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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked
Autoren: Nick Hornby
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Verhältnis zu ihm gerechtfertigt. Sie war
     monatelang hergekommen und hatte sich darüber ausgelassen, dass Duncan offenbar nicht fähig war, Milch zu holen, obwohl man
     ihn ausdrücklich darum gebeten hatte, und sie hatten in der Asche ihres Innenlebens herumgestochert, um vielleicht doch noch
     einen kleinen Funken von Gefühl darin zu finden. Heute Morgen hatte sie ihm von Einsiedlern, Herzinfarkten, gescheiterten
     Ehen, One-Night-Stands und zahlreichen Versuchen, schwanger zu werden, erzählt, und sie fragte sich, ob er wohl explodieren
     würde bei dem Versuch, so zu tun, als hätte er diese oder eine ähnliche Geschichte schon die ganze Zeit erwartet.
    »Kann ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen? Nur, damit ich sicher bin, dass ich alles richtig verstanden habe?«
    »Natürlich.«
    »Was glaubte dieser Mann wohl, was Sie im Bad machen?«
    »Etwas zur Empfängnisverhütung einsetzen.«
    Malcolm schrieb sich irgendetwas auf – von Annie aus gesehen las es sich wie EMPFVERHÜT EINGESETZT – und unterstrich es emphatisch.
    »Ich verstehe. Und … wann endete seine letzte Beziehung?«
    »Vor ein paar Wochen.«
    »Und diese Frau ist die Mutter seines jüngsten Kindes?«
    »Ja.«
    »Wie heißt sie überhaupt?«
    »Müssen Sie das wirklich wissen?«
    »Ist es Ihnen vielleicht unangenehm, ihren Namen auszusprechen?«
    »Eigentlich nicht. Cat.«
    »Ich das eine Kurzform für irgendwas?«
    »Malcolm!«
    »Tut mir leid. Sie haben recht. Sie haben mir ganz schön viel erzählt. Ich weiß gar nicht, wo ich ansetzen soll. Wo würden
     Sie gerne anfangen? Wie fühlen Sie sich?«
    »Beraubt, hauptsächlich. Aber auch irgendwie belebt. Wie fühlen Sie sich?« Sie wusste, dass sie diese Frage nicht stellen
     sollte, aber ihr war klar, dass Malcolm in den letzten zwanzig Minuten einiges zu verkraften gehabt hatte.
    »Besorgt.«
    »Wirklich?«
    »Es ist nicht meine Aufgabe zu urteilen. Wie Sie wissen. Oder – streichen Sie die letzte Bemerkung. Löschen Sie sie. Und dass
     ich besorgt bin, auch.«
    »Warum?«
    »Weil ich Ihnen eine Frage stellen möchte, und Sie sollten nicht denken, dass ich Sie verurteile.«
    »Ich habe mir nichts vorzuwerfen.«
    »Ich bin nur besorgt über Ihre Rolle beim Scheitern der Beziehung dieses Mannes. Und außerdem setzen Sie ein Kind in die Welt,
     das ohne Vater aufwachsen wird.«
    »Ich dachte, das ›besorgt‹ hätten wir gestrichen?«
    »Oh. Ja. Aber trotzdem, wie empfinden Sie das?«
    »Malcolm, es hat keinen Zweck mehr.«
    »Was habe ich jetzt wieder gesagt?«
    »Ich zerbreche mir wirklich nicht den Kopf über irgendwelche moralischen Implikationen.«
    »Das sehe ich.«
    »Können wir dann bitte über das reden, was ich auf dem Herzen habe?«
    »Wenn es sein muss. Was haben Sie auf dem Herzen?«
    »Ich möchte alles hinschmeißen und nach Amerika auswandern. Lieber heute als morgen. Das Haus verkaufen und weg hier.«
    »Hat er Sie darum gebeten?«
    »Nein.«
    »Na bitte. In dem Fall sollten wir uns lieber überlegen, wie wir retten können, was zu retten ist.«
    »›Retten, was zu retten ist‹?«
    »Ich weiß, Sie halten mich für einen Spießer oder etwas Ähnliches. Aber ich sehe wirklich keine gute Seite an dem Ganzen. Sie sind unglücklich und werden vielleicht als alleinerziehende Mutter enden, und … Na ja, egal. Und
     jetzt denken Sie auch noch an Luftschlösser.«
    »Wo sollen die bitte liegen?«
    »In Amerika. Ich meine, nicht für Amerikaner natürlich. Aber für Sie schon.«
    »Wieso?«
    »Weil Sie hier leben.«
    »Und das wär’s dann. Es gibt also gar keine Chance, dass sich auch irgendwann mal etwas ändert?«
    »Natürlich gibt es die. Darum sind Sie ja hier.«
    »Aber sie ist nicht groß.«
    »Jedenfalls nicht, wenn Sie bedenken, wie sich die Immobilienpreise in letzter Zeit entwickelt haben. Ich weiß ja nicht, was
     Sie für Ihr Haus bezahlt haben, aber in der gegenwärtigen Situation kriegen Sie das bestimmt nicht wieder raus. Selbst mit
     Vermieten sieht es ganz schlecht aus. Eine Freundin von mir versucht gerade, ihr Hausfür den nächsten Sommer zu vermieten. Hatte früher nie Probleme damit, aber jetzt schon.«
    Annie hatte immer Gooleness aus Malcolm sprechen hören, von der ersten Sitzung an, aber nun hörte sie darin die Stimme des
     Landes, in dem sie aufgewachsen war: Sie hörte Lehrer und Eltern, Kollegen, Freunde. So sprach England, und sie konnte es
     einfach nicht mehr hören.
    Sie stand auf, ging zu Malcolm hinüber und gab ihm einen Kuss oben auf
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