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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab
Autoren: Stephen Booth
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bis zum Sommer. Ich hab so oft und so lange in das Reservoir gestarrt, dass mein Vater schon dachte, ich werde wunderlich. Aber der tote Flieger ist nie wieder aufgetaucht.«
    »Wir müssen Taucher hinunterschicken, um nach den Überresten zu suchen«, sagte Cooper. »Vielleicht müssen wir das Wasser ablassen.«
    »Das hat keinen Sinn«, sagte Malkin. »Man hat das Reservoir schon vor fünfunddreißig Jahren abgelassen.«
    »Aber...«
    »Damals war das Becken alt und hat geleckt, deshalb haben sie das Wasser abgelassen, um einen Zementboden zu legen. Seitdem ist es noch zweimal abgelassen worden, zur Instandhaltung. Man lässt ein Reservoir nicht sechzig Jahre einfach so stehen, sonst hätte es längst so viele Löcher, dass kein Tropfen Wasser mehr drinbleibt.«
    Cooper fragte sich, ob sich der alte Mann die ganze Geschichte vielleicht nur ausgedacht hatte. Aber Malkins Miene war ernst. Sein Gesicht war aschgrau, und er machte keine Anstalten, die mit dem Nebel aufziehende Feuchtigkeit von seinen Wangen zu wischen.
    »Erzählen Sie mir auch die Wahrheit, Mr Malkin?«, fragte Cooper. »Oder ist das nur eine Kinderfantasie?«
    »Jedes Wort, das ich Ihnen erzählt hab, ist wahr. Aber die Zeit vergeht, und die Dinge ändern sich. Eine Leiche bleibt nicht bis in alle Ewigkeit eine Leiche, nicht im Wasser, nicht, wenn Fische dran rumknabbern. Als das Reservoir damals abgelassen wurde, haben auf dem Boden wahrscheinlich nur noch ein paar Knochen und ein paar Stofffetzen im Schlamm gelegen. Haben Sie schon mal ein abgelassenes Reservoir gesehen? Der Schlamm liegt über einen Meter hoch, und es stinkt zum Himmel.«
    »Ja, ich erinnere mich an das Dürrejahr, in dem alle Reservoirs langsam ausgetrocknet sind. Der Gestank war meilenweit zu riechen.«
    »Damals war es sogar noch schlimmer. Es war so übel, dass man fast ohnmächtig geworden ist. Man hat den Dreck rausgebaggert und auf Lastwagen verladen. Niemand ist auf die Idee gekommen, ihn durchzusieben und nachzusehen, ob da irgendwelche Leichen drin liegen. Die wollten das Zeug so schnell wie möglich loswerden. Man hat alles auf eine Deponie gekippt, weiter drüben, wo früher mal Bents Steinbruch war. Später wurde Muttererde drübergegeben und das Ganze eingeebnet. Nach ein, zwei Jahren war alles schön mit Gras bewachsen, und heute ist es eine hervorragende Weide. Genau genommen die Weide, die Rod Whittaker für seine Schafe benutzt.«
    Malkin zeigte in Richtung Hollow Sky Farm, wo Cooper ein paar versprengte Gestalten zwischen den verbliebenen Schneeflecken erkannte.
    »Dort liegt Ihr vermisster Pilot«, sagte Malkin. »Er hilft, die Muttertiere zu weiden.«
    Cooper sah die Schafe an. Eines der Tiere hob den Kopf und erwiderte seinen Blick. Seine Kiefer mahlten unablässig, und sein Gesicht strahlte träge Überheblichkeit aus. Cooper spürte ein irrationales Aufwallen von Wut. Diese Geschichte hatte eine so dramatische Wendung genommen, nur um auf einer Wiese voller Schafe zu enden.
    »Eines hab ich mich seit damals oft gefragt«, sagte Malkin. »Was glauben Sie, hätten die Leute in Manchester wohl gesagt, wenn sie gewusst hätten, was da in ihrem Trinkwasser liegt?«
    Endlich kam der erste Streifenwagen von Harrop den Feldweg mit den Schlaglöchern heraufgeholpert. George Malkin zog seinen Mantel über und ging mit Cooper dem Wagen entgegen.
    »Diese Kanadierin... haben Sie ihr vertraut?«, fragte er.
    »Natürlich. Ich wusste, dass ihre Informationen nicht ganz korrekt waren«, antwortete Cooper. »Frank Baine hat ihr nicht alles gesagt.«
    »Das meine ich nicht. Sie wusste schon seit Dienstag, wie ihr Großvater gestorben ist. Sie ist hierher gekommen, um mich wegen der Medaille zu fragen, da hab ich es ihr erzählt.«
    Cooper blieb wie angewurzelt stehen. »Die Medaille?«
    »Ich hab sie in der Nacht, als die Maschine abgestürzt ist, im Moor aufgehoben. Sie hat in einer kleinen Ledertasche gesteckt, aber bei der ganzen Aufregung wegen dem Geld und dem Mann auf dem Eis hab ich erst viel später wieder daran gedacht. Ich hab gesehen, dass sogar der Name und die Adresse des Fliegers auf die Innenseite der Tasche gestickt waren.«
    »Dann haben Sie ihr also die Medaille geschickt!«
    »Ich hab sie zurückgeschickt, weil ich all das schon viel zu lange mit mir rumgeschleppt hab. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich wusste, dass Florence doch sterben muss. Ich wollte die Sache nicht mehr auf dem Gewissen haben. Aber ich hab keinen Absender auf den Brief
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