Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition)
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
ist doch nichts verkehrt dran.«
    »Außer, wenn der andere das nicht will.«
    »Ich werd hier krepieren«, sagte der Mann.
    »Wahrscheinlich hab ich deine Lunge erwischt. Du hast recht. Du wirst es nicht schaffen.«
    »Du Hurensohn.« Bei den Worten floss dem Mann Blut aus dem Mund.
    »Damit hast du auch recht.«
    »Du gottverdammtes Arschloch.«
    »Genau. Und ich glaub, dir bleiben nur noch ein paar Sekunden, um dich damit abzufinden.«
    Der Mann zuckte, gab ein Geräusch von sich und schloss sich dann seinem Kumpel an. Gemeinsam traten sie die lange Reise ins Wohin-auch-immer an.
    Hillbilly stand auf und betrachtete seine Gitarre. Sie war nur noch Schrott, und mit ihr war auch sein Lebensunterhalt futsch. Hillbilly warf die Überreste aus der Tür, hockte sich hin und dachte nach. Er konnte die Jungs rauswerfen und in der nächsten Stadt aussteigen. Andererseits war es vielleicht besser, in Lindale abzuspringen, wenn der Zug in der Nähe der Konservenfabrik abbremste. Es war ein ziemlich riskanter Sprung, weil der Zug nicht richtig langsam wurde, aber er hatte ihn schon öfter geschafft. Wenn man sich zusammenrollte und möglichst da landete, wo das Gras schön dicht war, dann musste man sich nicht zwangsläufig den Hals brechen. Und er wäre längst auf und davon, bis die beiden gefunden wurden.
    Hillbilly sah nach draußen. Überall war nur schwarzer Wald, aber der Kies entlang der Gleise glitzerte im Mondlicht wie Diamanten. Hillbilly durchsuchte die Sachen der Männer und fand eine Süßkartoffel sowie Salz und Pfeffer in kleinen Schachteln. Er steckte alles in seine Umhängetasche und befestigte sie an seinem Gürtel. Lange blieb er in der Tür stehen und stützte sich mit einer seiner zitternden Hände am Rahmen des Waggons ab. Schließlich kamen die Lichter von Lindale in Sicht.
    Das da draußen war die Straße der Blechkonserven. Dort hatte er Erbsen eingedost und auch bei deren Ernte mitgeschuftet. Er hatte entlang der ganzen Eisenbahnstrecke gearbeitet, hatte Obst, Baumwolle und Tomaten gepflückt und jeden Job angenommen, aber das Einzige, was ihm wirklich Spaß machte, war Gitarre spielen und singen. Und jetzt war seine Gitarre hinüber, zerschmettert am Schädel eines liebestollen Galgenvogels.
    Er warf den beiden noch einen letzten Blick zu. Unter dem Kopf des Manns, dem er die Kehle aufgeschlitzt hatte, schimmerte eine dunkle Pfütze. Es sah aus, als ruhe er auf einem flachen schwarzen Kissen. Der andere lag auf der Seite, die Hände gegen die Wunde gepresst, die Augen weit aufgerissen, als würde er über etwas Wichtiges nachdenken.
    Hillbilly hatte einen unangenehm sauren Geschmack im Mund. Er spuckte aus dem Waggon hinaus, und als der Zug sich dem Güterbahnhof von Lindale näherte und die Fahrt verlangsamte, atmete er tief ein und sprang.
     
    Auf seinem Weg durch die Nacht kam Hillbilly in ein Wäldchen, durch das ein Bach floss, und kurz darauf sah er Licht durch die Bäume flackern. Es roch nach Rauch und nach Essen, das auf einem Feuer brutzelte.
    Er beugte sich vornüber und schöpfte mit der Hand Wasser aus dem Bach. Dann blieb er eine Zeit lang ruhig sitzen und lauschte. Vom Lagerfeuer her waren Stimmen zu hören, und er beschloss, darauf zuzugehen. Als er näher kam, rief er: »Hallo, Hobos.«
    Stille. Dann: »Komm her. Hast du was beizusteuern?«
    Hillbilly trat ins Licht. Um das Feuer herum saßen drei Hobos. Über dem Feuer hing an einem Stock eine Dose, in der irgendein Eintopf kochte.
    »Ich hab ne Knolle in meiner Tasche«, sagte Hillbilly. Jetzt bereute er, dass er sich keinen der Fische im Eingang des Waggons geschnappt hatte. Er ging noch etwas näher heran und holte die Kartoffel heraus. Die Männer erhoben sich, nur für den Fall, dass er nicht war, wer er zu sein schien.
    »Ich hab ein paar gekochte Bohnen beigesteuert, die mir eine Frau geschenkt hat«, sagte einer der Hobos. Er war klein, trug einen alten Filzhut und Klamotten, die so viele Flicken hatten, dass das ursprüngliche Kleidungsstück nicht mehr zu erkennen war. Er war auf einer alten schwarzen, zusammengerollten Jacke gesessen.
    »Ich konnte nur meine besten Wünsche beisteuern«, sagte ein fetter farbiger Mann mit Latzhose, der neben dem Feuer gehockt war.
    »Ich hatte die Dose«, sagte der dritte. Für einen Wanderarbeiter war er ziemlich gut gekleidet. »Ich habe sie in dem Bach da vorne ausgewaschen. Sie ist noch ziemlich neu, hat also noch keinen Rost angesetzt.«
    Hillbilly reichte dem Mann mit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher