Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Titel: Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit
Autoren: Laura Feuerland
Vom Netzwerk:
Geradlinigkeit und Ehre legte. Heimtücke und Verschlagenheit galten als verabscheuungswürdig und feige und wurden aufs Schärfste verurteilt und bestraft. Und so war Agal   – trotz seines Ehrgeizes   – niemals auf die Idee gekommen, sich durch Hinterhältigkeit und Arglist einen Vorteil zu verschaffen. Was Hogre da vorschlug, war ihm völlig fremd, und es dauerte eine Weile, bis er die ganze Tragweite von dessen Worten begriff.
    »Aber das ist   – ehrlos!«, empörte er sich.
    »Kann schon sein«, sagte Hogre ruhig. »Aber manchmal bringt einem die Ehre nichts. Dann muss man zu anderen Mitteln greifen.«
    Mit angehaltenem Atem hatte Kalla das Gespräch verfolgt. Sie sah, wie es hinter Agals Stirn arbeitete und dass Hogres Worte durchaus Wirkung zeigten. Agal brannte darauf, Irinot möglichst bald als Clanführer abzulösen. Der infame Vorschlag des Luchsmannes war für ihn äußerst verführerisch.
    Dieser Hogre gießt Gift in Agals Ohr, dachte Kalla, ich muss den Mann vom Feuerpferdeclan warnen, damit er nicht etwa in einen Hinterhalt gelockt wird. Leise schlich sie durch das Gehölz und rannte den Weg zurück, den sie gekommen war. Wenn sie den Fremden warnen wollte, musste sie unbedingt vor Agal und Hogre auf dem Hyänenbuckel sein. Der kürzeste Weg über den Bach führte über den Kieselsteinpfad. Doch dort wäre sie in Agals und Hogres Blickfeld geraten, und so musste sie den längeren Weg nehmen. Kalla lief das Bachufer entlang, rannte über die großen felsigen Trittsteine und stürmte den Hügel hinauf. Der direkte Weg auf den Hyänenbuckel führte über eine riesige schräge Felsenplatte. Dieser Weg wurde jedoch fast nie benutzt, weil er übersät war mit Disteln und spitzen Felsbrocken, an denen man sich die Füße blutig stieß. Doch Kalla kümmerte sich nicht um Dornen und Steinscherben und kletterte keuchend die steile Anhöhe hinauf. Der Wind pfiff und heulte, die Wolken standen wie graue Schieferplatten am Himmel.
    »Mauk!«
    Niemand antwortete, niemand war zu sehen. Außer sich vor Sorge rannte Kalla auf dem Hügelkamm umher. Hier oben wuchsen nur Schafgarbe, klebriges Geiskraut, Disteln und ein paar Zwergkiefern.
    Endlich, zwischen zwei halbhohen Felsblöcken, entdeckte sie ihn. Mauk hatte das prachtvolle Schneeleopardenfell gegen seine alte Hirschlederkleidung und die Fuchsfellweste ausgetauscht, das lange Haar war windzerzaust. Reglos saß er da und schaute ins Tal hinab, wo ein großer dunkler Vogel über dem Otterbach seine Kreise zog.
    »Mauk!«
    Sie stolperte, Steine kollerten und sprangen den Hügel hinunter. Mauk wandte sich um. Als er Kalla erkannte, huschte ein verwundertes Lächeln über sein Gesicht. Doch sofort wandte er wieder den Kopf und verfolgte weiter den Flug des Vogels. Der hatte während des Rundflugs schnell an Höhe verloren und kreiste jetzt dicht über dem Hügel. Ganz deutlich konnte Kalla die weißen Brustfedern und die breiten schwarzen Backenstreifen erkennen. Um den Hals zog sich ein blaues Federband. Offenbar hatte der Vogel ein Tier entdeckt und wartete auf den geeigneten Moment, hinabzustürzen und sich die Beute zu holen.
    »Mauk!« Endlich hatte Kalla den Mann erreicht. »Mauk, du musst   –«
    Die Stimme versagte ihr. Sie war so schnell gelaufen, dass sie kaum Luft bekam. Dann sah sie, wie sich in einiger Entfernung die Äste einer Zwergkiefer heftig bewegten.
    »Mauk!«, schrie sie. »Pass auf!«
    Im nächsten Moment schoss der Vogel vom Himmel. Fast gleichzeitig ertönte ein gellender Schrei, der in ein langes Schmerzensgeheul überging.
    Kalla stand wie erstarrt. Mauk hatte sich erhoben, rührte sich aber nicht von der Stelle. Hinter der Kiefer stolperten zwei Männer hervor. Der eine war Agal. Fassungslos blickte er dem Vogel nach, der sich wieder in die Lüfte geschwungen hatte. Der andere Mann war Hogre. Den Kopf mit den Händen bedeckend taumelte er im Kreis herum, dann warf er sich zu Boden und wälzte sich schreiend auf der Erde. Sein Gesicht war blutüberströmt, links neben seiner Nase gähnte ein dunkles Loch. Der Vogel hatte ihm das Auge herausgerissen.
     
    I
m Nordland war einmal ein Falke aus dem Ei geschlüpft, und die Falkenmutter schleppte unentwegt Würmer und Schnecken herbei, damit ihr Kind groß und stark wurde. Es war ein ungewöhnlich schöner Falke mit einem blauen Federband um den Hals. Als die Falkenmutter wieder einmal auf Nahrungssuche war, fiel der kleine Vogel aus dem Nest. Da schlich ein Iltis heran, um ihn zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher