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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden
Autoren: Liza Marklund
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Korridor. Irgendwo in den unteren Stockwerken sangen die Frauen.
    Das heiße Wasser war tatsächlich aufgebraucht. Sie duschte lauwarm und seifte sich Haare und Körper mit einem Shampoo ein, das sie auf einem Regal fand. Nina hatte recht, weder das Wasser noch das synthetische Parfüm des Shampoos halfen gegen den scharfen Geruch, der aus ihren Poren drang, eine Mischung aus Angst und Fischinnereien. Sie trocknete sich ab, zog sich saubere Unterwäsche an und ging zurück ins Schlafzimmer.
    Sie stellte sich an einen der französischen Balkone und sah hinaus. Dieser Raum lag nicht zum Innenhof hin, sondern zur anderen Seite. Der Mond schien über der hügeligen Landschaft, sein Licht schimmerte schwach auf den regennassen Blättern der Pflanzen.
    Cannabis sativa. Seit Urzeiten hatten Menschen die Pflanze angebaut und sie zu Seilen, Textilien, Vogelfutter, Biokraftstoff, Medikamenten und Rauschmitteln verarbeitet.
    Nina schlug das Buch zu, und Annika drehte sich um. Nina beugte den Kopf und schloss die Augen, aber es sah nicht so aus, als weinte sie.
    »Was meinst du«, fragte Annika vorsichtig. »Kann das wahr sein?«
    Nina warf das Buch ans Fußende des Bettes, als hätte sie sich daran verbrannt.
    »Keine Ahnung.«
    »Und du hast das Buch vorher noch nie gesehen?«
    »Meine Mutter hatte keins, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Obwohl sie es geschrieben hat?«
    »Ich bin ihre ganzen Sachen durchgegangen, als sie starb. So ein Buch war nicht dabei.«
    Annika ging zum Bett und nahm das Buch in die Hand.
    »Wenn das hier wahr ist, dann bezweifle ich, dass Astrid ihr Exemplar in einem Bücherregal hat verstauben lassen. Was wiederum bedeutet, dass dies hier Hannelores sein muss.«
    Sie nickte vor sich hin.
    »Das würde auch erklären, wieso es hier gelandet ist. David hat das Buch gefunden und es mitgenommen.«
    Beim Blättern blieb ihr Blick an einem Satz hängen: »Und sie flatterte und tanzte über Gudagården, ganz das gesegnete Kind, ohne Sünde gezeugt im Namen des Herrn.«
    »Was weißt du eigentlich über die Kindheit deiner Mutter?«
    Nina stand auf und ging rastlos im Zimmer auf und ab.
    »Weiß man jemals etwas über seine Eltern?«
    »Dann vielleicht von ihrem Leben als Erwachsene? Astrids und Hannelores und das deiner Mutter?«
    Nina setzte sich wieder aufs Bett.
    »Bevor ich geboren wurde, hat Mama mit Astrid an der Costa del Sol gearbeitet. Was sie da gemacht hat, weiß ich nicht.«
    Annika ging zu ihrem Bett zurück. Das Buch legte sie auf den Fußboden.
    »Ich war drei, als Mama und ich wegzogen. Ich habe keine Erinnerung an die Costa del Sol. Wir landeten auf Teneriffa, in einem Künstlerkollektiv, wo die Leute Schüsseln töpferten und Sonnenuntergänge malten und Gras rauchten. Mama bezeichnete sich als Dichterin …«
    Nina unterbrach sich, es klang beinahe, als würde sie auflachen.
    »Dichterin, du lieber Himmel …«
    »Deine Geschwister sind also nicht mit nach Teneriffa gegangen?«, fragte Annika weiter.
    »Sie sind bei Astrid in Marbella geblieben. Sie waren ja so gut wie erwachsen, Filip war zweiundzwanzig und Yvonne sechzehn. Astrid hat ihre Ausbildung finanziert, beide wurden Betriebswirte. Sie haben mir immer gefehlt.«
    Nina band sich die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen.
    »Ich weiß nicht, warum wir umgezogen sind. Keine Ahnung, ob Mama von Astrid wegwollte oder ob Astrid sie rausgeworfen hat.«
    »Warum sollte Astrid sie rausgeworfen haben?«
    Nina sank ein wenig in sich zusammen.
    »Meine Mutter war drogenabhängig«, sagte sie. »Sie ist nie davon losgekommen. Als wir nach Sörmland zogen, hat sie gesoffen, zum Schluss sogar Brennspiritus. Sie hat ihr Leben lang Drogen genommen.«
    »Hast du Astrid je kennengelernt?«
    Nina dachte nach.
    »Sie hat uns ein paarmal auf Teneriffa besucht. Aber Mama hat ziemlich oft von ihr gesprochen, auch von Hannelore, immer wenn sie betrunken war. Alles, was ich über Veronica, Astrid, David, Torsten und Hannelore weiß, habe ich aus den Sufferzählungen meiner Mutter. Sie hat Astrid sehr vermisst.«
    »Hattet ihr, deine Mutter und du, Kontakt zu Hannelore?«
    Nina schüttelte den Kopf.
    »Nein, nie.«
    »Wie tief steckte Hannelore in Astrids Geschäften mit drin?«
    »Nicht sehr, glaube ich. Sie war praktisch ihr Leben lang psychisch instabil. Aber Torsten, ihr Mann, fungierte als Handelsvertreter für das Unternehmen.«
    »Für das Drogenkartell«, sagte Annika. »Etwas anderes war es nicht.«
    Sie schwiegen eine ganze Weile. Der Gesang der
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