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Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Titel: Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit
Autoren: Laura Feuerland
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sich zum Beispiel eine Fingerkuppe ab, um ihren Schutzgeist gnädig zu stimmen, andere opferten sogar einen ganzen Finger.
    »Wir werden es wohl nie erfahren«, sagte Loas bedächtig. »Ama und die Geister schützen ihre Geheimnisse.«
    »Und was tun wir mit Hogre?«, rief Flauko.
    Nach kurzer Beratung beschlossen die ältesten Männer des Clans, den Luchsmann für alle Zeiten aus dem Löwenlager zu weisen. Sollte er es wagen, wieder aufzutauchen, hatte er keinen Anspruch auf das übliche Gastrecht, sondern würde als Feind betrachtet werden. Außerdem wurde Hogres linkes Ohrläppchen abgeschnitten. Dieses Zeichen sollte alle, die künftig mit Hogre zusammentrafen, warnen und sie ermahnen, ihre Ohren vor den Worten des Luchsmannes zu verschließen.
    »Und was tun wir mit Agal?«
    Wieder berieten sich die Männer.
    »Die Geister haben Hogre bestraft«, sagte Loas schließlich. »Wenn sie der Ansicht sind, dass auch Agal eine Strafe verdient, werden sie dafür sorgen, dass er sie bekommt.«
    Kalla war zum Ende der Felsterrasse gelaufen und sah dem Luchsmann nach, der eben hinter dem Wasserfall verschwand. Als Irinot ihn aus dem Löwenlager verwiesen hatte, war ihr schwindlig geworden. So würde es auch ihr ergehen, wenn die anderen von ihrer Verfehlung erfuhren! Und wieder tauchte das Bild der langnasigen Miri vom Wollnashornclan in ihr auf, wie sie einsam und hilflos durch die windgepeitschte Steppe wankte.
    Da sah sie eine bekannte Gestalt den Felsweg heraufkommen.
    »Tomo!«
    Mit einem Aufschrei rannte Kalla auf den Freund zu. Tomo blieb stehen und sah ihr lächelnd entgegen.
    »Tomo!«
    Sie stolperte. Er fing sie auf, und Kalla klammerte sich an ihn, als wolle sie ihn nie wieder loslassen.
    »Was ist denn passiert?«
    Der Klang seiner Stimme und der vertraute Geruch seines Körpers beruhigten sie. Tomo war da, jetzt würde alles gut werden. Er war ihr Freund, er hatte sie nie im Stich gelassen und würde ihr auch jetzt helfen.
    »Wir haben uns lange nicht gesehen«, sagte er und hielt sie ein Stück von sich entfernt, um ihr Gesicht zu betrachten.
    Kalla nickte stumm.
    »Den Grund dafür durfte ich niemandem sagen, nicht einmal dir«, fuhr Tomo fort. »Loas hatte mich darum gebeten. Er wollte herausfinden, ob ich wirklich von den Geistern ausersehen bin, seine Nachfolge anzutreten. So habe ich viele Nächte bei ihm im Roten Felsen gesessen, und er hat mich gelehrt, die Zeichen des Himmels zu lesen. Tagsüber waren wir an den geheimen Orten, damit ich alles lerne, was ein Clanseher wissen muss. Davon sollte aber niemand etwas erfahren. Loas ahnte, dass einige im Löwenclan es nicht gutheißen würden, wenn ein Fremdgeborener ihr Clanseher wird. Darum wollte er ganz sicher sein, dass ich für das Amt des Sehers bestimmt bin.«
    Er wandte sich um und sah zum Roten Felsen hinüber.
    »Und jetzt?«, fragte Kalla atemlos. »Wieso darfst du jetzt darüber sprechen?«
    »Seit gestern hat sich alles geändert«, sagte Tomo langsam. Er ließ sie los und setzte sich an den Wegrand. Kalla setzte sich neben ihn.
    »Ich weiß jetzt, dass mein Platz nicht länger hier imLöwenclan ist«, fuhr er fort. »Ich gehöre zum Clan der Feuerpferde. Und ich werde mit Mauk und den Seinen fortgehen und nach den roten Pferden suchen.«
    »Ich gehe auch mit!«, rief Kalla.
    »Das sagtest du, ich erinnere mich«, nickte Tomo. »Aber warum willst du denn fort von hier?«
    »Ich kann nicht hierbleiben!«, rief sie. »Wenn die anderen erfahren, dass   –« Erschrocken schlug sie die Hand vor den Mund. Dann schossen Tränen aus ihren Augen, wie ein aufgestauter Sturzbach, der sich endlich entlädt.
    »Was ist denn los?«
    Er nahm ihre Hände in die seinen und sah sie aufmerksam an.
    »Ich habe   –«, begann Kalla. »Ich war   –«
    Sie stockte und sah zu Boden.
    Und dann konnte sie nicht länger schweigen. Ich muss es sagen, dachte sie, egal, was danach passiert. Vielleicht werde ich fortgejagt und sterbe wie Miri vom Wollnashornclan. Doch ebenso unerträglich war es, die schreckliche Schuld weiter für sich zu behalten, und so sprudelte es aus ihr heraus: Wie Blaga sie gebeten hatte, zum Wasserfall zu gehen, und wie sie in der Ferne Tomo erblickt und ihn gerufen hatte. Wie sie ihm gefolgt und in die Höhlen geraten war und was sie dort alles gesehen und gehört hatte. Und wie schließlich der Höhlenbär gekommen war, um sie zum Schwarzen Fluss zu bringen.
    »Aber dann bin ich aufgewacht und lag am Wasserfall«, schloss sie. »Ich wusste
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