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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition)
Autoren: Joe R. Lansdale
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geflickten Kleidung die Kartoffel, und der Mann zog ein Taschenmesser heraus und schnitt sie mitsamt der Pelle in Stücke, die er in die Dose mit dem kochenden Wasser und den Bohnen warf.
    »Mit ein paar Wildzwiebeln tät’s besser schmecken«, sagte der Farbige. »Aber in der Dunkelheit finden wir wohl keine.«
    »Ich hab auch ein bisschen Salz und Pfeffer dabei«, sagte Hillbilly, öffnete noch einmal die Tasche, die er sich an den Gürtel geschnallt hatte, und holte die beiden kleinen Schachteln mit Salz und Pfeffer heraus. »Tu ein bisschen was davon dran.«
    Als das Essen fertig war, holte Hillbilly seine Tasse aus der Tasche, und der Mann mit der geflickten Kleidung goss ihm etwas Suppe hinein. Als Nächstes goss er ein bisschen in die Dose, die der Schwarze dabei hatte, dann in den Metallteller des anderen Manns, und er selbst trank aus der Dose, in der das Essen gekocht hatte.
    Während sie so dasaßen und aßen, redeten sie über dies und jenes. Wo man Almosen bekommen konnte, und wer oben an der Straße leichte Beute war. Der mit den Flicken sagte: »Da drüben, in der Nähe von Tyler, wohnt eine Frau, die keinen Mann hat. Wenn du’s ihr besorgst, gibt sie dir was zu essen. Allerdings weiß ich nicht, ob sie mit nem Nigger vögeln würde, Johnny Ray.«
    Johnny Ray schüttelte den Kopf. »Mit so was will ich nix zu tun haben. So’n Ärger kann ich nicht brauchen.«
    »Wie sieht sie aus?«, fragte der besser gekleidete Mann.
    »Wenn man sie genauer ansieht, könnte man sich in einen Stein verwandeln«, antwortete der mit den Flicken. »Und ihre Schamhaare sind völlig grau. Wenn du lange keine Muschi mehr gehabt hast, ist es nicht ganz so übel. Und sie hat was zu essen. Aber küss sie bloß nicht. Ihr Mund schmeckt nach Sünde.«
    »Wenn sie so aussieht, käme ich gar nicht erst auf die Idee, sie zu küssen«, sagte der Gutgekleidete. »Kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen. Aber wer weiß, was ich in diesen Zeiten noch alles anstellen würde.«
    »Ich brauch unbedingt Arbeit«, sagte Hillbilly. »Und eine Gitarre. Meine ist kaputtgegangen.«
    »Du spielst Gitarre?«, fragte der mit den Flicken.
    »Darum brauch ich ja unbedingt eine. Ich singe auch. Ohne Gitarre bin ich nur ein halber Mensch. Und ich hab das Gefühl, die übrig gebliebene Hälfte ist nicht meine Bessere.«
    »Mann, ich spiele auf den Löffeln«, sagte der mit den Flicken.
    »Ich hab ne Maultrommel und ne Mundharmonika«, fügte der Farbige hinzu.
    »Da kann ich auch drauf spielen, wenn nichts anderes da ist«, erwiderte Hillbilly. »Aber am liebsten spiel ich Gitarre.«
    »Ich kann gar nichts spielen«, ließ sich der Gutangezogene vernehmen. »Ich war mal Lehrer. Könnt ihr euch das vorstellen? Und von all den Dingen, die mir jetzt weiterhelfen würden, weiß ich rein gar nichts. Gottverdammte Wirtschaftskrise. Gottverdammter Hoover.«
    »Du hörst einfach zu«, entgegnete der mit den Flicken. »Johnny Ray und ich, wir spielen ziemlich gut zusammen. Wenn ich mit den Löffeln loslege und er mit der Maultrommel oder mit der Mundharmonika dazukommt, dann klingt das gar nicht schlecht. Wär schon prima, wenn du dazu singen würdest. Johnny Ray und ich klingen wie zwei alte quakende Frösche.«
    »Ich kann wirklich singen«, versicherte Hillbilly.
    »Kennst du ›Red River Valley‹?«
    »Fang einfach an, ich steig dann schon ein.«
    Der mit den Flicken holte seine Löffel heraus und legte los. Johnny Ray spielte Mundharmonika, und schon bald stimmte Hillbilly mit ein. Er sang gut, und seine Stimme trug bis weit in den Wald hinein. Sie spielten und sangen bis spät in die Nacht.
     
     

KAPITEL 4
     
     
    Petes Vater und ein Farbiger namens Zack Washington brachten Pete zurück. Sie fuhren zu Petes Haus, oder besser gesagt zu dem, was davon noch übrig war, und fanden ihn so, wie Sunset es ihnen beschrieben hatte. Im ersten Moment hatte Zack im fahlen Mondlicht den Eindruck, dort läge ein Schwarzer, aber als sie näherkamen, flog das Schwarze auf ihm mit wütendem Kreischen auf und davon.
    Petes Hose war heruntergezogen, der Kopf am Boden, der Hintern im Wind. In der Falte seines Hinterns hing ein Brocken Scheiße, der ihm rausgerutscht war, als Sunset ihn erschossen hatte. Das Blut, das sich über sein ganzes Gesicht bis hinunter in den Mund und auf den Boden verteilt hatte, war inzwischen getrocknet. Zack hielt die Laterne nah an Petes Gesicht und fand, dass er ein wenig überrascht aussah, als hätte er in seinem Frühstücksbrei
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