nahm seine Pistole aus dem Holster, entsicherte sie und steckte sie zurück. Dann zog er den Zündschlüssel ab, legte ihn unter die Fußmatte des Opels und stieg aus.
     
    Während er sich dem Grundstück näherte, wanderten seine Augen von einer Straßenseite zur anderen. Noch einmal dachte der Kommissar kurz darüber nach, umzukehren und Verstärkung zu rufen. Und wieder verwarf er den Gedanken.
    Auf den letzten Metern vor dem Haus wurden seine Handflächen feucht. Er zwang sich, langsam und gleichmäßig zu gehen, sah noch einmal zurück und legte dann einen Finger auf den großen, bronzefarbenen Ring der Klingel. Als nach 30 Sekunden aus dem Innern keine Reaktion zu vernehmen war, klingelte er erneut. Eine weitere halbe Minute später sah er durch das Milchglas eine Bewegung. Die Tür wurde einen Spalt geöffnet, und er blickte in das erstaunte Gesicht von Hanne Frommert. Sie trug ein graues Kostüm, dunkle Seidenstrümpfe und schwarze, halbhohe Schuhe.
    »Guten Tag, Herr Kommissar. Was führt Sie zu mir?«
    Lenz versuchte, einen Blick in den Flur zu werfen, aber die Frau stand so geschickt, dass es ihm unmöglich war.
    »Ist er hier?«
    Sie zog die Augenbrauen hoch.
    »Von wem sprechen Sie, Herr Kommissar?«
    »Roll. Dr. Roll. Ist er hier?«
    Sie schüttelte energisch den Kopf.
    »Ich habe Herbert Roll seit seinem letzten Besuch, als auch Sie zugegen waren, nicht mehr gesehen. Und es ist befremdlich, in welchem Ton Sie mit mir sprechen. Habe ich Ihrer Meinung nach irgendetwas verbrochen?«
    Lenz sah die Frau lange und eindringlich an, bevor er antwortete.
    »Das weiß ich nicht, Frau Frommert. Was ich weiß ist, dass Dr. Roll vor gut einer Stunde meinen Kollegen niedergeschossen hat. Und dass er bis zum Hals in der Scheiße steckt,
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