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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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immer Fleisch gehabt.«
    »Jedenfalls hat die Halle so viel gekostet, dass dann alles andere niedergegangen ist. Der Schlachthof ist noch immer behördlich gesperrt, weil er irgendwelche Auflagen nicht erfüllt hat.«
    »Und die Halle?«, mischte ich mich ein.
    Vesna sah mich strafend an.
    »Na die gibt es noch, da hat er Glück gehabt, da ist jetzt Fleisch von der EU drinnen. Wir zahlen alle brav dazu, dass der Herr Großkotz überleben kann. Interventionslager heißt das, interveniert haben für den genug, der hat noch immer gute Beziehungen im Landkreis.«
    »EU-Fleisch?«, fragte ich nach.
    »Na sie haben jede Menge tiefgefroren, als wegen dem BSE der Markt zusammengebrochen ist. Das müsst ihr doch auch haben in Österreich?«
    »Klar«, antwortete Vesna, »haben wir. Aber das Fleisch sollen sie gefälligst lassen, wo es ist. Die Preise sind schlecht genug.«
    »Eh wahr. Warum sagt sie überhaupt nix?« Der gesprächige Bayer deutete auf Grete. »Kann die vielleicht gar kein Deutsch?«
    Grete wurde rot. Bevor sie noch etwas erwidern konnte, antwortete Vesna für sie: »Die kann Deutsch, weil es ist ihre Muttersprache. Sie denkt nur lieber, als sie redet ununterbrochen.«
    Er schien die Anspielung nicht bemerkt zu haben. Außerdem: Seine Geschwätzigkeit war ein reines Glück für uns.
    »Und was machts ihr heute noch so?«
    Ich überlegte. Der LKW-Fahrer hatte im Zusammenhang mit Wladi von »Interventionen« gesprochen. Vielleicht war das Interventionslager gemeint gewesen. Ich wusste, dass solche Lager existierten. Was, wenn rindvieh.com das Fleisch nicht kaufte, sondern aus dem eigenen Interventionslager stahl? Das würde den Gewinn deutlich erhöhen.
    »Hat der Fleischbetrieb offen?«, fragte ich wenig diplomatisch.
    »Ich hab geglaubt, ihr wollts heute nichts von Fleisch wissen.«
    »Na so ein großer Betrieb interessiert mich doch.«
    »Das ist unsere Streberin«, sagte Vesna, »sie hat sogar höhere Schule.«
    »Wie man es nimmt. Offen und nicht offen. Nicht offen für die normalsterblichen Eingeborenen. Aber seit einiger Zeit ist wieder mehr Betrieb dort. Er hat so eine Fleischfirma im Computer.«
    »Internet heißt das, du Trottel«, besserte ihn der andere aus. »Rindvieh heißt die Firma, ich sag euch, das Rindvieh ist er!«
    Darüber schütteten sich die zwei aus vor Lachen. Vesna lachte lauthals mit. Grete versuchte immerhin ein Lächeln.
    »Und den Bauern hier kauft er das Fleisch ab?«, wollte ich wissen.
    »Wo denkst du denn hin? Der doch nicht, der hat billigere Quellen. Keine Ahnung, woher er das hat. Will es auch gar nicht wissen, der geht uns nichts an. Ist ein komischer Verein dort.«
    Dafür, dass es sie nichts anging, konnten sie viel davon erzählen.
    »Ein komischer Verein?«, fragte Vesna.
    »Na solche wie du, nichts für ungut, lauter Ausländer eben. Das haben sie ihm auch politisch gemacht, normalerweise geht so was bei uns in Bayern nicht so einfach. Aber es wollte auch niemand bei ihm arbeiten, seit er damals die Gehälter nicht gezahlt hat. Das hat niemand bei uns notwendig. Jetzt hat er zwei Polen und zwei andere, die kommen, glaube ich, gar aus Russland. Nur bei den LKW-Fahrern sind Bayern dabei, aber auch keine aus der Gegend. Für die Ausländer hat er gleich neben dem Betrieb so ein Fertighaus hingebaut, das heißt, Haus würde ich das nicht nennen, aber für die wird es schon reichen.«
    Wir hatten unser Frühstück gegessen, die zweite Schale Kaffee getrunken, jetzt fiel auch Vesna nichts mehr ein, was sie fragen konnte.
    »Ist der Herr Zartl verheiratet?«, wollte Grete dann mit leiser Stimme wissen.
    »Schau an, die kann ja wirklich reden. Ja. Die Frau arbeitet auch mit, ob sie will oder nicht. Die ist aus dem Ort, war früher eine sehr fesche Person, aber jetzt …«
    »Sie entschuldigen, meine Herren«, sagte Vesna, stand auf und gab mir ein Zeichen, mitzukommen.
    Auf der Toilette flüsterte sie: »Wir müssen in dieses Interventionslager. Was, wenn er dort Fleisch stiehlt?«
    »Das Fleisch bleibt dort oft ein, zwei Jahre eingelagert, habe ich gelesen.«
    »Da kann Diebstahl lange unentdeckt bleiben.«
    »Es wird Kontrollen geben.«
    »Ja, aber wie oft? Außerdem, er hat politische Freunde.«
    Wir waren schon wieder auf dem Weg in die Gaststube, als Vesna mich am Ärmel zurückzog. »LKW-Fahrer hat gesagt, Karin macht einen langen Urlaub. Der glaubt viel. Was ist, wenn sie sehr lange Urlaub im Tiefkühllager hat?«
    Keine Chance, in das Interventionslager hineinzukommen.
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