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Kain

Kain

Titel: Kain
Autoren: Jason Dark (Helmut Rellergert)
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auch nicht dagegen. Tatsächlich aber war er ein völlig anderer. In seinem Innern hatte sich etwas Böses manifestiert. Er dachte nur an das Grauen, an den Tod, an die Hölle und natürlich an deren Herrscher, den Teufel.
    Er war für Kain das Maß aller Dinge. Ihm wollte er nacheifern. Erst wenn er seine schrecklichen Taten durchgezogen hatte, würde er sich wohl fühlen.
    So wie jetzt.
    Gordon lebte nicht mehr. Er hatte der Hölle einen Gefallen getan und ihr eine Seele geschenkt. So weit dachte er bereits. Das war einfach toll gewesen. Es würde ihm Auftrieb geben, und er würde der Hölle und all den finsteren Gestalten um sie herum kräftig danken. Jetzt würde sein Leben einen anderen Verlauf nehmen.
    Er rollte hinein in die Nacht, die ihm eine tiefe Dunkelheit bescherte. Es gab zwar Stellen, an denen es heller war, doch an ihnen fuhr er schnell vorbei.
    Er musste dorthin, wo man auf ihn wartete. Wo sich die Band eingenistet hatte. Sie hatten gemeinsam das Haus gemietet und würden niemanden stören.
    Und jetzt stand auch der Name endgültig fest. Er war bereit, er hatte den ersten Schritt hinter sich gelassen.
    KAIN.
    So würde die Band von heute an heißen, und sie würde ihre Zeichen setzen, um diesem Namen alle Ehre zu machen.
    Kain würde durch das Land ziehen und möglicherweise sogar international auftreten. Das musste sich alles noch ergeben, aber er war auf dem richtigen Weg.
    Das musste er auch seinen Bandmitgliedern sagen. Vor allen Dingen Liane, die junge Frau, die an seiner Seite stand, sie war seine Muse, seine Geliebte und oft genug auch sein Blitzableiter, wenn er mal sauer war.
    Aber sie war auch seine Vertraute. Er konnte mit ihr über alles reden. Sie hatte für ihn immer ein offenes Ohr und verstand auch, was in ihm vorging.
    Das Haus, in dem er und seine Bandmitglieder lebten, lag abseits der großen Stadt an der Themse. Man konnte schon vom Land sprechen, obwohl die Mietpreise nicht eben ländlich waren, sondern schon sehr städtisch. Aber sie hatten keine andere Wahl gehabt. Sie hatten es mieten müssen und würden auch nicht für immer bleiben.
    Marc Sniper hatte seine Musiker nicht eingeweiht. Nur Liane, die Sängerin, wusste Bescheid. Die anderen Typen waren nur eingekauft worden. Sie gehörten zu den Musikern, die mal bei der einen Band mitspielten und dann wieder bei einer anderen Gruppe. Sie waren Wanderer im großen Musik-Business.
    Das Haus kam in Sicht. Es stand zwar nicht einsam, aber schon etwas außerhalb einer Ortschaft. Und es war gut sichtbar, denn hinter den Fenstern brannte Licht.
    Marc Sniper fuhr seinen Wagen dorthin, wo auch die anderen Fahrzeuge standen. Sogar ein Bus war vorhanden. Damit waren sie unterwegs. Und sie fühlten sich auch in dem innen umgebauten Fahrzeug recht wohl. Manche von ihnen verzichteten sogar auf Hotelzimmer, wenn sie im Bus übernachten konnten.
    Sniper wusste, dass man ihn erwartete. Und er rechnete damit, dass seine Ankunft aufgefallen war. Liane hatte versprochen, so lange zu warten wie möglich, und das war auch der Fall gewesen, denn Sniper hatte sein Fahrzeug kaum verlassen, da sah er, wie unten ein Fenster geöffnet wurde und sich ein Frauenkörper im Licht abmalte.
    »Hi, Marc …«
    Er blieb stehen. Er stemmte die Hände in die Hüften und fing an zu lachen.
    »Alles klar?«, fragte sie.
    »Ja, ich habe es geschafft.«
    »Und?«
    »Ab jetzt bin ich Kain!«
    Es war sogar zu hören, wie sie die Luft einsaugte. Darauf hatte Liane gewartet. Jetzt war auch sie zufrieden, und ihre Aufforderung an ihn, ins Haus zu kommen, hörte sich schon jubelnd an.
    Er ging hinein. Im Flur roch es nach Gras. Irgendjemand war immer dabei, der das Zeug rauchte. Solange er die anderen Menschen nicht störte und auch den Bullen nicht auffiel, war es Marc Sniper egal. Er kannte auch Musiker, die nur als Bekiffte ihren Auftritt perfekt durchzogen.
    Kain wandte sich nach rechts und musste ein paar Schritte gehen, um die untere Wohnung betreten zu können. Liane erwartete ihn auf der Schwelle stehend.
    Sie war ein Fan der Farbe schwarz. Auch jetzt, außerhalb der Auftritte. Aber dieses Outfit hatte nichts mit der Bühnenkleidung zu tun. Es war ein dünner Morgenmantel aus schwarzem Stoff, der seidig schimmerte und einen perfekten Kontrast zu dem weizenfarbenen Haar der Sängerin bildete.
    Sie schloss hinter ihrem Freund die Tür. Sniper war noch in der Diele stehen geblieben. Auch jetzt drehte er sich nicht um. Er hielt nur seine Hände wieder in die Hüften
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