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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition)
Autoren: Joe R. Lansdale
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einen leichten Gegner zu halten.
    Hillbilly wusste aus Erfahrung, dass die beiden Kerle ihn ein bisschen zu auffällig musterten – wie hungrige Hunde ein Schweinekotelett. Der eine war klein und untersetzt und trug eine Wollmütze. Der andere war größer, schlanker, hatte einen dichten Bart und war barhäuptig.
    »Habt ihr was zum Qualmen?«, fragte Hillbilly, obwohl er eigentlich nicht rauchte. Aber manchmal, wenn es einem gelang, das Eis zu brechen, konnte einem das viel Ärger ersparen. Der Mann mit der Mütze schüttelte den Kopf und sagte: »Bist noch ganz schön jung, was?«
    »So jung auch wieder nicht«, entgegnete Hillbilly.
    »Siehst aber jung aus.«
    »Habt ihr was zu essen?«, fragte Hillbilly.
    »Nur die Fische, die hier rumliegen«, antwortete der Mann mit dem Bart. »Hau nur rein, wenn du die willst.«
    »Eher nicht. Habt ihr so was schon mal erlebt? Dass es Fische regnet? Ich hab schon mal gelesen, dass es so was gibt. Das war dieser Zyklon. Der hat irgendwo nen Teich angesaugt und die Fische dann überall hier verteilt.«
    Die Männer hatten kein Interesse an Zyklonen oder Fischen. Der Bärtige grinste Hillbilly an. Hillbilly hatte bereits Alligatoren gesehen, die freundlicher grinsten.
    »Bist du schon länger unterwegs?«, fragte der Bärtige.
    »Ne Weile.«
    »Ganz schön einsam, nicht wahr?«
    »Ich fühl mich nicht einsam.«
    »Wir schon. Nur er und ich. Wir werden da richtig einsam. Männer sollten nicht einsam sein. Das müssen sie auch nicht.«
    »Ich bin überhaupt nicht einsam.«
    »Wir können dir zeigen, dass du einsam warst und es nicht mal gewusst hast«, sagte der mit der Mütze.
    »Mir geht’s prima. Wirklich.«
    Der Mann mit der Mütze lachte. »Um dich machen wir uns keine Sorgen. Aber wir sind einsam.«
    »Ihr seid doch zu zweit.«
    »Immer zu zweit, das wird mit der Zeit fad. Wir wollen jemanden, mit dem wir gemeinsam einsam sein können.«
    »So ein Gequatsche mag Gott gar nicht. Habt ihr Jungs schon mal was von Sodom und Gomorra gehört?«
    Der Bärtige feixte. »Wen kratzt denn schon irgend so ne Geschichte aus der Bibel? Wenn wir dich erst mal flachgelegt haben, bist du glücklicher, als du dir vorstellen kannst.«
    »Leute, lasst mich in Ruhe.«
    In dem Moment stemmte sich der mit der Mütze hoch und setzte zum Sprung an.
    Hillbilly schwang die Gitarre und knallte sie dem Mann mit solcher Wucht gegen den Schädel, dass der nach hinten flog. Sofort stürzte sich der Bärtige auf ihn. Hillbilly stieß ihn zurück, zog sein Messer aus der Tasche und ließ es aufspringen.
    Der mit der Mütze ging wieder auf ihn los, und Hillbilly jagte ihm das Messer unterhalb der Rippen in den Leib. Das Messer drang so leicht ein, als würde man ein Loch in nasses Papier bohren. Der Mann ging auf der Stelle zu Boden, fiel erst auf die Knie, dann auf die Seite.
    »Verdammt«, fluchte der Bärtige und schlug Hillbilly aufs Auge. »Du hast Winston verletzt.«
    Daraufhin nahm er Hillbilly in den Schwitzkasten und presste ihm die Hände gegen die Seiten. Hillbilly rammte ihm so fest die Stirn gegen die Nase, dass der andere ihn losließ. Dann stieß er ihm das Messer in die Leiste. Der Mann taumelte nach hinten. Wieder stach Hillbilly zu, diesmal von oben.
    Der Mann fasste sich an die Kehle und versuchte, etwas zu sagen, aber er brachte keinen Ton heraus. Er plumpste auf den Boden, als hätte man einen Stuhl unter ihm weggezogen. Einen Moment lang blieb er noch aufrecht sitzen, dann rutschte er langsam auf den Rücken. Er umklammerte sein Kinn, als könnte er so die Wunde verschließen.
    Hillbilly setzte einen Fuß auf das Gesicht des Mannes und trat mit voller Kraft zu, damit die Wunde richtig blutete. Der Mann wand sich wie eine Schlange, aber das hielt nicht lange an.
    »Ich hab euch gesagt, ihr sollt mich in Ruhe lassen«, sagte Hillbilly. Dann putzte er das Messer an der Jacke des Toten ab, steckte es wieder ein und ging zu dem Mann mit der Mütze hinüber. Die Mütze war ihm runtergefallen und lag auf dem Boden des Waggons. Hillbilly nahm sie und setzte sie auf. Dann beugte er sich über den Mann. Er lebte noch, aber im Licht des Halbmonds sahen seine Augen wie Flusskiesel unter tosendem Wildwasser aus.
    »Du hast auf mich eingestochen«, sagte der Mann. Seine Stimme klang, als würde sie durch eine Quetschkommode gepresst.
    »Ihr hattet ja auch nicht gerade vor, mich zum Picknick einzuladen.«
    »Das ist meine Mütze.«
    »Jetzt nicht mehr.«
    »Wir wollten doch nur ein bisschen Liebe. Da
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