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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London
Autoren: Martin Millar
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sich von nichts aufhalten.«
    »Wie lästig«, sagte Malveria. »Kannst du als Tochter der königlichen Werwolffamilie nicht einfach allen befehlen, dich in Ruhe zu lassen?«
    Thrix musste lächeln.
    »Wir haben uns nie offiziell als Königsfamilie bezeichnet. Na ja, vielleicht ein oder zwei Mal bei kleinen Höhenflügen. Herrscherfamilie würde eher passen, das bringt schon genug Scherereien mit sich. Jetzt noch mal zu den Schuhen, Malveria.«
    Malveria winkte ab. Der Duft von Jasmin erfüllte den Raum, wie immer, wenn Malveria zu Besuch kam. Thrix wusste nicht, ob es ein Parfüm war oder Malverias natürlicher Duft.
    »Pah, nicht wichtig. Es tut mir leid, dass ich meine schönste und liebste Modedesignerin überhaupt wegen so einer Kleinigkeit bedroht habe. Die Schande durch den abgebrochenen Absatz war im ersten Moment überwältigend, aber jetzt habe ich mich gründlich erholt.«
    Malveria lächelte. Obwohl die Feuergeister ihre eigene Dimension bewohnten und wenig Kontakt mit der Welt der Menschen hatten, waren sie seit jeher Feinde der MacRinnalchs. Für eine Hiyasta war es sehr ungewöhnlich, mit einer Werwölfin von den MacRinnalchs befreundet zu sein. Trotzdem mochte die Feuerkönigin die Zauberin sehr. Ohne Thrix' Hilfe würde die Königin bei gesellschaftlichen Veranstaltungen in ihrem Reich immer noch in wirklich scheußlichen Kleidern auftauchen. Beim Gedanken an einige ihrer früheren Outfits musste sie sich noch immer schütteln.
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    Kalix erwachte mit Magenschmerzen. Die bekam sie oft, wenn sie lange nichts gegessen hatte. Sie nippte am Laudanum und angelte ihre Kladde aus ihrer Tasche. Kalix war die Kladde lieb und teuer. Sie war eine Art Tagebuch, in dem Kalix aufschrieb, was sie gedacht und getan hatte. Der Eintrag vom Vortag lautete: Mein Vater ist der Fürst der Werwölfe. Ich hasse ihn.
    So lautete er wenigstens für Kalix. Jeder andere hätte ein fast unlesbares Gekritzel aus falsch geschriebenen Wörtern und unförmigen Buchstaben gesehen. Am Tag davor war nichts eingetragen, und noch einen Tag davor stand: Meine Brüder hassen sich. Ich hasse sie beide. Weiter unten auf der Seite hieß es: Ich vermisse Gawain.
    Kalix schrieb einen neuen Eintrag in das Tagebuch. Die Runaways sind die Queens of Noise. Heute habe ich zwei Jäger getötet. Vielleicht auch gestern. Für jedes Wort brauchte sie ewig. Sie musste sich ganz darauf konzentrieren, mühsam die einzelnen Buchstaben formen zu können. Obwohl Kalix von Natur aus intelligent war, konnte sie ihre mangelnde Bildung nie wettmachen. Sie war siebzehn Jahre alt, aber wissensmäßig hinkte sie ihren Altersgenossinnen weit hinterher.
    Draußen regnete es noch immer, das Wasser tropfte durch das Dach. Kalix ignorierte es. Müde und immer noch mit schmerzendem Magen schlief sie wieder ein. Als sie irgendwann nachmittags das nächste Mal wach wurde, fühlte sie sich noch leicht benommen vom Laudanum. Weil ihre Sinne abgestumpft waren, bemerkte sie erst nach einem Augenblick, dass sie nicht allein war.
    Duncan Douglas-MacPhee stand neben ihr und starrte sie aus kalten, dunklen Augen an. Duncan arbeitete für ihren ältesten Bruder Sarapen. Der große, starke Werwolf war bekannt für seine Brutalität. Er trug eine alte Lederjacke, sein langes Haar wurde von
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    einem schwarzen Kopftuch zurückgehalten. Erschrocken sprang Kalix auf, bereit, sich zu verteidigen.
    Duncan betrachtete sie stumm. Sein Blick wanderte zu ihrem armseligen Bett und über ihre restliche Umgebung. Dann sah er auf die Flasche Laudanum zu seinen Füßen.
    »Du widerst mich an, Kalix MacRinnalch. Du bist die Vierte in der Erbfolge des Fürsten, und du führst dich hier auf wie der letzte Abschaum der Werwolfgesellschaft.«
    »Mit Abschaum kennst du dich ja aus«, knurrte Kalix.
    »Stimmt«, gab Duncan ihr recht. Er genoss selbst einen äußerst zweifelhaften Ruf, genau wie sein Bruder Fergus und seine Schwester Rhona. Die Douglas-MacPhees waren in jeder Hinsicht ein unheilvolles Werwolftrio. Kalix war beunruhigt. Bei Tageslicht konnten weder sie noch Duncan sich verwandeln, und in menschlicher Gestalt war er zweifellos stärker als sie.
    »Lass mich in Ruhe.«
    »Kann ich nicht«, sagte Duncan. Sein schottischer Akzent war stärker als der von Kalix und sehr hart. »Der Große Rat will dich.«
    »Ich gehe nicht zurück, damit sie mir den Prozess machen können«, sagte Kalix und wich zurück.
    »Dein Prozess war schon. Du wurdest für schuldig befunden. Jetzt wollen sie dich
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