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Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Titel: Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit
Autoren: Laura Feuerland
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Erde wankte, Steine polterten. Und in alldem rasenden Toben sah Kalla plötzlich den Seher Loas vor sich, wie er auf seinem Stein saß, in der Abendsonne beim Roten Felsen. »Einmal wird ein grüner Sturm durchs Tal brausen, und die Nacht wird den Tag verschlingen!«, hallte seine Stimme in ihren Ohren.
     
    I
ch sehe eure ungläubigen Blicke, doch ich sage euch, so ist es gewesen! Ich, Kirt vom Antilopenclan, habe alles gesehen. Die Menschen warfen sich zu Boden und riefen die Geister zu Hilfe. Alles, was Mutter Ama geschaffen, bebte vor Grauen und schrie nach dem Licht. Da begann die Sonne den Kampf aufzunehmen. Obgleich schon verschlungen im Bauch ihres Gegners, versuchte sie sich zu wehren und mit ihren Lanzen den Leib des Feindes zu durchstoßen. Licht und Dunkel rangen am Himmel und vermischten sich in schaurigem Kamppf Grüne Luftmeere überspülten das Land, glühende Nebelpilze schossen empor.
    Dann kamen die Geister herbei, um der Sonne beizustehen. Gleich einem riesigen Schattenheer flogen sie über die Hügel: die Geister des Löwen, des Bären, des Steinbocks, des Mammuts, des Falken. Und weiter wogte das Getümmel am Himmel.
    Endlich gelang es der Sonne, ihr Gefängnis zu durchstoßen. Und wahrlich: Stück für Stück gewann das Licht seine Macht zurück. Die Schatten verblassten, der Mond war bezwungen, in bleichem Triumph stand die Sonne am Himmel.
    All das habe ich gesehen, ich, Kirt vom Antilopenclan, Schutzbefohlener des Schneehasengn eistes. Es war der Tag, an dem sich die Sonne verfinsterte, doch schließlich besiege te das Licht die Nacht, und keiner, der dabei gewesen ist, wird es jemals vergessen.
     
    Plötzlich, so unvermittelt wie er begonnen hatte, endete der Tumult. Totenstille trat ein. Sie war fast noch unerträglicher als das laute Donnern und Toben. Kalla bohrte das Gesicht in die Erde, sodass sie kaum noch Luft bekam. Sie wollte den Kopf nicht heben, wollte die Augen nicht öffnen. Sie ahnte, der Anblick, der sie erwartete, würde so grauenvoll sein, dass sie ihn nicht würde ertragen können.
    Da ertönte der krächzende Ruf eines Vogels. Ein zweiter rief, ein dritter, ein vierter. Ungläubig hob Kalla den Kopf und blinzelte durch die halb geschlossenen Lider. Über ihr im Baum saßen Toroks Raben und schnarrten aufgeregt. Dann begannen sie mit den Flügeln zu schlagen. Schließlich erhoben sie sich und flogen, unter lautem Geschrei, als dunkle schwirrende Wolke davon.
    Langsam richteten sich die Clanleute auf. Grauen stand in ihren Gesichtern. Manche waren in den kurzen Tod gefallen. Sie wurden von den anderen geschüttelt und ins Leben zurückgeholt. Überall herrschte schlimme Verwüstung. Büsche waren aus der Erde gerissen, Felsen gesprengt. Nur Toroks Baum hatte dem Toben standgehalten. Und alle, die unter ihm Schutz gesucht hatten, waren   – so schien es   – am Leben.
    »Torok sei Dank!«, rief Loas. Alle fielen zu Boden und dankten dem Ahnvater für die Rettung.
    Ein Klagelaut unterbrach das Gebet. Neben einem Haufen großer Steinbrocken kniete Lomna und weinte. Neben ihr stand Mauk. Als der Tumult losbrach, war er vom Bärenfelsen gesprungen, um Yonna beizustehen. Doch eine heftige Windbö hatte ihn an die Felswand zurückgeworfen. Dort hatte er sich in einen schmalen Spalt gezwängt und den höllischen Kampf am Himmel verfolgt. Nun stand er inmitten des Gerölls und zerrte an einemgroßen steinernen Klotz. Ein lebloser Arm ragte unter den Steinen hervor. Es bedurfte der Kraft von vier Männern, um den Felsen beiseitezuschieben. Darunter lag Agal, mit zerschmetterten Gliedern. Ungläubig sahen alle auf den Toten: Die Sonne hatte ihr Urteil gefällt.
    Wenig später führte Irinot seine Leute zu den Höhlen zurück. Keril, Krot, Laiko und Jonol trugen den toten Agal. Die Frauen hatten den Totengesang angestimmt. Ihre Stimmen klangen rau und leise. Langsam schleppte sich der kleine Zug den Felsweg hinauf. Oben auf der Felsterrasse standen, eng umschlungen, Ixi und Nomit mit weißen Gesichtern. Hinter ihnen saß lächelnd der helläugige Brai und rollte seine Lehmkugeln.
    Die Zeit bis zum Abend verbrachten die meisten in ihren Höhlen, viele fielen in dumpfen Schlaf. Dann gingen die Männer, um das Grab für Agal auszuheben. Als sie zurückkamen, rief Irinot den Clan zusammen. Neben ihm stand Mauk, dahinter Atlin und Roor.
    »Die Sonne hat ihr Urteil gefällt«, sagte Irinot. »Agal ist tot, der Fremde hat überlebt und ist also der Sieger. Mauk vom Clan der Feuerpferde,
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