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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London
Autoren: Martin Millar
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vielleicht die Polizei anrufen?«

    Aber Kalix war verschwunden. Sie hatte rasch die Tür geöffnet, war aus dem Auto geglitten und lief schon die Straße hinunter.
    7 Als Anführerin des MacRinnalch-Werwolfclans war die Familie des Fürsten sehr wohlhabend. Sie hatte Besitztümer in ganz Großbritannien. Verasa, die Frau des Fürsten und Herrin der Werwölfe, besaß Land in den schottischen Highlands, noch mehr Land auf den schottischen Inseln und beachtliche Ländereien in Kent. Ihr Londoner Heim in Kensington war groß genug, um als Herrenhaus durchzugehen. Hier verbrachte Verasa viel Zeit. Zu viel Zeit, wenn es nach ihrem Mann, dem Fürsten, ging, aber die beiden waren sich schon seit langem über nichts mehr einig.
    Verasa war zweihundertfünfzig Jahre alt. Nach menschlichen Maßstäben hätte man sie auf achtundvierzig schätzen können. Wie die meisten weiblichen Mitglieder ihres Clans trug sie das dunkle Haar offen und schulterlang. Anders als ihre missratene Tochter Kalix besuchte Verasa häufig die Salons in Edinburgh und Knightsbridge, und ihre üppige Mähne war tadellos frisiert. Ihre Kleidung war elegant, ihr Aussehen beeindruckend. Wenn sie manchmal eine der schicken, kleinen Teestuben in Kensington besuchte, warfen ihr die anderen Gäste stets diskrete Blicke zu und fragten sich, wer sie sein konnte, in welchen Filmen sie wohl mitgespielt hatte, als sie jünger war, und in welche reiche Familie sie eingeheiratet haben mochte.
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    Verasa trank Wein aus einem Kristallkelch, der seit vierhundert Jahren in der Familie war. Ein Dienstbote kam herein. »Euer Sohn, Herrin.« »Schick ihn herein.«
    Markus betrat den Raum. Er war ihr jüngster Sohn und ihr Liebling. Mit seinem etwas runderen Gesicht und den wenig wölfischen Wangenknochen sah man ihm den Werwolf kaum an. Sein Haar war etwas heller und ging stärker ins Bräunliche als bei den anderen MacRinnalchs. Leicht feminin. Sogar hübsch, was ungewöhnlich war bei einem männlichen Werwolf. Aber das war kein Zeichen für Schwäche. Kein Werwolf, in dessen Adern das Blut der MacRinnalchs floss, war jemals schwach gewesen. Dem Wesen nach war er sicher ein passenderer Gefährte für seine Mutter als Sarapen, ihr ältester Sohn, der sich zum Ebenbild seines Vaters, des Fürsten, entwickelt hatte - stark, düster und niemand, der seine Zuneigung offen zeigte.
    Markus wohnte eigentlich in Edinburgh, besuchte London aber häufig. Er umarmte seine Mutter, die seine Geste mit einer Wärme erwiderte, die sie für kein anderes Familienmitglied empfand. Als Markus sich schließlich von ihr löste, sah sie ihn fragend an.
    »Kalix hat ein paar Jäger getötet«, sagte Markus.
    »Von der Gilde?«
    »Nein, nur ein paar Söldner. Niemand Wichtiges.«

    Verasa nickte. Kopfgeldjäger fielen immer mal wieder lästig, konnten dem mächtigen MacRinnalch-Clan aber nur selten Schwierigkeiten bereiten.
    »Und die Douglas-MacPhees?«
    »Kalix ist Duncan gestern begegnet«, antwortete Markus. »Sie ist entkommen.«
    »Entkommen? Wollte er ihr etwas tun?«
    »Ganz sicher. Wenn man jemandem die Douglas-MacPhees auf den Hals hetzt, sollen sie demjenigen auch was tun.«
    Verasa runzelte die Stirn. Duncan, Fergus und Rhona waren ein 15
    berüchtigtes Trio. Es machte sie wütend, dass ihr eigener Sohn Sarapen solche Leute beschäftigte. Sie goss sich und Markus Wein ein. Als sie ihm den Kelch reichte, dachte sie wie so oft, dass sie Glück hatte, wenigstens ein Kind zu haben, das sie liebte.
    »Arme Kalix«, sagte Verasa mit ihrem melodischen schottischen Akzent. »Es war nicht immer einfach mit ihr, aber ich fände es doch scheußlich, wenn man ihr das Herz herausschneiden würde.«
    Markus schnaubte abfällig. Er verabscheute das Mädchen und machte kein Geheimnis daraus.
    »Verdient hätte sie es. Aber wir können nicht zulassen, dass Sarapen sie fängt.
    Oder tötet. Die Große Mutter Dulupina würde uns ewig vorhalten, dass er Erfolg hatte, wo wir versagt haben.« Er sah seine Mutter an. »Wir hätten intensiver nach ihr suchen müssen.«
    Die Herrin der Werwölfe seufzte.
    »Ich hatte gehofft, sie würde einfach verschwinden. Es ist nicht schön für eine Mutter, wenn ihre jüngste Tochter nach Hause gezerrt und verurteilt wird, auch wenn der Rat darauf besteht.«
    Verasa strich Markus über das Haar. Er war so ein gutes Kind. Es würde schwierig werden, ihn statt ihres ältesten Sohns Sarapen zum Nachfolger des Fürsten zu machen, aber Verasa hatte sich lang genug erfolgreich
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