Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition)
Autoren: Hannes Sprado
Vom Netzwerk:
nicht zustande, schon war der Alte wieder dran.
    »Was meinst du also?«, fragte Riesenberg.
    »Betrüblich, dass in deinem Wortschatz bitte immer noch nicht vorkommt. Was man damit erreichen kann, hat Louise dir vorgemacht. Nimm dir ein Beispiel an ihr, und denk das nächste Mal darüber nach.«
    Packer wusste, dass Riesenberg alle Energie aufbringen musste, um ihn nicht zurechtzuweisen, deshalb sagte er rasch: »Ich bin in einer Stunde da.«
    Das war die erste einer langen Reihe von Fehlentscheidungen.
    7
    Packer stopfte ein paar Sachen in seine Reisetasche, zog die mit Lammfell gefütterte Lederjacke an und griff, bevor er die Wohnung verließ, wahllos nach einem der dreißig Motivationskärtchen, die, mit der Schrift nach unten, in einer Olivenholzschale auf dem Tisch neben der Tür lagen.
    Auf den Karten standen Worte wie: Liebe, Lachen, Schönheit, Freude, Güte, Harmonie, Friede, Heiterkeit und so weiter, die ganze Litanei, die Religionen und Esoterik zu bieten haben.
    Ungeachtet der Tatsache, dass er nicht an deren Verheißungen glaubte, gehörte diese Handlung doch zu seinem täglichen Ritual: Sobald er die Wohnung verließ, fischte er eine Karte aus der Schale und las die Tagesparole. Er nahm an, es könnte gut für seine Seele sein, und dagegen war schließlich nichts einzuwenden.
    Die Losung für den heutigen Tag lautete Hoffnung.
    Er stieg die Treppe hinunter und betrat durch eine Hintertür die Küche der Pizzeria »Mirabella«, wo Eduardo Rizzoli und seine ältere Tochter Giulietta zwischen dampfenden Kochtöpfen kleine Vorspeisenteller mit schwarzen Oliven, Sardellen, getrockneten Tomaten, überbackenen Auberginen, Ziegenkäse und Zucchini belegten, ein paar Surimi-Stücke waren auch dabei.
    Federico, der Hilfskoch aus Umbrien, hackte Petersilie und streute sie großzügig über den grünen Salat.
    Eduardo schaute auf, wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
    Weiße wellige Haare, zurückgekämmt, dreckige Schürze. Sein Schnauzbart überwölbte die Oberlippe. Er war höchstens 1,60 Meter groß, das hieß modisch gesehen: Kinderabteilung, Micky-Maus-Motive. Den Mangel an Größe machte er durch jede Menge Selbstbewusstsein wett.
    »Wieder lebendig, du Held? Giulietta, hol ihm Espresso! Sieht blass aus, mein Freund. Kann einen schwarzen Schluck gut gebrauchen.«
    Er klopfte Packer auf den Rücken, beinahe zärtlich.
    Giulietta beobachtete die beiden aus den Augenwinkeln.
    »Soll ihn sich selber holen. Hat er nicht zwei Hände und einen Kopf?«, erwiderte sie.
    Eduardo zog die Schultern hoch, seine Mundwinkel sackten nach unten. In demonstrativer Empörung hob er die Arme über den Kopf, schüttelte die Hände und stöhnte: »Sei froh, dass du keine Töchter hast.«
    »Kannst du mich hier rausbringen, ohne dass mich jemand sieht?«, fragte Packer.
    Erst jetzt bemerkte Eduardo die Reisetasche.
    »Du willst weg? Warum? Alle hier passen auf dich auf. Du kriegst Spaghetti, du kriegst Wein, du kriegst Espresso. Und Tiramisu, bis du platzt. Was willst du noch? Leonora?«
    Dabei streichelte er zufrieden schmunzelnd über die fleckige Schürze vor seinem Bauch. »Sie hat dich gern, weißt du?«
    Giulietta klatschte ein Salatblatt auf den Teller und verschwand im Lokal.
    »Ich muss weg, Eduardo. Und zwar subito. Dringende Familienangelegenheit«, sagte Packer, während das auf einen italienischen Sender eingestellte Radio im Lokal durch die offene Tür in die Küche plärrte. Laura Pausini. Oder?
    »Du hast keine Familie. Hier, probier den Trüffel, frisch aus dem Piemont. Ist er gut? Ich hab viel Geld dafür bezahlt. Nimm noch ein Stück. Schmeckt er dir?«
    Die hauchdünne Scheibe zerging auf Packers Zunge. Er schmatzte zweimal nach, um den Geschmack vollends auszukosten.
    »Im Ernst, Eduardo. Ich hab’s eilig. Ist Filippo unterwegs?«
    »Der Faulpelz sitzt vorn bei Leonora. Seine nächste Lieferung geht in die Waller Heerstraße, sechs Pizzen für Hagenreiner und eine Lasagne für Plümer. Immer muss man ihm Beine machen.«
    »Hast du was dagegen, wenn ich seine Tour übernehme?«, fragte Packer.
    Eduardo musterte ihn von oben bis unten.
    »Du bist zu groß. Sie werden dich erkennen.«
    »Ich brauche seinen Helm, den Motorroller und deine Thermokiste, dann komm ich zurecht.«
    »Ist alles deins, meinetwegen.«
    Eduardo breitete die Arme aus und wollte ihn an seine Brust drücken, doch in diesem Moment erschien Leonora. In ihren schwarzen Augen schimmerte Erstaunen. Sie trocknete ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher