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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London
Autoren: Martin Millar
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Werwölfin trottete die Straße entlang und folgte Daniels Geruch. Die Flucht vor den Douglas-MacPhees hatte sie geschwächt. Sie hatte lange nichts gegessen. Sie sehnte sich nach Laudanum, aber erst musste sie ihr Tagebuch wiederbeschaffen. Darin stand jeder Teil ihres unglücklichen Lebens.
    In gewisser Weise erschien Kalix ihr Tagebuch realer als sie selbst.

IO
    »So ein Umzug ist wirklich das Schlimmste, was es gibt«, erklärte Daniel, der sich abmühte, Teller und Besteck in einen dafür ungeeigneten Pappkarton zu packen.
    Moonglow nickte. Sie ertrug die Plackerei gelassener als Daniel, aber Spaß machte sie ihr nicht.
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    »Komisch, dass alle zu beschäftigt waren, um zu helfen«, sagte Daniel. Er starrte verzweifelt auf eine Bratpfanne und überlegte, ob er versuchen sollte, sie in den Karton zu stopfen, oder ob er sie lieber in eine Plastiktüte steckte.
    Vielleicht konnte er sie einfach in den Umzugswagen werfen. Was sollte einer Bratpfanne schon passieren?
    »Colin hat gesagt, er müsse für eine Prüfung lernen. Schwache Ausrede, oder?«
    Moonglow nickte. Sie kämpfte gerade mit ihrer gemeinsamen CD-Sammlung.
    Die CDs waren zwar einfach zu verpacken, aber Moonglow besaß Unmengen davon und hatte unklugerweise beschlossen, sie vorher zu sortieren und alle in die richtigen Hüllen zu legen. Mittlerweile erschien die Aufgabe unmöglich.
    Offenbar fehlten sämtliche Cover von Daniels Slayer-CDs, und die erste CD aus ihrer Kate-Bush-Box war nirgendwo aufzutreiben.
    »Wie ich sehe, ist Jay auch nicht aufgetaucht«, bemerkte Daniel spitz.
    Moonglow ging sofort in die Defensive. »Er musste nach Stonehenge fahren.«
    Jay war Moonglows Freund. Daniel war eifersüchtig, was Moonglow eigentlich nicht wissen sollte.
    »Als wenn Stonehenge nächste Woche nicht auch noch stehen würde.«
    »Das musste jetzt sein. Hat sein Horoskop gesagt.« Daniel reagierte spöttisch.
    »Sehr praktisch. Der eigene Freund drückt sich mit Hilfe von Astrologie vor der Arbeit.«
    Er knallte seinen Karton auf den Boden. »He, Vorsicht! Teller und Gläser!«
    Daniel war immer gemein und sarkastisch, wenn es um Jay ging. Moonglow wusste, warum. Auch wenn ihre Freundin Caroline ihr nicht erzählt hätte, dass Daniel ihr in alkoholisiertem Zustand seine Liebe zu Moonglow gestanden hatte, hätte sie es gewusst. Es
    3°
    war ziemlich offensichtlich. Mit neunzehn hatte Daniel noch nicht gelernt, seine Gefühle zu verbergen.

    Es klingelte an der Tür. Beide wurden sofort nervös. Falls ihr Vermieter ihnen einen Überraschungsbesuch abstatten wollte, wären die Kisten nicht einfach zu erklären. Daniel schlich zur Tür und spähte durch das Guckloch. Als er Kalix sah, zögerte er. Wieder klingelte es. Daniel öffnete die Tür einen Spaltbreit.
    »Ahm ... ist der Typ mit dem Riesenmesser wieder hinter dir her?«
    »Du hast mein Tagebuch«, sagte Kalix frostig. »Stimmt . . komm rein.«
    Kalix marschierte ins Haus. Daniel versuchte, Moonglow ihren Gast vorzustellen. »Das ist -«
    »Wo ist mein Tagebuch?«, fragte Kalix barsch.
    Moonglow war über Kalix' Aussehen erschrocken. So dürr und abgerissen.
    Zwischen dem Saum von Kalix' fadenscheiniger schwarzer Hose und ihren Stiefeln blickten ihre Knöchel wie zwei weiße Zweige hervor. Und sie wirkte so angespannt. Ihre großen, dunklen Augen blitzten, als sie das Zimmer nach ihren Sachen absuchte. Ihr goldener Nasenring war sehr auffällig und ungewöhnlich groß. Und Haare, die so strähnig bis zur Taille hingen, hatte Moonglow noch nie gesehen, nicht einmal bei verwahrlosten Bettlern.
    »Bist du das Werwolfmädchen?«, fragte Moonglow.
    »Was?«, fragte Kalix argwöhnisch zurück.
    Moonglow merkte, dass ihre Begrüßung nicht sonderlich höflich war.
    »Ich meinte, bist du diejenige, die das Werwolfgedicht geschrieben hat? Ich fand es richtig cool. Meine Mutter ist eine Werwölfin, mein Vater ist ein Werwolf.
    Ich habe mal ein ähnliches Gedicht geschrieben, ich habe mir vorgestellt, meine
    ... äh ...«
    Kalix' vernichtender Blick brachte Moonglow zum Schweigen. Kalix wandte sich an Daniel.
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    »Wo ist es?«
    Daniel hob die Tragetasche mit Kalix' Tagebuch und ihrem Buch auf. Moonglow befürchtete, sie könnte das Mädchen beleidigt haben.
    »Bist du sauer, weil ich es gelesen habe? Tut mir leid ... das Gedicht war wirklich gut.«
    »Sei ruhig«, blaffte Kalix. »Ich habe keine Zeit zu verlieren.«
    Ihre Stimme wirkte zu kräftig für ihren dürren Körper. Moonglow war ziemlich geschockt. Sie
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