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Kain

Kain

Titel: Kain
Autoren: Jason Dark (Helmut Rellergert)
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ist es aber.«
    »Und warum ist es so?«
    Jetzt lächelte Marc Sniper breit. »Das kann ich dir sagen. Das tue ich sogar sehr gern. Es ist nämlich so, dass du keine Zukunft mehr hast.«
    Jetzt war es heraus. Und Marc Sniper hatte dem auch nichts hinzuzufügen.
    »Ähm – was hast du da gesagt?«
    »Muss ich es wiederholen?«
    »Bitte.«
    Marc nickte. »Es gibt keine Zukunft mehr für dich. Sie ist vorbei. Du hast sie hinter dir.«
    »Ja. Das sagst du.«
    »Genau.«
    »Und woher weißt du das?«
    »Weil ich dafür sorgen werde!«, erklärte Marc Sniper mit eiskalter Stimme.
    Sein Bruder sagte erst mal nichts. Er stand vor ihm und holte durch die Nase Luft. Seine Hände zuckten, bis sie sich schließlich zu Fäusten geballt hatten. Das zu hören war nicht einfach für Gordon Sniper gewesen.
    »Begriffen?«
    Gordon nickte. »Ich denke schon. Es hat sich angehört, als wären wir nicht eben die besten Freunde.«
    »Das mag schon sein.«
    »Und du hasst mich?«
    Marc Sniper hob die Schultern. »Das kannst und darfst du so nicht sehen«, erklärte er. »Ich hasse dich eigentlich nicht. Du bist nur für mich Mittel zum Zweck …«
    »Wieso?«
    »Ich will weiterkommen.«
    Gordon Sniper musste lachen, obwohl ihm nicht danach war.
    »Was habe ich mit dir zu tun?«
    »Du kannst meiner Karriere nur von Vorteil sein. Anders gesagt, du bist es einfach.«
    »So ist das …«
    »Ja, so und nicht anders. Ich danke dir, dass du gekommen bist. Du hast mir wirklich einen brüderlichen und letzten Gefallen getan, und das finde ich wunderbar.«
    »Aha. Einen letzten Gefallen.«
    »Genau, Bruderherz.«
    »Und warum einen letzten?«
    Marc Sniper trat einen Schritt zurück. »Das ist doch ganz einfach. Du hättest es längst wissen müssen. Du wirst hier sterben, alter Junge. Ja, genau hier …«
    Gordon Sniper konnte es nicht fassen. Er stöhnte auf und schüttelte den Kopf. Er wollte auch lachen, nur schaffte er das nicht. Stattdessen sprach er seinen Bruder an.
    »Hör mal zu. Ich weiß, dass wir verschieden sind. Das hat unsere Mutter schon immer geärgert. Deine Späße sind nicht eben die meinen, das weißt du.«
    »Es sind keine Späße!«
    »Wie?«
    »Ja, du hast es gehört. Ich sehe es nicht als Späße an. Es sind einfach nur Tatsachen.«
    Gordon Sniper sagte nichts mehr. Er starrte seinen Bruder an, der vor der Treppe stand und breit grinste. In Marcs Augen funkelte es. Gordon las darin die Wahrheit, und das zu wissen verglich er mit einem Schlag in die Magengrube.
    Es stimmte.
    Marc wollte ihn killen.
    Gordon war so überrascht, dass er kaum noch Luft bekam. Er konnte nur staunen und spürte, dass Furcht in ihm hochstieg. Sie war wie eisiges Wasser, das um ihn herum in die Höhe stieg. Und je höher es kam, desto eisiger wurde es.
    »Ja, Gordon, es ist leider so. Ich kann nichts dafür, so leid es mir tut.«
    »Du bist verrückt, Marc.«
    »Nein.«
    »Doch, du bist verrückt.« Gordon schüttelte sich. »Du kannst mich doch nicht einfach herbestellen und mir hier erklären, dass du mich töten willst.«
    »Das habe ich schon getan.«
    »Und wie willst du mich killen? Willst du mich erschießen? Oder durch einen Messerstich töten?«
    »Nein, keineswegs. Ich habe mich für die biblische Art der Tötung entschieden. Es gibt sie schon seit alters her, und sie ist in den arabischen Ländern noch immer populär.«
    »Aha, und wie sieht das aus?«
    »Was hat Kain mit Abel getan?«
    »Er hat seinen Bruder getötet.«
    »Richtig.«
    Gordon wollte noch etwas sagen, aber Marc kam ihm zuvor. »Er hat ihn gesteinigt, Gordon. Ja, gesteinigt. Und genau den Tod habe ich auch für dich vorgesehen.«
    »Steinigen?«, ächzte er.
    »Richtig.«
    »Aber …«
    »Kein Aber. Ich habe es beschlossen, und ich habe mich auch entsprechend vorbereitet.«
    »Wie denn?« Eine andere Frage fiel Gordon nicht ein. Er war völlig von den Socken. Er konnte es noch immer nicht glauben, und er wollte das auch nicht.
    Aber er kannte auch seinen Bruder, obwohl der Kontakt zwischen ihnen mehr als selten gewesen war.
    Aber dass es so weit kommen würde, dass Marc seinen eigenen Bruder umbringen wollte, das hatte Gordon aus den Schuhen gehoben. Er stand auf der Stelle, er dachte nach, er schüttelte den Kopf, als könnte er das Versprechen vertreiben, aber das war nicht möglich. Er sah seinen Bruder vor sich und nahm auch dessen Bewegungen wahr. Dabei bückte er sich nicht, um einen Stein aufzuheben, er tat etwas ganz Profanes. Vor seiner Brust hing eine Stofftasche.
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