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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis
Autoren: Unbekannter Autor
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mit langen Schritten in unseren Palazzo. Erregt versteckte Zalumma die Rolle in einer Tasche zwischen den Falten ihres Rockes und folgte ihm auf den Fersen.
    Ich lief vom Fenster an den Treppenabsatz und horchte angestrengt, noch verwirrt von der Begegnung und voller Ungeduld darauf, dass man mich hinzurief.
    Eine knappe Viertelstunde später schrak ich heftig zusammen, als unten eine Tür mit solcher Wucht aufgerissen wurde, dass sie gegen die Wand schlug. Ich eilte ans Fenster: Der Astrologe ging ohne Geleit zurück zu seiner Kutsche.
    Ich hob meine Röcke an und schoss die Treppe hinunter, dankbar, weder Zalumma noch meiner Mutter zu begegnen. Atemlos erreichte ich die Kutsche gerade in dem Augenblick, als der Astrologe seinem Kutscher das Zeichen zur Abfahrt gab.
    Ich legte eine Hand auf die polierte Holztür und schaute zu dem Mann hoch, der auf der anderen Seite saß. »Haltet an, bitte«, brachte ich hervor.
    Er bedeutete dem Kutscher, die Pferde zu zügeln, und schaute stirnrunzelnd auf mich herab; doch in seinem Blick lagen auch Neugier und Mitgefühl. »Dann seid Ihr wohl die Tochter.«
    »Ja.«
    Er musterte mich ausgiebig. »Ich werde mich nicht für einen Betrug hergeben. Versteht Ihr?«
    »Nein.«
    »Hmm. Das sehe ich.« Vorsichtig suchte er nach den richtigen Worten. »Eure Mutter, Madonna Lucrezia, hat gesagt, Ihr hättet meine Dienste verlangt. Stimmt das?«
    »Ja.« Ich wurde rot, denn ich wusste nicht, ob mein Zugeständnis ihn noch weiter aufbringen würde.
    »Dann habt Ihr es verdient, wenigstens einen Teil der Wahrheit zu erfahren - denn in diesem Haus werdet Ihr sie nie voll und ganz zu hören bekommen.« Sein Hochmut und sein Zorn verflogen, sein Tonfall wurde eindringlich und düster. »Euer Horoskop ist ungewöhnlich - manche würden es als bedrückend empfinden. Ich nehme meine Kunst sehr ernst und wende meine Eingebung wohlbedacht an, und beide sagen mir, dass Ihr in einem Zyklus von Gewalt gefangen seid, von Blut und Täuschung. Was andere begonnen haben, müsst Ihr zu Ende führen.«
    Ich erschrak zutiefst. Als ich meine Stimme wiedergefunden hatte, erwiderte ich: »Ich will mit solchen Dingen nichts zu tun haben.«
    »Ihr seid vierfaches Feuer«, sagte er. »Ihr habt ein hitziges Gemüt, einen Schmelzofen, in dem das Schwert der Gerechtigkeit geschmiedet werden muss. In Euren Sternen habe ich einen Akt der Gewalt gesehen, der sowohl Eure Vergangenheit als auch Eure Zukunft ist.«
    »Aber ich würde nie jemandem etwas zuleide tun!«
    »Es ist Gottes Fügung. Er hat seine Gründe für Euer Schicksal.«
    Ich wollte noch mehr fragen, doch der Astrologe rief seinem Kutscher etwas zu, und zwei schöne schwarze Pferde zogen die Kutsche fort.
    Bestürzt und innerlich aufgewühlt ging ich wieder zum Haus zurück. Zufällig hob ich den Blick und sah Zalumma, die aus dem oberen Fenster auf mich herabstarrte.
    Als ich wieder in mein Zimmer kam, war sie verschwunden. Dort wartete ich eine halbe Stunde, bis meine Mutter nach mir rief.
    Sie saß noch immer in dem Salon, in dem sie den Astrologen empfangen hatte. Beim Eintreten lächelte sie mir entgegen. Offenbar wusste sie nichts von meiner Begegnung mit dem Mann. In der Hand hielt sie ein Bündel Papiere.
    »Komm, setz dich neben mich«, sagte sie strahlend. »Ich werde dir etwas über deine Sterne erzählen. Sie hätten schon längst gedeutet werden sollen. Deshalb habe ich entschieden, dass du nach wie vor auch ein neues Kleid verdient hast. Heute wird dein Vater dich mit in die Stadt nehmen, um den Stoff auszusuchen; aber hiervon darfst du ihm kein Sterbenswörtchen sagen. Sonst hält er uns für allzu verschwendungssüchtig.«
    Steif saß ich vor ihr, den Rücken gerade, die Hände fest im Schoß gefaltet.
    »Schau her.« Meine Mutter legte die Papiere in ihren Schoß und ließ die Fingerspitze auf der eleganten Schrift des Astrologen ruhen. »Du bist natürlich im Sternzeichen Zwillinge geboren - Luft. Mit dem Aszendenten Fische, das bedeutet Wasser. Dein Mond steht im Widder - Feuer. Und du hast viele Aspekte von Erde in deinem Horoskop, dem zufolge du über die Maßen ausgeglichen bist. Das alles deutet auf eine glückliche Zukunft hin.«
    Noch während sie sprach, wuchs mein Zorn. Sie hatte die letzte halbe Stunde damit verbracht, eigenhändig eine Fälschung zusammenzustellen. Der Astrologe hatte recht gehabt; ich konnte nicht erwarten, hier die Wahrheit zu finden.
    »Du wirst ein langes, gutes Leben haben, Wohlstand und viele Kinder«, fuhr
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