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Juliet, Naked

Juliet, Naked

Titel: Juliet, Naked
Autoren: Nick Hornby
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erlebt hätte. Und das macht mir immer noch Sorgen.«
    »Ich hab diesen … über diesen Aspekt der Sache im Internet recherchiert.«
    Tucker lachte.
    »So sieht das Vorspiel aus, wenn man älter wird – die Frau informiert sich über deine gesundheitliche Verfassung, bevor sie
     mit dir schläft. Das gefällt mir. Ist irgendwie sexy. Was hat das Internet dazu gesagt?«
    Annie sah Ros und Jackson auf sie zukommen.
    »Bekommst du Atemnot, wenn du die Treppe raufgehst?«
    »Nein.«
    »Na, dann müsste eigentlich alles okay sein. Solange ich, äh, naja, die Arbeit mache.«
    Ihr Gesicht fühlte sich mittlerweile an, als hätte es die Farbe einer Aubergine, eine Art Schwarzlila. Vielleicht gefiel ihm
     das.
    »So habe ich es sowieso immer gemacht! Das passt ja wunderbar!«
    »Aha. Schön dann. Wir sehen uns später.«
    Und dann ging sie und hielt ihre kleine Willkommensrede vor allem, was in Gooleness Rang und Namen hatte.
    Als sie später zu Hause und betrunken war, verspürte sie eine gewisse prä-koitale Tristesse. Die meisten ihrer Tristessen
     waren prä-koital, dachte sie düster. Mussten sie ja sein, dank der Tatsache, dass der größte Teil ihres Leben sich prä-koital
     abspielte. Aber jetzt empfand sie sie akuter, möglicherweise, weil der Koitus jetzt eine reellere Möglichkeit darstellte.
     Erst bekam sie kalte Füße, ein plötzliches Versagen ihres Selbstbewusstseins: Sie hatte Bilder von Julie Beatty gesehen, und
     Julie Beatty war atemberaubend schön gewesen. Okay, sie war soum die fünfundzwanzig gewesen, als sie mit Tucker zusammen war, aber Annie hatte ihr auch mit fünfundzwanzig nicht das Wasser
     reichen können; Natalie war immer noch schön, und sie war älter als Annie. Sie mussten alle schön gewesen sein, machte sie
     sich klar – die, die sie kannte, und die Heerscharen – Hunderte? – derer, die sie nicht kannte. Und dann versuchte sie sich
     mit dem Gedanken zu trösten, dass Tucker die Latte mittlerweile sehr viel tiefer gelegt haben musste, und das war natürlich
     ganz und gar kein Trost. Sie wollte nicht der letzte Funke seines erlöschenden Sexlebens sein, und eine tief hängende Latte
     schon gar nicht. Während Tucker Jackson ins Bett brachte, machte sie Tee und suchte noch nach irgendetwas anderem Trinkbaren;
     als er nach unten kam, goss sie gerade sehr alten Bananenlikör in ein Whiskyglas und versuchte, nicht zu weinen. Sie hatte
     das mit dem Museum wirklich nicht richtig durchdacht, als sie den Job annahm. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass dadurch
     alles, sogar ein One-Night-Stand, sich anfühlte, als sei es schon vorbei, hinter Glas, ein schmerzliches Relikt einer anderen,
     glücklicheren Zeit.
    »Hör mal«, sagte Tucker, »ich hab nachgedacht«, und Annie war überzeugt, dass er zu dem selben Schluss gekommen war wie sie,
     dass er ihr sagen würde, seine Stange läge zwar nicht mehr auf Olympiahöhe, aber ganz so tief sei sie doch noch nicht gerutscht,
     und dass er in zehn Jahren oder so auf sie zurückkommen würde. »Ich glaube, ich sollte mir das mal selbst ansehen.«
    »Was denn ansehen?«
    »Das im Internet, wo du nachgelesen hast, ob Sex mich umbringt.«
    »Oh, natürlich. Kein Problem.«
    »Nur weil … Wenn ich tot umfalle, hast du doch wahrscheinlich Schuldgefühle.«
    »Ziemlich sicher sogar.«
    »Du würdest dich verantwortlich fühlen. Und wenn schon jemand nach meinem Tod Schuldgefühle hat, möchte ich das sein.«
    »Warum solltest du Schuldgefühle haben?«
    »Ah, du hast keine Kinder, das merkt man. Ich weiß kaum noch, wann ich mal keine Schuldgefühle hatte.«
    Annie ging auf die Website, die sie sich angesehen hatte, und zeigte ihm den Teil »Rekonvaleszenz«.
    »Und ist das vertrauenswürdig?«, sagte Tucker.
    »Das ist vom Gesundheitsministerium. Die tun normalerweise alles, damit Leute nicht ins Krankenhaus kommen, und Krankenhäuser
     bringen dich sowieso um.«
    »Okay. He. Da ist ja ein ganzer Abschnitt über Sex. ›Sexuelle Betätigung‹ stellt kein erhöhtes Risiko für einen weiteren Herzinfarkt
     dar! Wir haben also grünes Licht.«
    »Da steht auch, dass sich die meisten Leute etwa vier Wochen nach einem Herzinfarkt wieder fit genug für Sex fühlen.«
    »Ich bin nicht die meisten Leute. Ich fühle mich jetzt fit genug.«
    »Und dann ist noch das da.«
    Sie deutete auf den Bildschirm, und Tucker las vor.
    »30-prozentige Wahrscheinlichkeit einer erektilen Dysfunktion. Das ist gut.«
    »Warum?
    »Falls nichts läuft, musst du dir
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