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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden
Autoren: Liza Marklund
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sie.
    Ein Klopfen an der Tür ließ die beiden zusammenzucken. Sie blickten einander hastig an.
    »Herein«, sagte Nina leise.
    Die Tür ging auf, und Suzette und Amira betraten das Zimmer.
    »Hallo«, sagte Suzette. »Dürfen wir reinkommen?«
    »Natürlich«, entgegnete Annika.
    Die Mädchen blieben an der Tür stehen.
    »Wollt ihr euch nicht setzen?«, fragte Annika und zeigte auf die beiden Sessel.
    Die Mädchen nahmen Platz. Nina setzte sich auf dem Bett zurecht.
    »Habt ihr etwas auf dem Herzen?«, fragte Annika, und Amira knuffte Suzette in die Seite.
    »Fatima hat gesagt, dass ich jetzt wieder nach Hause darf«, begann Suzette. »Ich muss nicht mehr auf der Farm bleiben, denn die Gefahr ist vorbei.«
    Annika nickte.
    »Aber ich will nicht weg«, sagte Suzette. »Ich will hierbleiben, und Fatima hat gesagt, dass ich darf.«
    Annika sah sie ernst an.
    »Deine Mutter hat ein Recht darauf, zu wissen, wo du bist.«
    Suzette nickte.
    »Ich weiß. Deshalb möchte ich ihr sagen, dass sie nicht mehr nach mir suchen soll. Ich will nicht sagen, wo genau ich bin, aber ich möchte Polly mailen und Mama anrufen können …«
    Sie holte tief Luft, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Ich vermisse meine Mutter«, sagte sie, »und ich würde sie gerne besuchen, vielleicht nächsten Sommer, wenn ich volljährig geworden bin. Aber ich will nicht bei ihr leben. Sie soll wissen, dass es mir gutgeht und dass ich sie irgendwann besuchen komme …«
    Annika erinnerte sich an Pollys Mitteilung auf Facebook, dass Lenita die Wohnung verkauft und Suzettes Sachen auf den Sperrmüll geworfen hatte.
    »Möchtest du, dass ich in der Zeitung über dich schreibe?«, fragte sie.
    Das Mädchen nickte.
    Annika sah sie an.
    »Hast du dir wirklich gut überlegt, was es bedeutet, wenn du hierbleibst? Kannst du zur Schule gehen?«
    Suzette wand sich ärgerlich auf ihrem Sessel.
    »Abbas wird der neue Verwalter, er übernimmt Zines Job. Ich werde ihm helfen und lernen, wie man den Hof bewirtschaftet. Das ist, als würde ich eine Ausbildung machen.«
    Annika rutschte auf dem Bett nach vorn.
    »Suzette«, sagte sie. »Weißt du, was sie auf dieser Farm anbauen?«
    Das Mädchen machte große Augen.
    »Klar weiß ich das.«
    »Und du findest es in Ordnung, dich zu einer Haschischfarmerin ausbilden zu lassen?«
    Amira schoss aus ihrem Sessel hoch.
    »Meine Familie baut auf diesem Land seit zweihundert Jahren Hanf an«, sagte sie. »Warum sollen wir damit aufhören, nur weil die Europäische Kommission das bestimmt? Die haben nicht über unser Leben zu verfügen!«
    Das Mädchen hatte vor Zorn die Fäuste geballt.
    »Du hältst es also für ein gutes Leben, wenn man Rauschgift anbaut?«
    »Ich werde Betriebswirtin«, verkündete Amira. »Meine Schwester studiert Jura, und zusammen werden wir den Hof und Mamas Unternehmen weiterführen.«
    »Glaubst du, dein Vater hätte gewollt, dass Sabrina, Maryam und du eine solche Arbeit macht?«
    Amiras Augen füllten sich mit Tränen.
    »Maryam hat einen anderen Vater«, sagte sie, »einen bösen Mann aus Schweden, der Mama vergewaltigt hat. Aber Papa hat ihn getötet und Mama geheiratet und die Ehre unserer Familie gerettet.«
    Annika starrte das Mädchen an. Die Gedanken rasten ihr nur so durch den Kopf.
    »Einen anderen Vater? Hieß er Torsten?«
    »Papa hat das Richtige für unsere Familie getan. Er wäre wahnsinnig stolz auf mich.«
    Annika senkte den Blick. Als sie wieder aufsah, wandte sie sich an Suzette.
    »Ich schlage vor, dass wir uns morgen früh zusammensetzen und besprechen, was genau in dem Artikel stehen soll. Und dann möchte ich ein Foto von dir und deinem Pferd machen, damit alle sehen können, dass du gesund und munter bist.«
    Suzette lächelte strahlend.
    »Cool!«, sagte sie und erhob sich.
    Die Mädchen verließen zusammen den Raum und zogen die Tür hinter sich zu.
    »Da hast du deinen Artikel«, sagte Nina, und Annika konnte nicht sagen, ob Resignation oder Sarkasmus in ihrer Stimme lag.
    »Und alles geht weiter wie bisher«, sagte Annika.

EPILOG
    Nach Mittsommer

Der Himmel war bleiern. Durch die Wolkenmassen drang kaum mehr als ein mattes, unentschlossenes Tageslicht.
    Annika parkte den Redaktions-Volvo an der Straße. Stellte den Motor ab, stieg aus und streckte den Rücken. Sie schaute links und rechts die einsame Landstraße entlang. Eigentlich müsste sie hier richtig sein.
    Zwischen Ekeby und Solvik, nicht weit von Valla. Auf der südlichen Seite der Eisenbahngleise, an der
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